Hamburger, Hollywood & Highways
Sundance, um ein Schwätzchen zu halten, ihre Bräute zu präsentieren – die Viel-PSigen ebenso wie die Zweibeinigen – und ein wenig durch die Gegend zu kutschieren. Alles, was zwei Räder hatte, versammelte sich in der Hauptstraße, die gleichzeitig auch einzig nennenswerte Straße von Sundance war. Gerade, als bei mir vom Röhren der Motoren Freund Tinnitus aufmuckte, traf ich auf Nat. Eigentlich hieß er Nathaniel, aber Nat war kürzer, was zu seiner maulfaulen Art passte. Dabei hatte er einiges zu erzählen, doch musste ich ihm die Würmer aus der Nase ziehen. Nicht einmal mein komischer Akzent war ihm mehr als ein bisschen Gebrummel wert. Dann sprach ich die Sache mit den Sonnentänzen der Sioux an, und auf einmal wurde er gesprächig. Hatte ich mich also doch nicht in ihm getäuscht.
„Vier Tage lang gings rund“, sagte er voller Begeisterung. „Die Sioux, die Shoshonen, die Kiowa, alle hatten ihre eigene Art, die Sonne zu ehren. Gemeinsam war, einen Pfahl mit ‘nem Büffelschädel drauf in die Mitte zu stellen. Drum kamen 12 kleinere Pfähle. In diesem Kreis wurden Kranke geheilt, während Frauen Trommeln schlugen und Männer sangen.“
„Von welchem Stamm bist du?“, fragte ich unvermittelt.
Er sah mich lange an. Dann sagte er: „Ich bin Sioux. Das war unser Land.“
Bis der Geologe Horatio W. Ross im Jahr 1874 Gold entdeckte. Und zwar nicht ein paar Bröckelchen, sondern eine richtig fette Bonanza. Das brachte die amerikanische Regierung in eine Zwickmühle. Sechs Jahre zuvor hatte man den Sioux nach langen Verhandlungen das Land zugesprochen – jetzt wollte man es wieder haben. Uncle Sam bot 6 Millionen Dollar, oder eine jährliche Einnahme von 400000 Dollar. Die Sioux verlangten 600 Millionen Dollar und die Garantie der Regierung, ihre Nachkommen sieben Generationen lang mit Nahrung und Kleidung zu versorgen. Wenn die so drauf sind, sagte man sich daraufhin im State Capitol, nehmen wir uns das Land einfach. Gesagt, getan.
„Das war die damalige Variante von: Entweder ihr seid für uns oder gegen uns“, sagte Nat.
Die Vertreibungen wurden General Custer anvertraut. Der veranstaltete ein paar Massaker, danach war das Problem vom Tisch. Seine Strafe folgte zwei Jahre später, als ihn Sitting Bull und Crazy Horse am Little Big Horn vernichtend schlugen. Doch für die Sioux der Black Hills kam dieser Sieg zu spät. Wer überlebt hatte, endete in Reservaten fern der Heimat. „Was denkst du, wenn du heute durch die Gegend fährst?“, fragte ich Nat.
Er musste nicht lange überlegen. „Dass Geld Freiheit niemals ersetzt. Das haben mittlerweile auch die Weißen kapiert. Mehr gibts nicht zu sagen.“
Ich sah zu, wie er auf sein Motorrad stieg, und mit seinen Kumpels zur Stadt hinausfuhr. Ein paar Nachkommen der Indianer und ein paar Nachkommen der Goldsucher, auf der Suche nach einer Freiheit, die verloren gegangen war.
Born to be wild . Zumindest für ein paar Stunden während des Sonntagsausrittes nach Sundance, Wyoming.
Um beim Thema Freiheit zu bleiben, machte ich mich auf die Suche nach dem Gefängnis des Sundance Kid. Es sollte auch zu finden sein, aber nicht von mir. Mittlerweile schwurbelte mein Kopf vom Krach und Benzingestank, und irgendwie hatte ich das Gefühl, das meine Uhr in Sundance ablief. Jedenfalls war Harry Longabaugh hier eingesessen, und weil sich so ein Name kein Mensch merken kann, nannte man ihn der Einfachheit halber Sundance Kid. Da zog er bereits mit Butch Cassidy und der Hole-in-the-Wall-Gang um die Ecken. Und wusste nichts davon, dass Hollywood ihn und seinen Partner eines Tages lieben würde, weil es keine Beweise gab, ob sie im Laufe ihrer Verbrecherkarriere jemals Menschen umgebracht hatten. In diesem Glanz besungen, verliehen Paul Newman und Robert Redford den beiden im Film Butch Cassidy and the Sundance Kid ihre heroische Aura, die bis heute anhält, zumal Redford auch sein Filmfestival nach Harry benannte, The Sundance Film Festival . Durch ihre Robin-Hood-Art, nur von den Reichen zu stehlen, konnten sie in Zeiten der Not auf Freunde zählen. Das half Butch, als er eines Tages geschnappt wurde. Das Gericht sprach ihn frei, falls er die Gerichtskosten zahlen würde bei gleichzeitigem Schwur, in Wyoming keine Banken mehr auszurauben. Butch sagte, das sei für ihn kein Problem, ging rüber nach Montana, überfiel dort Banken, und bezahlte mit dem Geld seine Gerichtsschulden im Nachbarstaat.
Was aus ihm und Harry geworden ist, darüber streiten sich die
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