Hand aufs Glück: Mittsommerherzen (German Edition)
gerechnet, dass ausgerechnet Sabrina hereinplatzen und sie in seinem Zimmer entdecken würde. Doch wie er Johanna kannte, betrachtete sie das höchstens als zusätzliches Bonbon. Johanna hatte ein feines Gespür für zwischenmenschliche Beziehungen. Wie immer nutzte sie auch diese Fähigkeit hauptsächlich, um für sich selbst einen Vorteil zu gewinnen.
Sabrina musste nun also glauben, dass er und Johanna unter einer Decke steckten. Warum sonst war sie einfach so, ohne ein Wort zu sagen, wieder verschwunden? Nein, keine Frage: Sie hielt seine Ex und ihn für Komplizen, wenn nicht gar für ein Liebespaar. Die Vorstellung, was sie jetzt von ihm denken mochte, versetzte Jonas einen schmerzhaften Stich.
Er musste unbedingt mit ihr sprechen, doch er wusste, es würde nichts bringen, gleich zur Firma zu fahren. Sabrina war eine stolze Frau, sie würde ihn nun, da sie glaubte, dass er sie hintergangen hatte, nicht hereinlassen. Aber was sollte er stattdessen tun?
Höchste Zeit, seine Idee von vorhin in die Tat umzusetzen.
Keine Chance.
Erschöpft lehnte Sabrina sich in ihrem Stuhl zurück und schloss für einen Moment die Augen. Nun konnte nicht mehr der geringste Zweifel bestehen, dass
Ahlström Hemslöjdforening
am Ende war. Herr Krämer hatte ihr am Telefon sein Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht, dass es ihm leider nicht möglich war, in ein Unternehmen zu investieren, das vielleicht die nächste Woche nicht erleben würde.
Das bedeutete, dass die Bank einem weiteren Zahlungsaufschub ganz bestimmt nicht zustimmen würde. Somit kam es gewiss zu einer Zwangsversteigerung, falls Sabrina nicht zuvor einen Käufer fand, der ihr ein anständiges Angebot unterbreitete.
Aber woher? Osvald Kron war in der Region ein berüchtigter Mann. Niemand würde es wagen, ihm in die Quere zu kommen. Und er hatte mehr als deutlich gemacht, dass er Sigmunds Firma für sich haben wollte.
Nein, es war zwecklos, sich nach einem weiteren Interessenten umzusehen.
Wahrscheinlich sollte sie einfach Sigmunds Rat befolgen und sich mit den Gegebenheiten abfinden. Eines stand allerdings fest: Wenn sie mit jemandem verhandeln musste, dann ganz bestimmt nicht mit Jonas.
Sein Verrat war für sie das Schlimmste an der ganzen Angelegenheit. Wider besseres Wissen hatte Sabrina ihm ihr Vertrauen geschenkt. Und was hatte es ihr eingebracht?
Sie schüttelte den Kopf. Es hatte keinen Sinn, noch länger darüber nachzugrübeln. Sie öffnete die Schreibtischschublade und zog Johannas Visitenkarte daraus hervor.
Sabrinas Hände zitterten leicht, als sie nach dem Telefonhörer griff und die Nummer wählte. Es dauerte nicht lange, bis jemand das Gespräch annahm, und doch erschien es ihr wie eine Ewigkeit.
„Kommen Sie in einer halben Stunde vorbei, wenn Sie noch immer am Kauf von
Ahlström Hemslöjdforening
interessiert sind“, sagte Sabrina ohne weitere Einleitung. Dann unterbrach sie die Verbindung. Obwohl sie inzwischen wusste, dass Johanna Ingvarsson lediglich als Jonas’ Handlangerin fungierte, war es Sabrina immer noch lieber, sich mit ihr an den Verhandlungstisch zu setzen als mit Jonas. Sein Anblick war mehr, als sie ertragen konnte. Obwohl ein Teil von ihr sich noch immer nach ihm sehnte, wollte sie ihn doch niemals wiedersehen.
Schwer atmend blieb sie noch eine Weile auf ihrem Stuhl sitzen, dann sprang sie auf und trat ans Fenster. Ein letztes Mal ließ sie ihren Blick über die Heimat ihrer Kindheit und Jugend schweifen. Das alles würde schon in ein paar Stunden einem Fremden gehören.
Tränen liefen ihr über die Wangen, als sie begriff, dass sie das alles hier verlieren würde. Wenn die Vorstellung für sie schon so schrecklich war, wie mochte es dann erst Sigmund gehen? Der Gedanke, dass es ohne sie vielleicht niemals so weit gekommen wäre, schmerzte. Hätte Sigmund, anstatt für die Folgen ihrer Dummheit aufzukommen, sein Geld in
Ahlström Hemslöjdforening
investieren können …
Sie schüttelte den Kopf. Nein, sie hatte alles unternommen, was in ihrer Macht stand. Dass es letztlich so weit gekommen war, war allein Jonas’ Schuld. Sabrina zweifelte nicht daran, dass er der Kopf hinter der ganzen Angelegenheit war, während Johanna Ingvarsson für ihn nur die schmutzigen Arbeiten erledigte.
Sabrinas Fehler bestand einzig und allein darin, ihm ihr Vertrauen geschenkt zu haben. Ihr wurde ganz übel bei dem Gedanken, wie sie sich von ihm immer wieder hatte trösten lassen. Ausgerechnet vom Drahtzieher dieses ganzen Schwindels!
Weitere Kostenlose Bücher