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Handbuch für Detektive - Roman

Handbuch für Detektive - Roman

Titel: Handbuch für Detektive - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Blatt umdrehten, würden sie verschiedene Zahlenkarten entdecken, die keinerlei Kombination ergaben, und vier verschiedene Farben.

Zuerst werden sie sich als Opfer ausgeben, als Verbündete oder als Augenzeugen. Dabei sollte nichts den Detektiv misstrauischer machen als der Hilferuf, das Hilfsangebot oder der hilflose Zaungast. Erst wenn sich jemand verdächtig gemacht hat, sollten Sie die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass er unschuldig ist.
     
    Ein leerer Hut und ein Regenmantel trieben mitten auf dem Bild in Unwins Kopf. Neben ihnen war ein Kleid, das mit Rauch gefüllt war. Ein paar schwarze Vögel mit schwarzen Hüten flatterten darüber hinweg, während darunter zwei Leichen lagen, eine auf einem Bürostuhl, eine andere hinter Glas. Das Bild war ein Märchen, geschrieben von einem vergesslichen alten Mann mit weißem Haar, und es drehte und drehte sich wie eine Schallplatte auf dem Teller eines Grammophons.
    Der Regen war wieder heftig geworden, und Unwin strampelte gegen den Wind an. Es waren unbekannte Straßen, durch die er fuhr, und unbekannte Gesichter, die ihn mit scheinbarer Feindseligkeit unter tropfenden Hüten hervor anstarrten. Ein kleiner weißer Hund mit aprikosenfarbenen Flecken schoss aus einer Gasse heraus und bellte den Reifen seines Hinterrads an. Auch das lauteste Klingeln mitseiner Fahrradglocke konnte ihn nicht verscheuchen. Wenn es so sehr regnete, waren diese Straßenhunde immer unterwegs und streiften ziellos in der Stadt umher, weil die Gerüche, an denen sie sich sonst orientierten, in die Gullys gespült wurden. In diesem Moment fühlte sich auch Unwin wie einer dieser Hunde. Schließlich ließ sein gefleckter Verfolger von ihm ab, um an einem Müllhaufen in einer Ecke zu schnüffeln, doch kaum war er weg, stellte Unwin fest, dass er ihn vermisste.
    Seine Schirmtechnik funktionierte am besten auf kurzer Distanz und bei vertretbar hoher Geschwindigkeit. Mittlerweile war er vollkommen durchnässt. Die Hemdmanschetten hingen traurig von seinen Handgelenken, und die Krawatte klebte durch das Hemd hindurch an seiner Brust. Wenn sie ihn so gesehen hätte, würde Cleopatra Greenwood nur lachen und ihn seines Weges schicken. Dass sie etwas wusste, davon konnte er ausgehen – sie wusste immer etwas, wusste stets «Bescheid». Aber was genau war das? Warum war sie ausgerechnet jetzt in die Stadt zurückgekehrt?
    Trotz all seiner Bemühungen um Einheitlichkeit der Berichte wusste Unwin, dass eine sorgfältige Prüfung der Agentur-Akten vielleicht ein Dutzend verschiedener Versionen Cleopatra Greenwoods zu Tage gefördert hätte, eine jede ein wenig verschieden von der anderen. Eine von ihnen hatte im Alter von siebzehn Jahren auf ihre Ansprüche als Erbin des Textilvermögens ihrer Familie verzichtet und war weggelaufen, um sich Caligaris Zirkus anzuschließen. Der Zirkus, der damals bereits im Herbst seines unangepassten Lebens stand und ein Sammelbecken schräger Schönheiten und geschundener Pracht war, hatte aus dem Mädchen eine Art Königin gemacht. Mithilfe eines alten Kartenspiels lassie aus der Zukunft und ließ es zu, dass ein Mann mit henkelförmigem Schnurrbart Dolche nach ihr warf.
    Während einer Vorstellung hatte ihr eines der Messer das linke Bein direkt über dem Knie aufgeschlitzt. Sie hatte den Dolch herausgezogen und behalten. Durch die Verletzung behielt sie ein leichtes Hinken zurück, und die Stichwaffe war in vielen Berichten Sivarts wiederaufgetaucht. Auch als sie ihn in jener Nacht draußen auf der Bucht im Frachtraum der
Wonderly
gefunden hatte, lag der Dolch in ihrer Hand.
    Ich hatte gerade versucht, mich an etwas zu erinnern, was ich über Entfesselungskünstler gelesen hatte
, schrieb Sivart.
Es fällt leichter, wenn man die Willenskraft hat, sich bestimmte Gelenke selbst auszukugeln, aber das gehört nicht zu meiner Arbeitsplatzbeschreibung. Als Entfesselungskünstler war ich ebenso nützlich wie ein Springteufel in einer zugeklebten Schachtel. Folglich freute es mich, sie zu sehen, obwohl ich nicht wusste, was sie dort machte.
    «Ich werde Ihnen dabei helfen, das zu kriegen, was Sie sich hier holen wollten», sagte sie. «Und dann schaffen Sie mich hier raus.»
    Sie steckte also auch in Schwierigkeiten. Das tat sie immer. Ich hätte ihr gern gesagt, sie habe etwas Besseres verdient als den alten Däumchendreher dort, aber ich brauchte sie einfach, damit sie diese Schnüre durchschnitt, weshalb ich gute Miene zum bösen Spiel machte und es für mich

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