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Hand und Ring

Titel: Hand und Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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– ich werde nicht sterben, bis ich Antwort gegeben habe auf Ihre Fragen, morgen – in der Gerichtssitzung. Sie zuckte krampfhaft zusammen und hielt sich mühsam aufrecht. Er wollte sie stützen, wollte Beistand herbeirufen; sie aber lehnte alle Hilfe ab, sie wünschte nur allein zu sein.
    Lassen Sie mich! sagte sie und blickte wirr im Zimmer umher, als sei ihr plötzlich ihre ganze Umgebung neu und unbekannt geworden, ich brauche Zeit, mich zu sammeln, mein Zeugnis zu überlegen – ich muß allein sein – und Gott wird mir helfen.
    Ich will Ihnen nicht länger zur Last fallen, Fräulein Dare, sagte Ferris mit gepreßter Stimme, doch bitte ich Sie, sich zu beruhigen und – –
    Und morgen mein Zeugnis abzugeben, ohne Zaudern und unnötige Gefühlsäußerungen, unterbrach sie ihn kalt. Ich danke Ihnen und weiß, was Sie sagen wollen. SeienSie ohne Furcht; ich werde Kraft und Fassung bewahren. Da es mir nicht erspart bleiben soll, den furchtbaren Streich zu führen, will ich es mit fester Hand tun.
    Mit der geballten Rechten schlug sie hart gegen die eigene Brust, als ob dort der Streich zuerst treffen solle.
    Bis ins Innerste bewegt verließ der Bezirksanwalt das Gemach. Er war von dem Auftritt mehr erschüttert worden, als er für möglich gehalten hätte.

Zweiunddreißigstes Kapitel.
    War es das klare Frostwetter draußen, was allen Gesichtern im Gerichtssaal einen so heiteren Ausdruck verlieh, oder war frohe Hoffnung in die Gemüter eingezogen? Selbst der Angeklagte schaute weniger düster und verächtlich drein, nun die Möglichkeit einer Freisprechung auf Grund von Orkutts Verteidigung für ihn in Aussicht stand.
    Die beiden Detektivs saßen auf ihrem gewöhnlichen Platz.
    Wo sind Sie nur seit gestern abend gewesen, Hickory? fragte Byrd, ich habe Sie nirgends aufspüren können.
    Auf Posten, lautete die Antwort. Ich sollte einen Vogel im Käfig bewachen, von dem man fürchtete, er werde wild werden, die Stäbe mit den Flügeln zerschlagen und auf und davon fliegen.
    Was reden Sie für Torheiten, ich verstehe Sie nicht.
    Die ganze Nacht bin ich vor Fräulein Dares Fenster auf und ab gewandert; es war kein angenehmes Geschäft. Erst bei Tagesanbruch erlosch ihre Lampe.
    Byrd sah seinen Kollegen mit besorgten Blicken an. Wissen Sie, was Ferris zu tun beabsichtigt? fragte er; haben Sie eine Ahnung, warum das Fräulein den schwarzen Schleier trägt, der sie so dicht verhüllt?
    Nein, aber ich bin begierig, was wir zu hören bekommen.
    Kopfschüttelnd sah Byrd nach Imogen hinüber. Was für ein neues Rätsel lag hier verborgen? Würde sich der undurchdringliche Schleier heben, um es der Welt zu offenbaren?
    Nach Eröffnung der Sitzung war die erste Frage des Richters, ob die Anklage eine Duplik in Bereitschaft habe und Willens sei, die Verteidigung durch Gegenbeweise anzugreifen.
    Ferris stand schon gerüstet da.
    Fräulein Dare, treten Sie gefälligst vor! sagte er.
    Orkutt, der bis zu diesem Augenblick seine Sache schon für so gut wie gewonnen gehalten hatte, sprang heftig erregt auf. Ich erhebe Einspruch, rief er. Die Zeugin hat bereits zu den ausführlichsten Aussagen vor dem Gerichtshof reichlich Gelegenheit gehabt. Der Ankläger hätte das Verhör nicht schließen sollen, bevor er sich überzeugt hatte, daß alle Beweise beigebracht waren.
    Haben Sie etwas Tatsächliches anzuführen, was die Wiedereröffnung des Verhörs verlangt? wandte sich der Vorsitzende an Ferris.
    Ja, erwiederte dieser; nach Schluß der letzten Sitzung habe ich einen Umstand erfahren, den ich verpflichtet bin, zur Kenntnis der Geschworenen zu bringen. Niemand als die von mir aufgerufene Zeugin vermag Aufschluß über diesen Punkt zu geben, deshalb bitte ich, sie nachträglich darüber vernehmen zu dürfen.
    Ist diese neue Tatsache geeignet, die Stellung zu erschüttern, welche die Verteidigung eingenommen hat?
    Sie hat direkt Bezug auf die Frage, ob der Angeklagte imstande gewesen ist, den Zug auf der Station beim Steinbruch zu erreichen, wenn er das Haus der Witwe verließ, nachdem die Mordtat begangen war. Die Fragewürde bejaht werden müssen, wenn das zu leistende Zeugnis auf Wahrheit beruht.
    Die rätselhafte Drohung, welche in diesen Worten lag, war ganz dazu angetan, Orkutt mit Unruhe und Besorgnis zu erfüllen. Barg sich vielleicht hinter Imogens dichtem Schleier eine Erklärung für die Bedeutung derselben? Des Verteidigers Lippen bebten, als er sich jetzt mit spöttischem Lächeln zu Ferris wandte:
    Sie wollen beweisen,

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