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Handbuch für anständige Mädchen

Handbuch für anständige Mädchen

Titel: Handbuch für anständige Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elaine Di Rollo
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Gelegentlich trat er mit verwirrter Miene beiseite und kramte erneut in seiner Kleidung herum, als suche er nach einer Gedächtnishilfe, die ihm verdeutlichte, dass er andernorts gebraucht werde. Folglich stellte Sluce keine große, ja im Grunde keine Hilfe dar, und Mr Blake hatte schließlich nur noch Mr Talbot zur Gesellschaft, während er in der Sammlung schuftete.
    Nach vielen Ausflüchten, und nachdem Mr Talbot es sich wiederholt anders überlegt hatte, welche Gegenstände er auszustellen wünschte, war die Aufgabe vollbracht.
    »Ausgezeichnet«, sagte Mr Talbot. »Die thematische Anordnung ähnelt derjenigen der Weltausstellung. Ja, wenn uns mehr Zeit bliebe, hätten wir eventuell den Wintergarten räumen und unser Treffen dort abhalten können. Wie dem auch sei, vielleicht nächstes Jahr.« Aufgeregt rieb er sich die Hände. »Tja, jetzt gilt es nur noch, den künstlichen Vulkan vorzubereiten – die nötigen Materialien müssten jeden Tag eintreffen. Und Cattermole kehrt am Ende der Woche zurück. Er wird entzückt sein über das, was wir bisher getan haben. Er wird ein paar Ungeheuerlichkeiten aus seiner Arbeit in der Leichenhalle ausstellen. Außerdem plant er einen Vortrag über seine neueste Arbeit und hat gehofft, Alice als seine Gehilfin einzuspannen.«
    »Und ist Alice gefragt worden?«, wagte Mr Blake einzuwenden. »Vielleicht möchte sie nicht als Gehilfin fungieren.«
    »Sie ist meine Tochter. Sie wird tun, was ich sage. Abgesehen davon hat Alice schon immer etwas für Wissen und Gelehrsamkeit übrig gehabt. Es wird sie zweifellos faszinieren, in einem so vielversprechenden Rahmen wie einer Sondersitzung der Gesellschaft zur Verbreitung Nützlichen und Interessanten Wissens etwas über ihr eigenes Schicksal zu erfahren.«
    »Ihr Schicksal?« Mr Blake musste schlucken.
    »Aber ja! Ihr Leiden kann geheilt werden. Da ist sich Cattermole ganz sicher.«
    »Welches Leiden denn? Welche Heilung? Sir, ich bin selbst ein Mann der Medizin und ich kann kein medizinisches Leiden entdecken, das einer Heilung bedürfte. Sie ist ein Gewinn für Sie, für Ihren Haushalt und Ihre Sammlung.«
    »Sie sind sehr freundlich, und in der Tat ist mir Alice bei meiner Arbeit in der Sammlung von größtem Nutzen gewesen, aber mit ihr stimmt so einiges nicht.« Mr Talbot senkte seine Stimme zu einem vertraulicheren Tonfall. »Ihre Schwester ist von ähnlichem Kaliber gewesen. Ich habe ihr zu viel Freiheit gewährt, sodass sie schon bald rettungslos verloren war, aber Alice, ja, Cattermole hat mir versichert, dass Alice noch zu retten ist.«
    »Und können Sie mir verraten, welche ›Heilung‹ Dr. Cattermole vorschlägt?« Mr Blake versuchte, sich seine Beklommenheit nicht anmerken zu lassen. »Ja, sind Sie denn in der Tat ganz sicher, dass Alice ›gerettet‹ werden muss?«
    Mr Talbot funkelte ihn unter den buschigen schwarzen Raupen seiner Brauen hervor an. »Ein Forschergeist, das sehe ich gern an einem Mann.« Er schlug Mr Blake kräftig auf die Schulter. »Sie, Sir, werden sich in Geduld üben müssen. Selbst ich bin nicht in Cattermoles Pläne eingeweiht. Wir müssen abwarten, bis uns die nötige Kenntnis zuteil wird.«
     
    Während Mr Blake mit Mr Talbot in der Sammlung beschäftigt war, erhielt Alice die Aufgabe, den verschiedenen Mitgliedern der Gesellschaft Einladungen zu schicken. Nachdem diese unbedeutende Arbeit erledigt war, schickte ihr Vater sie fort. Anfangs streifte sie durch die Korridore in der Hoffnung, Mr Blake bei der Erfüllung seiner Pflichten zu begegnen. Doch dieses eine Mal hielt Mr Talbot, was er versprochen hatte, und wo auch immer sie Mr Blake antraf, war auch ihr Vater und wies mit Donnerstimme das Verrücken von Artefakten an oder erläuterte Mr Blake die Vorzüge einzelner Stücke. Selbst abends behielt Mr Talbot den Fotografen ganz in seiner Nähe und verfiel darauf, seine Mahlzeiten in seinem Arbeitszimmer, nur in Gesellschaft von Mr Blake, zu sich zu nehmen. Tage verstrichen, und Alice fand keine einzige Gelegenheit zu einem Gespräch unter vier Augen mit dem Fotografen. Allmählich fragte sie sich schon, ob sie einen Besuch in seinen Gemächern riskieren sollte, doch ihr fiel auf, dass Sluce in den Schatten herumschlich. Zweifellos hatte ihr Vater ihn angewiesen, Wache zu halten.
     
    Letztlich war es Mr Blake, der Alice fand. Sie hatte sich in den Wintergarten zurückgezogen, in den Schuppen mit der Dunkelkammer, und beugte sich über die Spirituslampe, wobei sie eine Glasplatte rasch

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