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Hamburger, Hollywood & Highways

Titel: Hamburger, Hollywood & Highways Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Oliver Bachmann
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morgen eine weitere Lesung gäbe, die Tickets behielten ihre Gültigkeit. Ich zog meines aus der Tasche und reichte es Moon.
    „Vielleicht kennt ihr jemand, der Lust auf Londoner Schmuddelwettergeschichten hat“, sagte ich. „Ich muss weiter.“
    „Wohin?“, fragte sie und zog einen Schmollmund. Auch Sun sah enttäuscht aus, und selbst Armistead ließ die Zunge hängen.
    „Sacramento“, sagte ich. „Und dann Wyoming.“
    „Was willst du denn dort?“, fragte Sun entsetzt. „Da ist doch nichts.“
    Déjà vu. Das ganze Leben ist ein Déjà vu.
    „Komm lieber mit uns“, sagte Moon. „Wir gehen auf ‘ne heiße Party.“
    Aber so ist das Los des Nomaden. Man muss gehen, wenns am Schönsten ist. Und manchmal, bevor das Schönste passiert. Ich wünschte den Dreien viel Spaß, heute auf der Party, morgen bei Hanif, und alle Tage die da kommen werden in dieser wunderbaren Stadt. Dann kehrte ich in meine Absteige zurück, sagte den Kakerlaken gute Nacht, und konnte natürlich nicht einschlafen, weil eine Stimme in meinem Kopf mich einen verdammten Idioten schimpfte.
    Am Morgen war ich trotzdem früh auf den Beinen, denn ich wollte noch heute die Berge sehen. Sobald die Reifen meines Autos die Oakland Brücke berührten, wusste ich, dass ich auf dem richtigen Gleis war. Dessen Name war Highway Nr. 80, dem ich von nun an, in großen Mäandern, bis an die Ostküste folgen würde. Mit seinen 4.666 Kilometer ist der Highway der Zweitlängste Amerikas. Will man eine ähnliche Entfernung in Europa zurücklegen, muss man von Helsinki nach Istanbul brettern, dort den Wagen wenden, und dann nochmals zurück nach Budapest fahren.
    Hinter der Brücke deckte ich mich im Mama Art Cafe mit einem Dutzend Muffins und genug Kaffee für die nächsten 300 Meilen ein. Ich fühlte mich gut – eben ganz so, wie ich mich immer fühle, wenn ein langer, langer Highway vor mir liegt.
    „Eben drum“, sagte ich. „Darum will ich hin.“
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    1      Ich geh in den Süden
Ich geh in den Süden
Runter nach Mexiko
Da geh ich hin
Dort bin ich frei
    2      Der Wind heult, der Regen prasselt
Nagelt meine Seele ans Kreuz
    3      Die Lügen von Bush und Cheney trieben unsere Nation in den Krieg.

Schnee im Juli
    Eigentlich hatte ich geplant, in Sacramento einen längeren Aufenthalt einzulegen, aber das Wort „eigentlich“ erweist sich auf Reisen als trügerisch. Ich wollte ein wenig dem Mythos Schwarzenegger nachspüren, schließlich ist Sacramento die Hauptstadt Kaliforniens, was mitunter so wenig bekannt ist wie die Sache mit Johann August Sutter. Dem war es 1839 in seiner Schweizer Heimat zu eng geworden, worauf er ins Gelobte Land aufbrach, und das Gebiet rund um Sacramento in Besitz nahm. Er nannte es forsch Neu-Helvetien und sich selbst titulierte er als General Sutter oder Kaiser von Kalifornien. Doch schon nach zwei Jahren war Schluss mit der Herrlichkeit, weil der Mexikanisch-Amerikanische Krieg ausbrach, und, für Sutter noch schlimmer, der Goldrausch. Die Goldsucher überrannten sein Land und scherten sich einen feuchten Nugget um irgendwelche Einwände. So kam es, dass die erste und letzte Schweizer Kolonie auf amerikanischen Boden wieder unterging, und erst ein Österreicher das Land zur neuen Blüte erwecken musste. Als Arnie zu Amt und Würden kam, war Sacramento nämlich ein ähnlich heißes Pflaster wie einst Bonn. Um 21 Uhr wurden die Gehsteige hochgeklappt, und die größte Attraktion war das Eisenbahnmuseum. Dann kam der Governator, und hatte keine Lust auf eine Schnarchzapfenhauptstadt. Also brachte er Schwung in den Laden, und ließ als erste Amtshandlung ein riesiges Partyzelt neben das Capitol stellen. Dorthin lud er Freunde und Feinde der Regierung ein, um das Zigärrchen des Friedens zu schmauchen. Seine Strategie ging tatsächlich auf. Es gelang Schwarzenegger, heillos zerstrittene Politiker an einen Tisch zu bringen, was in einem Staat mit so vielen ethnischen Kulturen wie Kalifornien durchaus Sinn macht. In der zweiten Amtszeit ist die Luft ein wenig raus. Das Zelt wurde eingemottet und Schwarzenegger pendelt per Privatjet zwischen Los Angeles und der wieder müde gewordenen Hauptstadt hin und her. Es ist also an der Zeit, dass ein abenteuerlustiger Schweizer das Ruder übernimmt, denn auch mich hielt es nicht lange in Kaliforniens Hauptstadt. Schließlich lockte Reno, die nach Las Vegas zweitgrößte Zockerkolonie im Westen, und davor ein Örtchen namens Weimar. Da wollte ich anhalten,

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