Handbuch für anständige Mädchen

lassen Sie sie los. Ich habe hier zwischen den Schornsteinen eine Rampe errichtet, um das Abheben der Maschine zu erleichtern. Auf diese Weise wird sich die Maschine sofort in der Luft befinden – womit wir vermeiden, dass das Fahrwerk von dem Geländer am Dachvorsprung abgerissen wird. Sie wird weit über den Park hinaus droben bleiben, aber allmählich sinken.«
    Alice betrachtete die aeronautische Maschine. Der Rumpf war so lang wie eine Badewanne, die Flügel jeweils doppelt so lang.
    »Wie ich sehe, haben Sie Ihr Augenmerk auf die Spannweite der Tragflächen gerichtet, meine Liebe«, rief Mr Bellows über den tosenden Wind hinweg. »Ich kann Ihnen versichern, dass sie zwischen den Schornsteinen hindurchpassen wird. Es sei denn, die Maschine ist nicht genau in der Mitte der Schleuder positioniert. In dem Fall« – er warf die Hände empor – »werden ein Flügel oder beide zertrümmert, und es ist sogar möglich, dass das Fahrwerk weggerissen wird, und die ganze Maschine augenblicklich vom Himmel stürzt und unten im Hof der Stallungen in Stücke zerschellt. Kurzum, Monate – Jahre – an Arbeit wären vergeudet.«
    Alice nickte. »Da ist ein Sitz«, sagte sie. »Wie ich sehe, haben Sie vor, einen Ausflug mit dem Ding zu veranstalten.«
    »Natürlich.« Mr Bellows grinste teuflisch. »Ich habe ein paar Schlitze an den Flügeln angebracht, die ich beim Fliegen öffnen und schließen muss, um zu sehen, ob sie etwas am Vorankommen der Maschine ändern. Ich muss anwesend sein. Wie sonst ließen sich die Prinzipien der Wissenschaft erproben?«
    Alice beäugte Mr Bellows ungläubig. Trotz seines krummen Rückens war er groß – größer als sie oder Mr Blake –, mit langen, spindeldürren Beinen, wie eine Spinne. Sie fragte sich, wie er in die Flugmaschine passen wollte, da der Raum, den er für sich bestimmt hatte, nicht größer als ein Kohleneimer aussah. Doch der Mann musste die Dimensionen wohl ausprobiert haben. Sie griff nach einem Ende des Gummiriemens. »Da drüben?«
    »Wenn ich bitten darf.«
    Während Alice und Mr Blake taten, wie ihnen geheißen war, führte Mr Bellows letzte Einstellungen an dem Aufziehmechanismus durch, der die Maschine in die Luft und über den Park antreiben sollte. Nachdem diese Aufgaben erledigt waren, stülpte er sich einen kupfernen Kochtopf auf den Kopf und befestigte ihn mit einem Schal, den er unter dem Kinn zuband. »Zum Schutz!«, rief er angesichts Mr Blakes Miene. »Man weiß ja nie.«
    »Vielleicht sollte ich diesen historischen Moment fotografisch festhalten?«, sagte Mr Blake.
    Bevor Alice ihn aufhalten oder ihm ihre Hilfe anbieten konnte, war Mr Blake durch die Falltür im Dach verschwunden wie ein Kaninchen im Hut eines Zauberers.
    »Er wird niemals mit der ganzen Ausrüstung klarkommen«, sagte Alice.
    »Machen Sie sich darüber keine Gedanken, meine Liebe. Helfen Sie mir hinein, wäre das möglich?« Mr Bellows machte sich daran, eine Trittleiter an die entsprechende Stelle zu schleppen. »Alles ist, wie es sein sollte. Sie müssen nur noch die Maschinerie aufziehen. Die Kurbel für den Aufziehmechanismus befindet sich unten. Halten Sie diese Leiter fest, meine Liebe, während ich einsteige. Ich bin nicht so behände, wie ich es früher einmal gewesen bin.«
    Mr Bellows balancierte oben auf der Leiter, ein schilfrohrhaftes Bein über das Loch im Rumpf der Flugmaschine gestreckt, in dem er sitzen sollte. Was folgte, schien für Alice in Zeitlupe abzulaufen. Sie sah die Ereignisse vor sich, konnte aber, so schnell sie sich auch bewegte, nicht verhindern, dass sie sich von einem Missgeschick zur Katastrophe entwickelten. Als Mr Bellows sein Bein hochschwang, packte eine jähe Sturmbö die Trittleiter, noch während Alices Hände sich darum schlossen. Die Leiter wurde ihr aus den Fingern gerissen und schwankte zur Seite, sodass Mr Bellows von seiner unsicheren Position, halb in der Flugmaschine und halb außerhalb, gestoßen wurde. Sekunden schienen zu verstreichen, während Mr Bellows sich bemühte, das Gleichgewicht wiederzufinden, wobei er mit den Armen ruderte wie eine Vogelscheuche, die von einer Dreschmaschine erfasst worden war. Dann stürzte er mit einem Schrei zur Seite. Doch sein Fuß schien sich in der geheimnisvollen Ansammlung von Drähten und Hebeln verfangen zu haben, die er im Inneren installiert hatte, sodass er kurz kopfüber am Flügel baumelte, bevor er darüber hinwegrutschte und auf das Dach fiel. Er lag wie ein leerer Anzug ausgestreckt neben