Hanan 2 - Weltenjäger
Waffe.
»Chimele will das nicht«, sagte ihr Rakhi, und das ließ sie in wütender Unentschlossenheit erstarren.
›Sie verbietet es? Was hat sie vor?‹
Ihr schwindelte. Tränen strömten ihr aus den vom Rauch gereizten Augen, und sie hastete blind den Gang hinunter.
Ein untersetzter Amaut zeichnete sich vor dem raucherfüllten Lichtschein der Luftschleuse ab. Noch nie zuvor hatte Chaikhe eine wirkliche Bedrohung von einem Nicht-Iduve zu spüren bekommen. Aber dieses Wesen strahlte sie aus, eine kalte, widerwärtige M'melakhia drang auf ihre, durch die Krise noch geschärften Sinne ein. Es war ekelhaft. Sie hatte schon früher, im Katasukke, Schwingungen aus dem Bewußtsein von Kallia empfangen; es war eine Gabe, die verdächtig und E-Chanokhia war und die sie beschämt verhehlte. Die Kallia hatten einen reinlichen Wirrwarr von Zwängen und Hemmungen in sich, verkrampft, aber peinlichst geordnet. Dieses Geschöpf dagegen war giftig.
»Gnädige Frau«, sagte es mit einer Verbeugung, »Bnesych Gerlach steht zu Ihren Diensten, gnädige Frau.«
Chaikhe fühlte das Beinahe-Takkhenes des Kindes in ihr. Ihre Lippen zuckten. Ihr Blickfeld war an den Rändern verschwommen, aber Gerlachs verwundbare Gestalt zeichnete sich übernatürlich scharf ab. Sie konnte diesem Vieh so leicht, so befriedigend den Hals brechen. Er würde wissen, was kam: sein Entsetzen wäre wundervoll.
›Nein!‹
schrie Rakhi.
›Chaikhe, nimm dich zusammen! Beherrschung. Ruhe.‹
Ihre M'melakhia richtete sich kurz auf ihren Asuthe, angenehm und befriedigend war er, voll von Blutgeruch.
›Ich bin du‹
, protestierte er entsetzt.
›Das ist nicht vernünftig.‹
Er litt; ihrer beider Arastiethe waren eins, und um am Leben zu bleiben, mußten sie beide nachgeben. Die Situation spottete jeder Vernunft.
›Verlaß mich‹
, flehte sie und war sich bewußt, daß Gerlachs Augen auf ihr ruhten; und Chimeles Befehle ließen ihr keine Macht, diese Schande zu rächen.
Er hatte nicht genug Beherrschung, um sich loszureißen. Ihre vereinigte Arasthiethe ließ ihn ihre Angst empfinden, mit ihr unter der Schande leiden, Schaden für das Kind fürchten, dessen Takkhenois im eigenen Körper fühlen – Dinge, die von der Vernunft her unmöglich waren.
›Ist es das, was die M'metanei meinen, wenn sie von M'melakhia des einen für den anderen sprechen?
‹ fragte sich Rakhi mitten im Chaos seiner eigenen Gedanken.
›Au, ich ertrinke, ich ersticke, Chaikhe, und ich bin zu müde um loszulassen. Wenn er dich berührt, wird mir, glaube ich, schlecht.‹
Gerlach war an ihrer Seite. Im Gang war Feuer ausgebrochen, die Systeme im Kontrollraum waren zu weit zerstört, um es zu verhindern. Sie erstickten fast am Rauch, als das Schiff weiter verfiel. Gerlach packte sie am Arm und zog sie weiter. Der Zusammenbruch der Systeme, mit denen sie geistig in Verbindung stand, lähmte und verwirrte sie.
›Laß los‹
, drängte Rakhi,
›laß los, laß los!‹
Ihr Bewußtsein wandte sich nach innen, auf der Suche nach sich selbst, tot für die Außenwelt. Sie erblickte kurz das Paredre der
Ashanome
; dann vollzog Rakhi dieselbe Wendung nach innen, und die Vision verschwand.
Sie wußte, daß ihre Glieder die Kraft verloren hatten. Sie wußte, daß Gerlachs rauhe breite Hände sie aufhoben, daß sein Atem stockte, als er sie sich über die Schulter legte. Einen Augenblick lang befand sie sich in völliger Zurückgezogenheit; dann rüttelte sie der Schmerz seines letzten, holprigen Schrittes hinaus auf das Flugfeld wieder frei.
›Töte ihn!‹
Rakhis Stimme in ihrem Bewußtsein hallte schaurig als mehrfaches Echo über riesige Entfernungen. Chimeles harte Nägel krallten sich in ihre/seine Schulter, erinnerten sie beide daran, Ruhe zu bewahren. Andere Persönlichkeiten begannen sich in ihrem Bewußtsein zu versammeln: Raxomeqhs kalte Genialität, Achiqh, Najadh, Tahjekh, wie winzige Lichtpunkte in einer ungeheuren Dunkelheit. Aber Chaikhe konzentrierte sich bewußt auf das Monster Gerlach, seine ölige Art, das Groteske seines watschelnden Gangs und seiner keuchenden Atemzüge, und sie lernte kennen, was die M'metanie Haß nannten, eine Disharmonie, die über e-takkhe hinausging, eine Begierde, die Vaikka-Nasul noch übertraf, eine Wollust jenseits aller Vernunft.
›Dhisais, dhisais‹
, erinnerte Rakhi sie. Chimeles unbegreifliche Befehle wurden durch sein Gehör und sein Bewußtsein verzerrt.
›Bleib noch ein klein wenig länger Chaikhe.
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