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Handbuch für anständige Mädchen

Handbuch für anständige Mädchen

Titel: Handbuch für anständige Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elaine Di Rollo
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von ihm. Und wie leichtsinnig, dass er seine Mappen voller Fotografien darin verstaut hatte. Warum hatte er sie nicht zusammen mit seiner fotografischen Ausrüstung aufbewahrt, wie er es ursprünglich vorgehabt hatte? In jenen Mappen befanden sich ein paar Porträts, von denen Dr. Cattermole zu glauben schien, dass Mr Talbot sie sich besonders gern ansehen würde, und nun waren sie ihm abhanden gekommen. Und wenn jemand anders den Koffer fand und ihn öffnete? Da das gewaltige Mahl, das Mr Blake verspeist hatte, ihn schläfrig machte, drückte er sich die Handflächen gegen die Augen, um den Bildern von weißem Fleisch und schwarzen Haaren Einhalt zu gebieten, die ihm jedes Mal in den Sinn kamen, wenn er an seine verschwundenen Mappen dachte. Die Porträts waren noch nicht einmal zwei Tage, bevor er seine Wohnung in Whitechapel verlassen hatte, um in den Dienst von Mr Talbot zu treten, entstanden. Und das (und sehr zu Mr Blakes Überraschung) auf Dr. Cattermoles Betreiben hin.
    »Kommen Sie schon, mein Lieber, eine Hand wäscht die andere, nicht wahr?«, hatte der Arzt augenzwinkernd gesagt und seinem Lehrling verschwörerisch den Arm um die Schultern gelegt. Und dann hatte er einen Gegendienst eingefordert, ein Abschiedsgeschenk von einem Mann von Welt an den anderen. Natürlich ein Geheimnis. Schließlich musste der Arzt auf Mrs Cattermole Rücksicht nehmen. Ach, wenn sich seine Frau nur eine Viertelstunde von ihm belichten ließe, hatte Dr. Cattermole gescherzt, während sie durch die stinkenden und lärmerfüllten Seitengassen gingen und eine üppig ausgestattete Prostituierte zurück zu Mr Blakes Wohnung geleiteten.
    Mr Blake hatte seinen Gefährten nervös angeschaut. Mrs Cattermole verlangte, wie er wusste, weitaus mehr als eine Viertelstunde. Ja, sie verlangte allmählich zu viel und, was Mr Blake betraf, konnte sein Dienst bei Mr Talbot nicht früh genug anfangen.
    Der Arzt schlug Mr Blake auf die Schulter und zwinkerte ihm erneut übertrieben zu. »Sie wissen schon, was ich meine«, sagte er nachdrücklich. Mr Blake nahm an, dass es sich um eine rhetorische Frage handelte, und lächelte matt.
    Der Nachmittag war in einem Wirrwarr aus Schock und Überraschung wie im Nu vergangen. Nachdem Mr Blake das letzte halbe Jahr jeden Tag mit dem Arzt zusammengearbeitet hatte, war er davon ausgegangen, ihn gut zu kennen. Ja, er war bei Dr. Cattermole zu Hause gewesen, hatte sein Essen gegessen und seinen Wein getrunken. Außerdem hatte er das letzte halbe Jahr damit verbracht, mit heruntergelassener Bundhose die engste Gefährtin des Arztes an jedem denkbaren Ort im Haus des Arztes zu besteigen.
    »Er hat kein Interesse an mir«, hatte Mrs Cattermole gekeucht. »Er hat an keiner Frau Interesse – es sei denn, sie liegt tot auf seinem Operationstisch.«
    Doch als er durch das unerschrockene Auge der Kamera blickte und ungläubig sah, wie sich die blasse und spindeldürre Gestalt des Arztes begeistert zwischen den Oberschenkeln der Prostituierten hin und her bewegte, wurde Mr Blake klar, dass er nicht die leiseste Ahnung hatte, wer Thomas Cattermole wirklich war.
    Der nackte Arzt hatte es sich nicht nehmen lassen, Mr Blake immer wieder Anweisungen zuzurufen. Einmal hatte er sich, weil er sichergehen wollte, dass die Linse scharf eingestellt war, den feuchten Höhlen der Dame entzogen und war nach vorn gestürzt, wobei seine hüpfende Männlichkeit im Licht des Fensters rosafarben glänzte. Dank einer neumodischen, fotografischen Technik, die Kollodium erforderte, war die Belichtungszeit glücklicherweise jeweils kurz gewesen. Mehr als einmal hatte sich Mr Blake unwillkürlich gefragt, ob Dr. Cattermole oder seine gefügige Assistentin (sie war bemerkenswert biegsam für jemanden von solcher Leibesfülle) es geschafft hätte, derart verschiedene Stellungen so lange aufrecht zu halten, hätte er mithilfe der langsameren Kalotypiemethode fotografiert.
    Während sich Mr Blake anschließend im Wandschrank der Entwicklung widmete, hatte der Arzt noch ein paar Fotografien gemacht, diesmal von der Dame allein: das Unterhemd bis zur Taille hochgezogen auf einer Stuhlkante sitzend, die mit kleinen Dellen übersäten Oberschenkel neckisch-verschämt zusammengepresst, in gleicher Pose, aber nur in Strümpfen. Ein drittes Bild zeigte sie völlig nackt, eine gewaltige kugelförmige Brust in jeder Hand, wie ein Fleischer, der zwei Rindfleischseiten zur Prüfung darbot. Die Frau selbst hatte sich weder beschwert noch Zweifel

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