Hamburger, Hollywood & Highways
Gelehrten. Irgendwann flohen sie nach Südamerika, als die Lage zu brenzlig wurde. In Bolivien soll Sundance Kid nach einem Überfall auf die Kasse eines Bergbauunternehmens von Soldaten getötet worden sein. Unsinn, meinen andere, er kehrte in die Staaten zurück, und lebte dort bis 1936 in Saus und Braus.
„Nix g'naues weiß man nit“, sagt man im Schwarzwald, und das erst schafft den Mythos.
Ich sattelte meine Gummiente, gab ordentlich Sporen, und verließ Sundance mit einem letzten „Born to be wild!“
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1 Drei wunderbare Regeln, die zeigen, dass Moral und Anstand auch dort wichtig sind, wo man Moral und Anstand normalerweise verliert:
Bad 10 Cents. Heißes Wasser 15 Cents. Hilfe dabei: 5 Dollar. Stiefelputzen 5 Cents. Ungeputzte Stiefel sind im Bett nicht erlaubt.
Vom Barkeeper vollzogene Ehen verlieren zum Morgengrauen automatisch ihre Wirksamkeit.
Das Gomorrah der Prärie
Irgendwie brachte mich die Straße nach Rawlins, wohin ich eigentlich gar nicht wollte, aber Zufall oder Schicksal, jetzt war ich hier. Was musste ich über die Stadt wissen? Von Rawlins aus begann der Goldrausch, welcher über die Black Hills kam wie eine biblische Strafe. Von hier fuhren die Züge der Union Pacific Railroad gen Westen, und daran hat sich bis heute nichts geändert. Rawlins und Umgebung ist das Equivalent einer Zeitreise: Orte, die aus kaum mehr als einer Tankstelle, ein paar Wohntrailern, einer Karaokebar, und, natürlich, einem Bahnhof bestehen.
Und aus einem Autofriedhof, der mir sofort ins Auge fiel. Schon sah man mich über rostige Überbleibsel einstiger Träume der Straße klettern. Da, ein Borgward! Hier, ein Packard Willys Four Wheel Drive! Ein VW-Käfer mit Brezelfenster! Und war dieser Schrotthaufen dort drüben nicht der erste Wagen, der bei Henry Ford vom Band gelaufen war? Ich verbrachte ein paar Stunden zwischen den alten Rostlauben, schraubte Nummernschilder ab, und fragte mich erst hinterher, was ich mit den Blechdingern anfangen sollte.
Dann suchte und fand ich ein Motel nahe der Straße. In dieser Ecke des Landes verlief die Interstate 80 auf einem Teil des berühmten Lincoln Highway. Das war die erste durchgehende Verbindung von der Ost- zur Westküste, 1913 erdacht und ausgeführt. Carl Fisher hieß der Visionär, und weil damals wie heute Straßenbau eine teure Angelegenheit war, ging er zu Henry Ford und fragte nach Geld. Lag ja nahe, schließlich sollte der Highway dem Autofahrer dienen. Henry Ford war ein cleverer Mann, dem Amerika die erste industrielle Autofertigung verdankte, ich die Gummiente, und die Welt die Erfindung des Wochenendes. Denn Ford kam auf die glorreiche Idee, dass seine Arbeiter das eigene Produkt nicht kaufen würden, wenn sie es nicht wenigstens zwei freie Tage lang benutzen konnten. So kamen die Fordarbeiter zum freien Wochenende. Andere Industriekapitäne zogen nach, weil, oh Wunder, die Verkaufszahlen von Automobilen in die Höhe schnellten.
Vielleicht steckte hinter Fords „Nein“ zum Lincoln Highway der Gedanke, dass seine Arbeiter zwar fahren sollten, aber bittschön nicht zu weit weg vom Arbeitsplatz. Jedenfalls fand Carl Fisher bei Old Henry nicht die gewünschten Millionen, dafür bei anderen Autofreaks der Epoche. Frank Seiberling, Präsident von Goodyear, und Henry Joy, Präsident der Packard Motor Car Company, öffneten die Portokasse, und rechtzeitig zur Panama-Pacific-Ausstellung 1915 konnte die Fertigstellung des Highways von New York City nach San Francisco gefeiert werden.
Einige der Uraltkarossen, die in ewiger Ruhe auf dem Autofriedhof zu Rawlins gebettet waren, hatten diese Strecke sicherlich das eine oder andere Mal unter die Räder genommen. Wie auch Bruce Tona, der mittlerweile jeden Meter auf der Transkontinentalstrecke kannte, wie er mir in der Cafeteria des Cotton Tree Motels eine Stunde später feierlich mitteilte. Wir saßen am selben Tisch und kauten an Burgern.
„Ich fahr das Ding jeden Monat“, sagte er zwischen zwei Bissen.
„Warum?“, wollte ich wissen.
Zu einer befriedigenden Antwort sah sich Bruce nicht in der Lage.
„Keine Ahnung. Ich setz’ mich einfach in die Karre, fahr los, und wenn ich drüben ankomme, dreh’ ich um, fahr’ zurück. Irgendwie machts Spaß.“
Ein Forrest Gump auf Rädern. In der Verfilmung des Romans von Winston Groom spielt Tom Hanks den herzensguten Forrest, der ohne Grund drei Jahre von Ost nach West und von West nach Ost unterwegs ist.
Ich fragte Bruce, ob er
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