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Hamburger, Hollywood & Highways

Titel: Hamburger, Hollywood & Highways Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Oliver Bachmann
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unhöflich. Jetzt war ichs. „Sie dürfen nicht“, unterbrach ich. „Sie dürfen mir ein anderes Zimmer geben.“
    „Geht nicht“, war die Antwort.
    Das Gute an Motels ist, dass der Wagen bereits vor der Tür parkt. Man steigt ein und fährt weiter. Das wollte ich tun.
    „Die anderen haben auch keine“, rief mir der Manager hinterher. „Das liegt am Youth Rodeo Festival.“
    Ich zählte meine Optionen zusammen: Im Regenhaus bleiben. Eine weitere Nacht in oder außerhalb des Autos verbringen. Oder in einer der Ghosttowns der Umgebung wie Jarbidge, Jiggs oder Metropolis das Quartier mit den Gespenstern umgekommener Goldschürfer zu teilen. Der Manager grinste, als ich meine Kreditkarte zückte. Dafür erklärte er sich bereit, nach diesem verdammten Ding zu schauen, das irgendwie kaputt gegangen wäre, obwohl das eigentlich nie vorkomme. Und wer sagts denn, zehn Minuten später war der Zimmermonsun vorbei. Ich öffnete Tür und Fenster, denn draußen hatte es noch immer 40° Grad, und ich hoffte auf baldige Trockenheit.
    Also könnte ich ja schlafen gehen. Aber war da nicht von Rodeo die Rede gewesen? Ich selber kann Pferde nicht von Eseln unterscheiden, deshalb stand es außer Frage: Da musste ich hin.
    Weshalb Rodeo im Westen so populär ist, und in Wyoming sogar als offizieller Sport des Staates die Nummernschilder der Autos ziert, ist nicht schwer zu erraten: Rodeo ist eine Cowboy-Sache, und dieser Beruf ist hier noch fast so weit verbreitet wie vor 100 Jahren. Wenn ein Cowboy nach getaner Arbeit genug von Rindern und Pferden hat, geht er zum Rodeo und beschäftigt sich mit Rindern und Pferden. Da gibt es verschiedene Disziplinen wie Bullenreiten oder das möglichst schnelle Einfangen eines Rindes mit dem Lasso.
    Obwohl die Nacht nicht mehr jung war, ging es bei den Wettkämpfen noch voll zur Sache. Ich kam zu einem großen Gehege, in helles Flutlicht getaucht. Dort lehnte ich mich lässig ans Gatter, weil das alle taten, und wünschte mir einen Cowboyhut, den ich in den Nacken schieben könnte, weil das ebenfalls alle taten. Jemand feuerte einen Schuss ab, ein Gatter schwang auf und ein Kalb stürmte heraus. Hintendrein galoppierten zwei lassoschwingende Cowboys, die Schlingen flogen durch die Luft, die Pferde stoben auseinander, und dazwischen baumelte das Kalb, wie durch ein Wunder an Vorder- und Hinterläufen gefesselt.
    „8,6 Sekunden für Vater und Sohn Carroll, das kann sich doch sehen lassen!“, rief eine aufgetakelte Blondine ins Mikrofon, und die Leute klatschten Beifall. Dann knallte es wieder, das Gatter öffnete sich, ein Kalb stürmte heraus, dahinter zwei Cowboys … ich sah mir die Sache eine Stunde lang an, bis mir klar wurde, größere Ereignisse waren hier nicht zu erwarten. Weil der Cowboyhutbesitzer neben mir vom Bullenreiten schwärmte, ging ich mit ihm hinüber zu den Ställen.
    Er sagte, er heiße Ben, ich sagte, ich heiße Daniel, und dass ich fände, er habe einen komischen Akzent, wo er denn herkomme?
    „Na, von hier“, brummte er. „Aus Elko.“
    Damit war das Thema „komische Aussprache“ vom Tisch, und ich freute mich wie ein Schneekönig.
    Das Wort Bullenhitze muss beim Rodeo erfunden worden sein. Im Stall, der sinnigerweise aus Wellblech bestand, herrschten thermometersprengende Temperaturen. Was ein Grund war, warum jede Menge Leute jede Menge Bier trinken mussten. Nun kann man amerikanisches Gebräu hinsichtlich Inhaltstoffen und Alkoholgehalt nicht mit unserem vergleichen, trotzdem war schon genügend die Kehlen hinabgeflossen, denn eine Wand aus Gebrüll schlug mir entgegen. Wir kämpften uns nach vorne – Ben gab den Rat aus, Ellbogen einzusetzen und keine Rücksicht zu nehmen – und dann sah ich meinen ersten Bullenritt des Lebens, live und ungeschminkt. Ich bin ja auch kein Kostverächter, aber wer sich auf ein Tier wagt, welches aus einer Tonne Muskeln und Sehnen besteht und in der Lage ist, in alle vier Himmelsrichtungen zu springen, und zwar gleichzeitig, der verdient den Titel „Großmeister des Wahnsinns.“ In einem engen Gatter hievte sich der nächste Titelanwärter auf den Bullen, das Tor zum Ring flog auf, das Tier rannte hinaus, sprang in die Höhe, drehte sich wie ein Derwisch im Kreis, krümmte sich, bockte, und im selben Moment haute es den Reiter in den Dreck. Er rappelte sich auf und rannte um sein Leben. Das also war Bullenreiten. Ich dachte, härter kann's nicht kommen, aber ich sollte mich täuschen.
    Wir sahen eine Weile zu, und ich muss

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