Handyman Jack 01 - Die Gruft
letzte Nacht waren da zwei gelbe Augenpaare, die durch das Fenster meines Fernsehzimmers hineinsahen.«
»Jack, du wohnst im zweiten Stock!«
»Sie waren aber da!«
Gia spürte, wie sich etwas in ihr verknotete. Sie begann zu zittern und setzte sich auf das Sofa.
»Gott! Davon kriege ich eine Gänsehaut!«
»Es müssen Katzen gewesen sein.«
Gia sah ihn an und wusste, dass er das nicht glaubte. Sie zog sich den Morgenmantel enger um die Schultern. Jetzt wünschte sie, sie hätte nicht gefragt, was er dachte, und vor allem, dass er ihr das nicht gesagt hätte.
»Ja«, sagte sie und spielte mit. »Katzen. Das muss es wohl gewesen sein.«
Jack streckte sich und gähnte, während er sich von der Alarmanlage abwandte. »Es ist spät und ich bin müde. Ist es in Ordnung, wenn ich heute Nacht hierbleibe?«
Gia kämpfte mit sich, um die plötzliche Erleichterung, die sie empfand, nicht zu deutlich zu zeigen.
»Das dürfte kein Problem sein.«
»Gut.« Er machte es sich in Nellies Sessel bequem und stellte die Lehne so weit wie möglich nach hinten. »Ich bleibe hier unten, während du nach oben zu Vicky gehst.«
Er schaltete die Leselampe neben dem Sessel an und griff nach einer der Zeitschriften auf dem Stapel neben der Schale mit den Black-Magic-Pralinen. Gia verspürte einen Klumpen im Hals bei dem Gedanken an Nellies kindliche Freude, als sie die Schokolade bekommen hatte.
»Brauchst du eine Decke?«
»Nein, mir geht es gut. Ich werde nur noch ein bisschen lesen. Gute Nacht.«
Gia stand auf und wandte sich zur Tür.
»Gute Nacht.« Sie schaltete das Hauptlicht aus und ließ Jack in einem erleuchteten Areal in der Mitte des dunklen Zimmers zurück. Sie hastete nach oben zu Vicky ins Bett und schmiegte sich an sie. Sie versuchte zu schlafen, aber trotz der Stille und des Wissens, dass Jack Wache hielt, konnte sie nicht einschlafen.
Jack … Er war gekommen, als sie ihn brauchte, und hatte ganz allein das geschafft, was der ganzen New Yorker Polizei nicht gelungen war: Er hatte dafür gesorgt, dass sie sich heute Abend sicher fühlte. Ohne ihn hätte sie die verbleibenden Stunden bis zum Morgengrauen in zitternder Furcht verbracht. Sie wollte bei ihm sein. Sie kämpfte dagegen an, aber es war eine verlorene Schlacht. Vicky atmete leise und gleichmäßig neben ihr. Sie war sicher. Sie alle waren sicher, jetzt, wo die Alarmanlage wieder funktionierte – kein Fenster und keine Außentür konnten geöffnet werden, ohne dass der Alarm losging.
Gia schlüpfte aus dem Bett und schlich sich nach unten. Sie nahm eine dünne Sommerdecke mit. Vor der Tür zur Bibliothek zögerte sie. Was, wenn er sie zurückwies? Sie hatte sich ihm gegenüber so abweisend verhalten … Was, wenn …?
Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.
Sie trat ein und bemerkte, dass Jack sie ansah. Er musste gehört haben, wie sie die Treppe herunterkam.
»Bist du sicher, dass du keine Decke brauchst?«
Sein Gesichtsausdruck war ernst: »Ich könnte jemanden brauchen, der sie sich mit mir teilt.«
Mit trockenem Mund ging Gia zu dem Sessel und streckte sich neben Jack aus, der die Decke über ihnen beiden ausbreitete. Keiner von ihnen sagte etwas. Es gab nichts zu sagen, wenigstens für sie nicht. Sie konnte nur neben ihm liegen und ihr Verlangen unterdrücken.
Nach einer Ewigkeit hob Jack ihr Kinn und küsste sie. Es musste ihn genauso viel Mut gekostet haben, das zu tun, wie sie, zu ihm zu kommen. Gia reagierte darauf und ließ der aufgestauten Begierde freien Lauf. Sie zerrte an seinen Kleidern, er hob ihr Nachthemd und dann trennte sie nichts mehr. Sie klammerte sich an ihn, als befürchte sie, er würde ihr entrissen. Das war es, das war, was sie brauchte, das war es, was in ihrem Leben gefehlt hatte.
Ihr Verstand sträubte sich dagegen, aber das war der Mann, den sie wollte.
16
Jack ließ sich in den Sessel zurücksinken und versuchte vergeblich, Schlaf zu finden. Gia hatte ihn vollkommen aus dem Konzept gebracht. Sie hatten sich zweimal geliebt – beim ersten Mal sehr leidenschaftlich, danach hatten sie es etwas ruhiger angehen lassen –, und jetzt war er allein, zufriedener und erfüllter, als er sich das jemals erträumt hatte. Trotz all ihrer Kenntnisse und ihres Einfallsreichtums und ihrer anscheinend unerschöpflichen Leidenschaft hatte ihm Kolabati das nicht gegeben. Das hier war etwas Besonderes. Er hatte immer gewusst, dass Gia und er zusammengehörten. Die heutige Nacht war der Beweis dafür. Es
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