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Handbuch für Detektive - Roman

Handbuch für Detektive - Roman

Titel: Handbuch für Detektive - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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räusperte sich Unwin und fragte: «Wo ist Cleopatra Greenwood?»
    Zlatari blickte sich rasch um, als wolle er sichergehen, dass niemand zuhörte, obwohl die Schenke menschenleer war. «Zum Teufel!», sagte er. «In drei Teufels Namen! Willst du mich unter die Erde bringen, Detektiv? Willst du, dass ich Scheiße fresse? Was wird hier gespielt, Charles?»
    Josiah flüsterte Jasper etwas ins Ohr, und der sagte: «Diese Fragen sind außer der Reihe, Zlatari. Du brichst deine eigenen Regeln.»
    «Und ich werd noch mehr brechen», sagte Zlatari. Er wedelte mit den Händen in Richtung Unwin. «Auf, lass mich durch!»
    Unwin sprang auf, und Zlatari drückte sich an ihm vorbei, wobei er Chips vom Tisch auf den Boden fegte. «Duwirst deine Antworten von ihnen kriegen», sagte er, «aber ich will sie gar nicht hören. Ich hab genug Gräber zu schaufeln, ohne dass ich mein eigenes schaufeln muss.» Brummend und murrend setzte er sich an den Tisch, der am weitesten weg war, direkt an der Tür, und zwirbelte seinen Schnurrbart zwischen Daumen und Zeigefinger.
    Die Rooks saßen immer noch da. Unwin nahm wieder Platz und versuchte, ihnen nicht direkt in jene grünen, nicht blinzelnden Augen zu sehen. Wieder wurde ihm die seltsame Hitze bewusst, die von den beiden Männern ausging, trocken und erstickend. Sie waberte in Wellen über den Tisch; sein Gesicht fühlte sich wie Papier an, das jeden Moment entfacht würde.
    Jasper zog eine Karte aus seiner Jackentasche. Josiah reichte ihm einen Füllfederhalter, Jasper schrieb etwas auf die Karte und schob sie über den Tisch.
    Der schwefelige Geruch von Zündhölzern kitzelte Unwin in der Nase, als er las, was Jasper geschrieben hatte:
Gilbert, Zimmer 202.
    Er musste nicht hinschauen, um zu wissen, dass es dieselbe Adresse war wie die auf dem Zettel, der in seiner Tasche steckte. Unwin war Cleo Greenwood also bereits begegnet. Sie nannte sich Vera Truesdale und hatte ihm eine Geschichte über Rosen in ihrem Hotelzimmer erzählt.
    Er steckte die Karte in die Tasche und stand auf. Er hatte nur eine einzige Frage gestellt, und die Rooks hatten sie beantwortet – stand ihm nicht eine zweite zu, nachdem sie auch zu zweit am Tisch saßen? Es kamen ihm viele Fragen in den Sinn: nach der Identität der Leiche im Stadtmuseum, nach der Bedeutung von Cleopatra Greenwoods Besuch in der Agentur an diesem Morgen oder ob eins von beiden bedeutete, dass Enoch Hoffmann dabei war, sich aus seinemVersteck hervorzuwagen. Doch die Rooks schauten ihn auf eine Weise an, als sei die Angelegenheit für sie erledigt, und so stand er auf und griff nach seinen Sachen.
    An der Tür packte ihn Zlatari am Arm und sagte: «Der Preis für manche Fragen ist die Antwort, Detektiv.» Er schaute zu den Rooks zurück, und Unwin folgte seinem Blick. Sie hätten ebenso gut zwei Statuen sein können, das Original und die Kopie, obwohl niemand hätte sagen können, welcher welches war.
    «Ich vermute, du hast Cleo Greenwood bereits gesehen, seit sie wieder in der Stadt ist», sagte Zlatari. «Hast sie in irgendeinem Etablissement singen hören, das ein bisschen edler ist als das hier. Vielleicht hat sie dir quer durch die Kneipe Blicke zugeworfen. Die Zeit ist stehen geblieben, als du ihre Stimme hörtest. Du würdest alles für sie tun, alles, worum sie dich bittet, wenn sie bloß bitten würde. Hab ich recht? Oder vielleicht hast du dir das alles nur eingebildet. Versuch dich davon zu überzeugen, dass du dir das alles nur eingebildet hast, Detektiv. Versuch zu vergessen.»
    «Warum?»
    «Weil du dich immer in ihr täuschen wirst.»
    Unwin setzte seinen Hut auf. Er hätte es gerne vergessen, all das, was geschehen war, seit er an diesem Morgen aufgewacht war, sogar jenen Traum von Sivart. Vielleicht würde ihm Edwin Moore ja eines Tages beibringen, wie man das machte. Bis dahin jedoch musste er weitermachen.
    Er ging zur Tür und hüpfte auf dem Weg nach oben über die Pfütze. Der rote Dampflaster der Rooks war an der Straße geparkt – es überraschte ihn, dass er ihn vorher nicht bemerkt hatte. Er war genau so, wie die Putzfrau im Stadtmuseum ihn vor all diesen Jahren beschrieben hatte: rot und geduckt und irgendwie brutal. War Unwin in seine Aktengefallen, oder hatten sich seine Akten in sein Leben geschlichen?
    Er lief eilig zu seinem Fahrrad, weil er so weit vom
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weg sein wollte wie möglich, wenn die Rook-Brüder erst begriffen hatten, wie gut er das Pokerface beherrschte. Denn wenn sie sein letztes

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