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Hand und Ring

Titel: Hand und Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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fürchteten, daß eine nähere Untersuchung die Schuld des Fräuleins bestätigen würde. Sie waren für ihre Rettung zu jedem Opfer bereit, nur zu einer Lüge konnten Sie sich nicht entschließen.
    Sie trauen mir viel Großmut zu, entgegnete der Gefangene kalt. Ich glaubte, man würde annehmen, daß meine Schuld erwiesen sei, nachdem sich herausgestellt, daß ich um die Zeit, als die Mordtat geschehen sein soll, das Haus meiner Tante noch nicht verlassen hatte.
    Das wäre auch der Fall gewesen, entgegnete Gryce, hätten wir nicht neuerdings Grund zu glauben, daß wir uns in der Zeit geirrt haben und der Mord nicht fünf Minuten vor zwölf stattfand, sondern erst nachdem es zwölf geschlagen hatte.
    Wirklich? fragte Mansell mit großer Selbstbeherrschung.
    Gryce nickte ernsthaft. Sie könnten uns leicht über diesen Punkt Gewißheit verschaffen, sagte er nachdrücklich, wenn Sie angeben wollten, was Sie damals im Hause der Frau Klemmens gesehen und gehört haben, als Sie so eilig die Flucht ergriffen.
    Woher wissen Sie, daß ich von dort entfloh?
    Von einem Augenzeugen, den ich nennen konnte. Der Umstand kam vor Gericht nicht zur Sprache, aber man hat Sie von der Tür Ihrer Tante mit einer Hast entfliehen sehen, als hinge Ihr Leben davon ab.

    Außer allen Beweisen, die gegen mich sprechen, ist Ihnen auch dies bekannt, rief Mansell betroffen, und doch sagen Sie, daß Sie mich für unschuldig halten?
    Ja, denn ich glaube, wie gesagt, daß Frau Klemmens erst nach zwölf Uhr ermordet wurde, gerade fünf Minuten nachdem Sie sich so eilig entfernt hatten.Die Aufregung des Gefangenen wuchs zusehends.
    Wie kommen Sie zu dieser neuen Annahme? fragte er.
    Der Detektiv beugte sich vertraulich näher zu ihm hin. Sie wissen zwar, daß Ihr Anwalt tot ist, sagte er, aber nicht, warum Fräulein Dare ihn gestern abend aufgesucht hat. Sie wollte nämlich Herrn Orkutt mitteilen, daß sie bei ihrer ganzen Zeugenaussage von der Voraussetzung ausgegangen sei, daß Sie wirklich das Verbrechen begangen haben, dessen man Sie beschuldigt. Durch eine übel angebrachte List meiner Gehilfen Hickory und Byrd war sie zu der Ansicht gelangt, Sie hätten ihr gegenüber Ihre Schuld zugegeben. Erst nachdem sie gestern vor Gericht sozusagen meineidig geworden war, um Sie zu retten, klärte man sie über ihren Irrtum auf.
    Meineidig? wiederholte Mansell zweifelnd.
    Wie ich sage. Fräulein Dare ist an jenem Morgen weder in dem Hause der Witwe gewesen, noch hat sie die Hand gegen Frau Klemmens erhoben. – Was sie aussagte, war eine Lüge. Auch geht aus den Angaben meiner Gehilfen deutlich hervor, wie fest sie früher überzeugt war, daß Sie, Herr Mansell, der Schuldige waren.
    Als nun Gryce den Auftritt in der Hütte mit allen Einzelheiten beschrieb, hörte ihm der Gefangene zu wie ein Träumender; er schien nicht imstande, den Worten des Detektivs Glauben zu schenken.
    Natürlich mußte Fräulein Dare hiernach einsehen, fuhr der Detektiv fort, daß es Torheit war, bei ihrer Selbstanklage zu beharren. Sie ging zu Orkutt, erklärte ihm ihre ganze Handlungsweise und bat um seinen Rat. Im Laufe der Unterredung enthüllte der Rechtsanwalt dem Fräulein zufällig, daß sein Klient aus unbekannten Gründen von vornherein sie selbst für die Verbrecherin gehalten habe. Nun konnte Fräulein Dare unmöglich länger an Ihrer Unschuld zweifeln. Daraus, daß Sie sich gegenseitig inVerdacht gehabt hatten, geht sonnenklar hervor, daß Sie beide schuldlos sein müssen. – Sind Sie nicht auch dieser Ansicht?
    Ob ich es bin oder nicht, tut wenig zur Sache.
    Von größerem Nutzen würde es freilich sein, wenn sie sagen wollten, weshalb Sie an jenem Morgen so plötzlich die Flucht ergriffen?
    Das sehe ich nicht ein.
    So sind Sie auch wohl nicht begierig, Näheres über den Unfall zu erfahren, der Sie so plötzlich Ihres Verteidigers beraubt hat? fragte Gryce in völlig verändertem Ton.
    Mansell sah ihn gespannt an.
    Herr Orkutt war nicht auf der Stelle tot, fuhr jener fort. Er lebte noch mehrere Stunden, und die Worte, die er sprach, haben dem Verdacht eine ganz neue Richtung gegeben. Fräulein Dare, die seit dem Unfall nicht von seinem Lager gewichen war, fragte ihn, sobald er aus der Bewußtlosigkeit erwachte, zu aller Erstaunen geradezu, wer der Mörder der Frau Klemmens sei.
    Und wußte es Herr Orkutt? stieß Mansell ungläubig hervor.
    Nach seiner Antwort zu urteilen – ja. Sagen Sie mir doch, sind Ihnen nie Zweifel an ihm gekommen – an seiner

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