Hand und Ring
absichtlicher Verschlossenheit wenig für ihn zu hoffen sei. Doch ließ er sich noch nicht abschrecken.
Sie sind vermutlich mit Herrn Mansell befreundet? sagte er ruhig.
Er verkehrt viel in meinem Hause, erwiderte jener schnell und kurz.
Byrd verbeugte sich: So werden Sie keinen Zweifel hegen, daß er sein Alibi beweisen kann?
Ich zweifle überhaupt nicht an Herrn Mansell, lautete die schroffe Antwort.
Jetzt hätte sich Byrd füglich zurückziehen können, aber er wollte noch einen Versuch machen. Gedankenvoll das Haupt wiegend, murmelte er halblaut vor sich hin:
Ich dachte, er wäre vielleicht wegen seines Patents nach Washington gereist, ... dann fuhr er zu HerrnGoodman gewendet fort: Hat er nicht eine Maschine erfunden, die er mit Hilfe eines Kapitalisten auszuführen gedenkt?
Ich glaube ja, entgegnete der andere.
Könnte er da nicht nach Neuyork gefahren sein, fragte Byrd in vertraulichem Ton, um über diese Lieblingsidee mit irgend jemand zu beratschlagen? – Wenn ich das nur wüßte, würde ich mit ruhigem Gewissen nach Sibley zurückkehren.
Sein harmloses Aussehen und der freundliche Anteil, der aus seinen Worten sprach, verfehlten ihre Wirkung nicht. Herrn Goodmans Miene wurde etwas gefälliger, er gab zu, daß sein Freund Mansell ihm allerdings mitgeteilt habe, er werde in Sachen seines Patents auf einige Tage verreisen. Das war jedoch alles, was Byrd von ihm erfahren konnte; so verbeugte er sich denn und wandte sich zur Tür.
Erst in diesem Augenblick gewahrte er, daß er während der Unterredung nicht mit dem Fabrikherrn allein im Zimmer gewesen war. In einer Nische hatte ein kleines Mädchen von neun oder zehn Jahren auf dem Fensterbrett gesessen; jetzt glitt die Kleine herab und lief ihm voraus auf den Vorplatz. An der Haustür fand er sie, wo sie ihn schüchtern errötend, doch voll kindlichen Ungestüms erwartete. Er stand still und blickte sie freundlich an. Ich weiß, wo Herr Mansell gewesen ist, rief sie eifrig, gar nicht an dem Ort, von dem Sie sprachen. Auf dem Brief, den er an Papa schrieb am Tage, ehe er zurückkam, stand Monteith als Poststempel. So heißt auch der Mann, der unsere große Wandkarte gemacht hat, daran habe ich mir's gemerkt. Bitte, leiden Sie nicht, daß die Leute etwas Böses von Herrn Mansell sagen; der ist immer so gut!
Mit glühenden Bäckchen und flatternden Locken sprang die Kleine davon, froh, dem lieben Hausfreund, wie sie glaubte, einen Dienst geleistet zu haben.
Byrd aber fühlte einen wahren Stich im Herzen, daß er die Auskunft, nach welcher er so lange und vergeblich geforscht, zuletzt von den unschuldigen Lippen eines Kindes erhalten hatte: Monteith war die nächste Eisenbahnstation nach Sibley.
Fünfzehntes Kapitel.
Da man Valerian Hildreth nach seiner Verhaftung in Sibley allgemein für den Mörder der Frau Klemmens hielt, so konnte Byrd bei seiner Rückkehr die Nachforschungen ungehindert fortsetzen, ohne fürchten zu müssen, anderweitigen Verdacht zu erregen.
Bald hatte er festgestellt, daß an jenem verhängnisvollen Dienstag keine Person, die mit Craik Mansell Aehnlichkeit hatte, auf dem Bahnhof gesehen worden sei. Dies erregte sein Erstaunen, zumal auch seine Erkundigungen auf der Pferdebahn, welche doch seiner Ansicht nach der Täter zur Flucht benutzt haben mußte, gleichfalls ohne Erfolg blieben. Kein Schaffner erinnerte sich, daß in der letzten Woche auf der Endstation ein Mann eingestiegen sei, wie ihn Byrd beschrieb.
Nach dieser ersten Enttäuschung dachte er die Sache von einer andern Seite anzugreifen, sich nach Monteith zu begeben und die Fährte von dort aus zu verfolgen. Zuvor aber wollte er den Wald noch einmal durchstreifen, in welchem der Mörder nach verübter Tat zuerst Zuflucht gesucht haben mußte. Diesmal wählte er nicht wieder den Weg über den Sumpf hinter Frau Klemmens' Haus, sondern begann am entgegengesetzten Ende. Die Pferdebahn brachte ihn bis an den Saum des Waldes, und bald hatte er die Hütte auf der Lichtung erreicht. Jetzt untersuchte er auch den inneren Raum; ein paar Holzblöcke, ein Herd aus Backsteinen, auf dem noch ausgebrannte Kohlen lagen, Bank und Tisch, roh gezimmert, das war alles, was er enthielt. Als Byrd nun in der Lichtung umherspähte, entdeckte er hinter der Hütte einen verborgenen Pfad, der durch das Dickicht führte undzwar in einer entgegengesetzten Richtung von der bisher eingeschlagenen. Bergauf, bergab zog sich der schmale Weg in vielfachen Windungen hin, bis er sich endlich in einer
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