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Handbuch für Detektive - Roman

Handbuch für Detektive - Roman

Titel: Handbuch für Detektive - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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erteilt wurde Punkt Absatz.»
    Emilys Tippkünste waren entschlossen und etwas ungestüm – so warf sie den Wagen am Ende jeder Zeile mit Schmackes zurück, so wie jemand die Seite einer Klavierpartitur umblättert, und bei jedem Satzende vollführten die Finger einen Moment lang ein ungeduldiges Tänzchen hoch über den Tasten. Ihr Körpereinsatz spornte Unwin zu noch größerer Entschlossenheit beim Diktat an.
    «Wie Sie wissen Komma bin ich einzig und allein für die Fälle von Detektiv Travis T Punkt Sivart zuständig Punkt. Natürlich hoffe ich Komma sobald als möglich und zeitnah zu jener Arbeit zurückkehren zu können. Sollte es Ihnen nicht möglich sein Komma auf diese Nachricht zu antworten Komma gehe ich davon aus Komma dass die Angelegenheit hiermit erledigt ist Komma da ich Sie nicht mehr als nötig belästigen möchte Punkt. Selbstverständlich werde ich dafür sorgen Komma dass Sie eine Kopie meines diesbezüglichen Berichts erhalten Punkt.»
    Emily rupfte das Blatt aus ihrer Schreibmaschine, faltete es zu einem Drittel zusammen und steckte es in ein Kuvert. Der Bote schob es in seine Tasche und ging.
    Unwin wischte sich die Stirn mit seinem Hemdsärmel ab. Der Bote würde direkt zu Lamechs Büro im sechsunddreißigsten Stock gehen und Lamechs Leiche entdecken. Dies enthob Unwin der Verpflichtung, selbst über die Tatsache Bericht zu erstatten.
    «Ein Schreiber», sagte Emily nachdenklich. «Das ist die perfekte Tarnung, Sir. Die Kriminellen werden einen gemeinen Schreiber naturgemäß unterschätzen und niemals auf die Idee kommen, dass er ihnen das Handwerk legen könnte. Und Sie haben sich auch äußerlich schon hervorragend auf Ihre Tarnung eingestellt, wenn ich das so sagen darf. Da sich die Täuschung innerhalb der Agentur ebenso durchsetzen muss wie außerhalb, nehme ich an, dass dies eine innere Angelegenheit ist. Kein Wunder, dass Sie derjenige sind, den man zum Ersatz für Detektiv Sivart ernannt hat.»
    Emily erhob sich von ihrem Stuhl und deutete auf den hinteren Teil des Zimmers. Ihre Nervosität war wie weggeblasen: Die virtuose Darbietung an der Schreibmaschine hatte ihr Selbstbewusstsein vollständig wiederhergestellt. «Sir», sagte sie, «erlauben Sie mir, Ihnen Ihr privates Büro zu zeigen.»
    Hinter dem Schreibtisch befand sich eine Tür, die in der gleichen Schmuddelfarbe gestrichen war wie die Wand, weshalb sie Unwin gar nicht aufgefallen war. Emily ging ihm in ein Zimmer voraus, das in grünliche Düsterkeit getaucht war. Durch den dunklen Teppich und die noch dunklere Tapete entstand der Eindruck einer kleinen Lichtung inmitten eines dichten Gehölzes, auch wenn es nach Zigarrenrauch roch.
    Aus dem einzigen Fenster hatte man einen wesentlich besseren Ausblick als vom vierzehnten Stock aus. Unwin konnte die Dächer der dicht an dicht stehenden Häuser deralten Hafenstadt und dahinter die große graue Wasserfläche der Bucht ausmachen, wo sich der Rauch aus den Schiffsschloten mit Regendunst vermischte. Das also war die Aussicht, zu der Sivart gelegentlich aufgeblickt hatte, während er seine Notizen zu einem Fall zu Papier brachte. Dort unten, in der Nähe des Wassers, konnte Unwin gerade noch die in Trümmern liegenden Überreste des Wanderzirkus Caligari erkennen, der Enoch Hoffmann jahrelang als Hauptquartier gedient hatte. Seltsam, dachte Unwin, dass der Blick des Detektivs ausgerechnet auf die Höhle seines Widersachers fiel, wenn er gemütlich auf seinem Stuhl saß.
    Doch man hatte von Hoffmann schon lange nichts mehr gehört – zumindest nicht in den acht Jahren seit dem «Mann, der den zwölften November stahl» –, und der Zirkus war längst geschlossen. Konnte es wirklich sein, dass auch Sivart weg war? Unwin erinnerte sich, in einigen der Berichte des Detektivs Andeutungen entdeckt zu haben, dass er plante, sich zur Ruhe zu setzen. Unwin hatte sie natürlich sorgfältig gelöscht – denn sie gehörten nicht nur nicht zur Sache, sondern waren stets düsterer Natur gewesen, denn Sivart hegte derlei Gedanken immer nur dann, wenn ihn eine Flaute zwischen seinen Fällen in mürrische Laune versetzte. Nach dem zwölften November hatte er diese Andeutungen häufiger entdeckt, und Unwin vermutete, er war der Einzige, der wusste, was jener Fall Sivart abverlangt hatte.
Ich hab mich getäuscht, was sie angeht
, hatte er geschrieben, und damit Cleopatra Greenwood gemeint. Und das stimmte – er hatte sich wirklich getäuscht.
    Zu Sivarts Plänen gehörte ein Häuschen

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