Hand und Ring
Rache des Himmels wolle den Mörder vernichten, stöhnte sie. Es entstand eine Grabesstille. Zwischen uns gibt es keine Gemeinschaft mehr, sagte sie endlich mit der Ruhe der Verzweiflung; die blutige Tat trennt uns auf ewig – auf ewig. Aber doch wünsche ich aufrichtig, dir beizustehen, und frage dich daher: Was kann ich für dich tun? Weshalb hast du mich gerufen?
Diesmal kam eine Antwort.
Sage mir, wie ich den Folgen meiner Tat entfliehen kann, murmelte eine leise, erstickte Stimme.
Sie schwieg eine Weile.
Droht dir Gefahr? fragte sie.
Byrd hatte sich dem Fenster genähert; er sah, wie sie auf die gebückte Gestalt, die noch immer das Gesicht in den Händen verbarg, zuging.
Mein Gewissen läßt mir keine Ruhe, tönte es dumpf.
Es quält dich, daß ein anderer des Verbrechens verdächtig geworden ist, das er nicht begangen hat, flüsterte sie.
Ein tiefes Stöhnen, dann lange, bedrückende Stille, nur von dem ferne verhallenden Donner unterbrochen.
Craik, nahm sie wieder das Wort, und die unvertilgbare Sehnsucht eines liebenden Herzens zitterte zum erstenmal in ihrer Stimme, es gibt kein Entrinnen. Büße deine Tat, indem du sie bekennst! Rette den Unschuldigen vom unverdienten Verdacht und baue auf die Gnade Gottes!
Ich weiß keinen andern Rat, keinen andern Weg zu Ruhe und Frieden. Wüßte ich einen – – sie hielt inne, von Entsetzen überwältigt. Wenn du ein offenes Geständnis ablegst, fuhr sie dann fort, so schwöre ich dir, Craik, ich werde nie heiraten, niemals einem andern angehören – das ist der einzige Lohn, den ich bieten kann, für den Jammer und die Schuld, in die dich unsere beiderseitige wahnsinnige Ehrsucht gestürzt hat.
Sie streckte die Hand aus, als wolle sie zum Abschied das gebeugte Haupt berühren, zog sie aber schaudernd zurück; noch einen letzten Blick, dann eilte sie flüchtig davon und verschwand in dem Dunkel des unheimlich rauschenden Waldes.
Als ihre Schritte verhallt waren, kam Byrd aus seinem Versteck hervor und betrat leise die Hütte. Der einsame Mann saß noch immer in derselben Stellung da, das Gesicht in den Händen verbergend. Beim ersten Geräusch, das der Eintretende machte, stand er jedoch auf und wandte sich um.
Byrd taumelte zurück vor Schrecken über die Entdeckung, die nun folgte: der Mann, welcher ihm mit so ruhiger Sicherheit gegenübertrat, war nicht Craik Mansell.
Siebzehntes Kapitel.
Oho! wir sind also zu zweien. Das dachte ich mir gleich, als ich Sie in Buffalo zu Gesicht bekam!
Dieser Ausruf des Fremden riß Byrd aus seiner grenzenlosen Bestürzung. Er sah sich den Mann genauer an, der in Größe, Gestalt, Haar und Gesichtsfarbe das wahre Ebenbild dessen schien, den er so meisterlich dargestellt hatte. Jener ließ sich die Prüfung gleichmütig gefallen, er lächelte sogar.
Ich sehe, Sie erkennen mich nicht, sagte er.
Byrd fuhr unwillig zurück.
Was – Sie sind der Hans in allen Gassen – Brown!
Zu dienen; auch Frank Hickory genannt.
Bei diesem so unerwarteten Namen errötete Byrd vor Ueberraschung und Entrüstung.
Und Sie, fuhr der andere fort, sind wohl der Herr, der mir bei dieser Klemmensgeschichte behilflich sein sollte? Daran hatte ich gar nicht gedacht, sonst wäre ich Ihnen nicht hinderlich gewesen. Zwar, ich wollte die Sache lieber allein besorgen; – und das habe ich auch getan, wie Sie mir zugeben werden, falls Sie sich schon seit einiger Zeit an diesem Orte befinden.
Der selbstgefällige Hinweis auf einen Auftritt, bei dem dieser Mensch eine so unwürdige, kaum zu rechtfertigende Rolle gespielt hatte, erfüllte Byrd mit einem Widerwillen, den er nicht zu verbergen vermochte. Er warf einen vielsagenden Blick in den Wald hinaus und fragte in scharfem Ton:
Wußten Sie wirklich kein anderes Mittel, um sich von Craik Mansells Schuld zu überzeugen, als diese verächtliche Posse zu spielen? Sie haben sich die Liebe des Mädchens für jenen Mann zunutze gemacht, um sie in die Falle zu locken. Ihr Gewissen wird Ihnen ewig Vorwürfe machen.
Ueber das Gesicht des hartgesottenen Detektivs flog ein leichtes Rot der Scham, wie es Frank Hickorys Wangen wohl nicht eben häufig färbte.
Sie braucht es ja nicht zu erfahren, sagte er unwirsch und stieß mit dem Fuß gegen den Holzblock, auf dem er gesessen. Es war ein schlechter Streich, das gebe ich zu, aber unsereins darf nicht allzu zimperlich sein. Was nützt es auch, noch viel darüber zu klagen? Was geschehen ist, ist geschehen. Jedenfalls wissen wir beide jetzt, wer die Witwe
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