Handyman Jack 01 - Die Gruft
eine Angewohnheit von Vicky. Mitten in der Nacht, wenn sie tief und fest schlafen sollte, wartete sie, bis ihre Mutter hereinkam und sich über sie beugte, um ihr einen Gutenachtkuss zu geben. Im letzten Moment öffnete sie dann die Augen und sagte »Hi«. Das war manchmal unheimlich.
»Ja, Liebling?«
»Ich habe gehört, wie du unten gesprochen hast. Ist Jack hier?«
Gia zögerte, sah aber keine Möglichkeit, das zu leugnen.
»Ja. Aber ich will, dass du liegen bleibst und weiter…«
Zu spät. Vicky war bereits aus dem Bett und auf halbem Weg ins Treppenhaus.
»Jack! Jack! Jack!«
Er hatte sie bereits in die Arme genommen und Vicky hatte ihre Arme um seinen Hals geschlungen, als Gia ins Treppenhaus kam.
»Hallo Vicks.«
»Oh Jack, ich bin ja so froh, dass du da bist. Ich habe vorher solche Angst gehabt.«
»Das habe ich gehört. Deine Mommy sagt, du hast schlecht geträumt.«
Als Vicky ihm von Mr. Traubenklaus bösen Plänen gegen Mrs. Jelliroll erzählte, war Gia wieder erstaunt, wie gut sich die beiden verstanden. Sie waren wie alte Freunde. Wenn Jack doch ein anderer Mensch wäre. Vicky brauchte wirklich einen Vater, aber nicht einen, der zur Ausübung seines Berufs auf Messer und Pistolen zurückgriff.
Er streckte die Hand aus, um die Puppe entgegenzunehmen. Mr. Traubenklau bestand aus Plastik, ein magerer, drahtiger Kerl mit langen Armen und Beinen. Bis auf das Gesicht und einen schwarzen Zylinder war er vollkommen purpurn. Jack studierte die Puppe.
»Er sieht tatsächlich so aus wie Snidely Whiplash. Wenn man ihm eine Krähe auf die Schulter setzt, kann er auch als Will Eisners Mr. Carrion durchgehen.« Er hielt Vicky die Puppe entgegen. »Als du da draußen jemanden gesehen hast, sah der so aus?«
Vicky nickte. »Ja. Aber hatte seinen Hut nicht auf.«
»Was hatte er denn an?«
»Das konnte ich nicht sehen. Ich habe nur seine Augen gesehen. Die waren gelb.«
Jack fuhr heftig zusammen und hätte Vicky beinahe fallen lassen. Gia streckte instinktiv eine Hand aus, um ihre Tochter notfalls aufzufangen.
»Jack, was ist los?«
Er lächelte – aber ein ziemlich dünnes Lächeln, wie sie fand.
»Nichts. Nur ein Krampf im Arm. Kommt wohl vom Tennis. Ist jetzt aber wieder weg.« Er sah Vicky an. »Diese Augen. Das war wohl eine Katze, die du da gesehen hast. Mr. Traubenklau hat doch gar keine gelben Augen.«
Vicky nickte heftig. »Doch, heute Nacht schon. Und der andere auch.«
Gia beobachtete Jack und hätte schwören können, dass er plötzlich blass wurde. Es beunruhigte sie, denn so etwas hätte sie bei ihm nie erwartet.
»Der andere?«
Vicky nickte: »Mr. Traubenklau hat sich wohl noch einen Gehilfen mitgebracht.«
Jack schwieg einen Moment, dann schaukelte er Vicky in seinem Armen und trug sie in ihr Schafzimmer zurück.
»Schlafenszeit, Vicks. Wir sehen uns morgen früh wieder!«
Vicky protestierte halbherzig, als er das Zimmer verließ, dann rollte sie sich auf die Seite und lag still, sobald Gia sie zugedeckt hatte. Jack war nirgends zu sehen, als Gia ins Treppenhaus zurückkam. Sie fand ihn unten in der mit Walnussholz vertäfelten Bibliothek. Er hantierte mit einem winzigen Schraubenzieher an der Alarmanlage herum.
»Was tust du da?«
»Ich schließe die oberen Stockwerke wieder an. Das hätte schon passieren sollen, nachdem Grace verschwunden ist. So! Jetzt kommt hier keiner rein oder raus, ohne einen Höllenlärm zu verursachen.«
Gia konnte spüren, dass er ihr etwas verschwieg, und das beunruhigte sie. »Was weißt du wirklich?«
»Nichts.« Er widmete seine Aufmerksamkeit weiterhin dem Innenleben der Alarmanlage. »Jedenfalls nichts, dass irgendeinen Sinn ergibt.«
Das war nicht das, was Gia hören wollte. Sie wollte, dass jemand – irgendjemand – ihr erklärte, was hier in der letzten Woche passiert war. Irgendetwas an Vickys Erzählung hatte Jack alarmiert. Sie wollte wissen, was das war.
»Vielleicht ergibt es für mich einen Sinn.«
»Das bezweifle ich.«
Gia wurde wütend. »Das kannst du ruhig mich beurteilen lassen! Vicky und ich sind jetzt fast die ganze Woche hier gewesen und wir werden wohl noch ein paar Tage hierbleiben müssen, für den Fall, dass Nellie sich meldet. Wenn du etwas weißt über das, was hier passiert ist, dann will ich es erfahren.«
Jetzt sah Jack sie zum ersten Mal an, seit sie in den Raum gekommen war.
»Na gut. In den letzten zwei Nächten hatte ich einen fauligen Geruch vor meiner Wohnung, der dann wieder verschwunden ist. Und
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