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Hand und Ring

Titel: Hand und Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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Finsternis rings umher zu verbreiten; Byrd beschleunigte seine Schritte, und als nun die ersten Tropfen fielen, und eine einzige schwarze Wolkenmasse über ihm schwebte, sah er wohl, daß ein heftiges Gewitter loszubrechen drohte. Schon fiel der Regen klatschend hernieder, wie Schrotkörner prasselten die schweren Tropfen durch das Laubdach der Bäume, die Zweige bogensich vor dem einhersausenden Sturm, und mancher starke Ast fiel krachend zu Boden.
    War es klüger umzukehren oder vorwärts zu eilen? – Byrd überlegte nicht lange. Die Entfernung zur Pferdebahn war größer, er wollte daher lieber versuchen, die Hütte im Walde zu erreichen, bevor das Gewitter mit voller Wut hereinbrach. Vom ersten grellen Blitzstrahl erhellt sah er sie vor sich liegen und war im Begriff nach der Türe zu stürzen, als er bei dem nun folgenden furchtbaren Krachen des Donners zurückschrak, wie wenn eine unsichtbare Hand ihn ergriffen hätte. Er empfand eine ihm selbst unerklärliche Scheu, die Hütte zu betreten, und schlich erst vorsichtig um die Ecke nach der kleinen Fensteröffnung hin, um ins Innere zu blicken.
    Sein Vorgefühl hatte ihn nicht getäuscht. In der Hütte saß ein Mann, dessen Gestalt und Haltung auffallend an Craik Mansell erinnerten. Natürlich konnte er es nicht wirklich sein, nur Byrds Einbildungskraft ließ ihn denjenigen sehen, welcher alle seine Gedanken erfüllte, aber die Aehnlichkeit war doch erstaunlich.
    Byrd beugte sich vor, den Fremden genau zu betrachten. Abermals zuckte ein Blitzstrahl herab. Ja, es war Mansell; wer anders konnte so regungslos dasitzen bei diesem entsetzlichen Toben der Elemente. Den Kopf in die Hände gestützt, blieb er unbeweglich wie zu Stein erstarrt; wäre das Dach über ihm zusammengebrochen, er hätte sicher kein Glied gerührt. Auch Byrd vergaß den Sturm, der ihn umtobte, und fragte sich ratlos, was er tun solle bei dieser völlig unerwarteten Begegnung.
    Ehe er jedoch einen Entschluß zu fassen vermochte, folgte eine zweite, noch weit erschütternde Ueberraschung. Es raschelte im Gebüsch, aber das war nicht Regen und Wind; und im nächsten Augenblick sah er eine hohe Gestalt, das Haupt stolz erhoben, wie um der Wut des Sturmes zutrotzen, durch den Wald auf die Hütte zukommen. Byrd bebte zurück vor Bestürzung, er glaubte kaum seinen Augen trauen zu dürfen: es war niemand anders als Imogen Dare.
    Wie in den Boden gewurzelt stand er da, unfähig sich von der Stelle zu rühren. Er wußte, wen sie hier zu suchen kam; der Gedanke, wider seinen Willen Zeuge dieses Stelldicheins zu werden, nahm ihm fast die Besinnung; was würde er hören müssen?
    Jetzt fuhr ein Blitzstrahl herab, der den ganzen Umkreis erhellte und die Nahende wie mit einem feurigen Mantel umgab; deutlich und scharf hoben sich die Umrisse der Gestalt, jede Linie ihres schöngeschnittenen Gesichts von dem dunkeln Hintergrund des Waldes ab, eine blendende Erscheinung, die Byrd sein Leben lang nicht vergaß.
    Ein heftiger Windstoß raubte ihr fast das Gleichgewicht, aber weder Donner noch Sturm noch Todesfurcht konnte dies Mädchen in dem einmal gefaßten Entschluß wankend machen. Jetzt hatte sie die Schwelle der Hütte betreten.
    Zurückschauernd vor dem, was die nächste Minute bringen konnte, und trotz inneren Widerstrebens dennoch mit klopfendem Herzen auf seinem Posten verharrend, lauschte Byrd, an die Hüttenwand gelehnt, auf den Ton ihrer Stimme. Deutlich vernehmbar klangen ihre Worte durch das Grollen des Donners und das Pfeifen des Windes.
    Craik Mansell, sagte sie mit ernstem, fast strengem Ausdruck, du hast mich sprechen wollen, hier bin ich.
    Das war also ihr Gruß. – Byrd atmete erleichtert auf; gespannt horchte er nun auf die Antwort, doch alles blieb still. Der Donner rollte, der Wind heulte unheimlich durch den finstern Wald, aber der Mann in der Hütte schwieg.
    Craik, hörst du nicht?
    Ein unterdrücktes Stöhnen, kein anderer Laut. Sie stand noch immer auf der Schwelle. – In deiner Angst undVerzweiflung hast du nach dieser Unterredung verlangt, fuhr sie fort; auch mich trieb es, dich zu sehen, und wäre es nur, um dir zu sagen, daß ich wollte, der Blitz vom Himmel wäre an jenem Tage auf uns niedergefahren, als wir beisammensaßen, unsere Zukunft besprachen und – –
    Grell leuchtete es auf bei ihren Worten, ein furchtbares Getöse ging durch die Luft und krachend stürzten große Aeste auf das Dach der Hütte nieder. Das Mädchen stieß einen wilden Schrei aus.
    Ich glaubte, die

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