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Hamburger, Hollywood & Highways

Titel: Hamburger, Hollywood & Highways Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Oliver Bachmann
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Endlose Straßen führten an endlosen Gemüsefeldern vorbei, die von endlosen Kanälen breit wie der Neckar künstlich bewässert wurden. Ab und zu stand ein Derrick auf freiem Feld, um mit jedem Zug ein paar Barrell Öl aus dem Boden zu holen. Was für ein Reichtum, dachte ich. Über der Erde wächst alles, was man sich denken kann, von der Ananas über Nüsse bis zum Wein. Unter der Erde warteten Öl, Gas, Gold, und jede Menge anderer Bodenschätze auf die Hand des Menschen. Kalifornien wäre, losgelöst von den USA, noch immer die achtgrößte Wirtschaftsmacht der Erde.
    Bei Big Sur stieß ich auf den Highway Number One . Alles was Recht ist, hier lässt es sich aushalten. Das Hinterland lockte mit Bergen und Wäldern, das Meer mit Walen und Seelöwen. Kein Wunder zog es Henry Miller genauso her wie Jack Kerouac, der in Big Sur seinen gleichnamigen Roman verfasste. Auch Clint Eastwood ist nicht weit; im benachbarten Carmel gab er zwei Jahre lang den Bürgermeister. Auch dort fanden es ein paar Schriftsteller durchaus lebenswert. Ernest Hemingway war da, John Steinbeck war da, Jack London war da, und jetzt also auch Daniel Oliver Bachmann. Träumen darf ja erlaubt sein, dachte ich, als ich im Jack London's Bar & Grill einen Jack's Burger zu mir nahm, und mit mir selbst darüber philosophierte, ob man es als Schriftsteller geschafft hat, wenn eine Fleischbulette nach einem benannt wurde.
    Auch in Monterey, ein paar Meilen weiter nördlich, hielt ich an. John Steinbeck nahm die Stadt als Vorbild seines fulminanten Romans „Die Straße der Ölsardinen.“ Doch die Zeit des Fisch- und Walfangs waren vorbei. Heute gingen in Monterey nur noch Touristen in die Netze. Deshalb hielt ich mich nicht lange auf, außerdem hatte ich ja eine Verabredung mit einer alten Liebe. Und die trifft man am besten zur frühen Stunde, wie Arthur Schnitzler in „Spiel im Morgengrauen“ verrät. Ich verbrachte einige unbequeme Stunden auf einem Parkplatz in der Nähe von Sunnyvale, denn richtiges Timing ist beim Rendezvous die halbe Miete. Um 3:30 Uhr fuhr ich weiter, durch die Bay Area, eine endlose Ansammlung von Städten und Städtchen. Endlich ging es über die 13 Kilometer lange Oakland Brücke, und im großen Bogen über Berkeley und Richmond hinüber nach San Rafael. Ein umständliches Gekurve, aber ich hatte meine Gründe: Um 5 Uhr morgens lag die Golden Gate Brücke vor mir. Und zwar so, dass ich über sie hinweg nach San Francisco sehen konnte, während die aufgehende Sonne die Spitzen der Hochhäuser von Downtown wach küsste.
    Ich fuhr hinab nach Fort Baker am Fuß der Brücke. Von hier aus sollte die Stadt während des Zweiten Weltkriegs verteidigt werden, heute dient der Platz den Liebespaaren. Selbst zu dieser frühen Stunden standen einige Autos auf dem Parkplatz. Die Sonne stiegt höher, und tauchte die Brücke in glühend rotes Licht. Diesen Moment einen Orgasmus zu nennen, wäre angesichts der Aktivitäten meiner Nachbarn übertrieben, trotzdem wollte ich mit keinem von ihnen tauschen. Anna Gavalda behauptete zwar, „Ensemble c'est tout“ , zusammen ist man weniger allein, aber was weiß sie schon, schließlich hat sie das Buch ja nicht an der Golden Gate Brücke geschrieben.
    So lassen sich in San Francisco die Tage über die Bühne bringen: Beim billigen Chinesen Unterschlupf finden, und zwar am besten in der Nähe der Columbus Avenue. Das spart zum einen Geld, zum anderen lernt man ganz neue Arten von Kakerlaken kennen. Außerdem teilt die Avenue die beiden Viertel Little Italy und China Town , so dass man nur die Straße überqueren muss, um in eine neue Welt einzutauchen. Obendrein ist der City Light Bookstore nicht weit, eines der besten Buchgeschäfte in den USA. Noch immer unabhängig – was etwas heißen will in den Zeiten der Buchkaufhäuser – hatte der 1953 von den Dichtern Lawrence Ferlinghetti und Peter D. Martin gegründete Laden schon alle Größen der internationalen Literaturszene zu Gast. Jetzt also auch den Bachmann, hätte ich beim Eintreten gerne gesagt, aber den Spaß hatte ich mir ja bereits in Carmel gegönnt. Also ging ich still und bescheiden zur Theke, und orderte wie die Hunderte Leute vor und die Hunderte Leute nach mir ein Ticket für die Lesung von Hanif Kureishi. „Der Buddha aus der Vorstadt“, „Sammy und Rosie tun es“, „Mein wunderbarer Waschsalon“, waren Bücher und Filme, die es mir angetan hatten. Klar, dass ich den Megastar aus Großbritannien sehen und hören

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