Han Solos Abenteuer 01 - Han Solo auf Stars' End
erkannt hatte, daß das Büro leer war.
Jessa machte es sich in dem Kontursessel hinter dem Schreibtisch bequem. Sie grub die Hände in die dicken, luxuriösen Armlehnen des Sessels, bis ihre Finger fast verschwanden. »Er ist nicht hier, Solo. Doc ist weg.«
»Wie interessant! Ich hätte das nie geahnt, nachdem das Büro doch leer ist. Hör zu, Jess, ich hab’ jetzt keine Zeit für Spielchen, auch wenn du noch so gern spielen möchtest. Ich will…«
»Ich weiß, was du willst.« Ihr Gesicht wirkte bitter; das überraschte ihn. »Niemand kommt zu uns, ohne daß wir wissen, was er will. Aber mein Vater ist nicht hier. Er ist verschwunden, und bis jetzt ist es mir nicht gelungen, irgendeinen Hinweis für seinen Aufenthalt zu bekommen. Du kannst mir glauben, daß ich alles versucht habe, Solo.«
Han nahm ihr gegenüber Platz.
Jessa fuhr fort: »Doc ging auf Einkaufsreise – du weißt schon, auf die Suche nach Sachen, für die Bedarf ist, oder irgendeine Spezialbestellung. Er machte drei Besuche und traf an seinem vierten Treffpunkt nicht ein. Einfach so. Er, seine dreiköpfige Mannschaft und eine Sternen-Yacht – einfach verschwunden.«
Han dachte an den alten Mann mit den schwieligen Händen, dem schnellen Grinsen und der weißen Mähne, die seinen Kopf wie ein Heiligenschein umgab. Han hatte ihn gerngehabt, aber wenn Doc nicht mehr da war, konnte man nichts machen. Nur wenige Leute, die unter solchen Umständen verschwanden, tauchten je wieder auf. Berufsrisiko.
Han war stets mit leichtem Gepäck gereist, und die Gefühle waren das erste, was er hinter sich gelassen hatte; schließlich waren Mitleid und Trauer ein viel zu schweres Gepäck, um zwischen den Sternen herumgeschleppt zu werden. Blieb ihm also nur, Lebewohl, Doc! zu sagen und mit Jessa, dem einzigen Kind, das Doc hinterlassen hatte, seine Geschäfte abzuwickeln. Aber als seine kurze Reminiszenz vorüber war, sah er, daß sie die ganze Zeit sein Gesicht beobachtet und damit wohl seine Gedanken nachvollzogen hatte.
»Du hast den Abschied ziemlich schnell hinter dich gebracht, wie, Solo?« fragte sie mit vorwurfsvoller Stimme. »Du läßt nicht gern zu, daß dir etwas unter deine wertvolle Haut geht, wie?«
Das ärgerte ihn. »Wenn ich mich abgemeldet hätte, hätte Doc da zu weinen und zu wehklagen angefangen, Jess? Oder du? Es tut mir leid, aber das Leben geht weiter, und wenn du das vergißt, Süße, dann kannst du dich auch bald abmelden.«
Sie schickte sich an, darauf zu antworten, überlegte es sich dann aber anders und wechselte ihre Taktik. Ihre Stimme wurde scharf wie eine Vibroklinge: »Also gut, kommen wir zum Geschäft. Ich weiß, was du suchst: die Sensoranlage, die Antenne und die Freigabe. Ich kann das alles beschaffen. Wir haben hier eine kompakte Sensoranlage, ein Militärgerät, für Fernaufklärer gebaut. Irgendwie hat die Anlage ihren Weg aus einem Arsenal hierher gefunden – ein glücklicher Zufall, an dem ich etwas mitgewirkt habe. Die Freigabe kann ich auch beschaffen. Bliebe nur« – sie musterte ihn kühl – »die Frage des Preises.«
Han gefiel die Art und Weise, wie sie das sagte, gar nicht. »Das Geld muß stimmen, Jess. Ich habe nur…«
Wieder unterbrach sie ihn: »Wer redet von Geld? Ich weiß genau, wieviel du hast, Freundchen, und woher du es hast, und wieviel du Ploovo gegeben hast. Glaubst du denn nicht, daß wir über kurz oder lang alles erfahren? Du meinst wohl, ich glaube, ein Schwachsinniger, der sich mit Waffenschmuggel abgibt, sei ein reicher Mann?«
Sie lehnte sich zurück und schlang die Finger ineinander.
Han war verwirrt. Er hatte die Absicht gehabt, mit Doc über ein längeres Zahlungsziel zu verhandeln, zweifelte aber daran, daß ihm das mit Jessa auch gelingen würde. Wenn sie wußte, daß er nicht allzuviel bezahlen konnte, weshalb sprach sie dann überhaupt mit ihm? »Wirst du das näher erklären, Jess, oder erwartest du, daß ich jetzt meine berühmte Gedankenleserschau abziehe?«
»Halt die Klappe, Solo, und hör mir zu. Ich will dir einen Handel anbieten. Du triffst dich mit ein paar Leuten und bringst sie dorthin, wo sie hinwollen. Sie werden nichts Unvernünftiges von dir fordern, kein riskantes Ziel. Das solltest du doch schaffen.«
Das machte ihn argwöhnisch, weil er wußte, daß er von ihr keine Großzügigkeit zu erwarten hatte. Aber was blieb ihm schon übrig? Er war auf sie angewiesen, andernfalls hätte er ebensogut an den galaktischen Rand fliegen und in die Müllbranche
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