Handyman Jack 02 - Der Spezialist
früher oder später – höchstwahrscheinlich früher – sehen und schnappen.
Sein Fuß blieb an deiner Dornenranke hängen, und er stürzte und landete auf einem schmalen Pfad durch das Unterholz. Er erkannte in dem festgestampften Lehm so etwas wie Hufspuren. Jack hatte keine Ahnung von der Jagd, aber er vermutete sofort, daß dies so etwas wie ein Wildwechsel für Rehwild war. Er löste seinen Fuß aus der dornigen Umklammerung – das Unterholz war davon durchwuchert – und kam auf die Füße. Der Pfad schien in derselben Richtung zu verlaufen, in der er sich vorwärtsbewegte, daher folgte er ihm.
Der Pfad erlaubte es ihm außerdem, schneller voranzukommen. Gelegentlich blieb er stehen, um Barlowes von lauten Geräuschen begleitete Fortschritte zu überprüfen, und er rechnete sich aus, daß der Söldner schon bald selbst auf diesen Wildwechsel stoßen würde. Ob Barlowe wohl der Versuchung widerstehen würde, diesen fast vollständig hindernisfreien Weg einzuschlagen? Jack bezweifelte es.
Was bedeutete, daß er hier irgendwo eine Falle aufstellen sollte.
7
»Drahtlose Energie, hä?«
Alicia beobachtete von ihrem Standort in der Ecke neben den Aktenschränken aus, wie Baker vor den elektronischen Geräten auf und ab ging.
Er hatte wissen wollen, was diese Anlage bewirkte, was sie erzeugte – »Was hat dieser Scheiß zu bedeuten?« hatte seine nicht gerade präzise Frage gelautet –, und sie hatte es ihm erklärt. Warum auch nicht? Ihr war es gleichgültig, wer alles davon erfuhr. Sie wollte ihn nur von sich ablenken und selbst nicht ständig an die Leichen auf dem blutverschmierten Fußboden denken müssen.
Thomas war nicht mehr. So schnell. Gerade hatte er noch dort gestanden und geredet, und jetzt war er schon tot. Sie versuchte, so etwas wie Trauer zu entwickeln, aber da war nichts. Mitgefühl … wo war ihr Mitgefühl für jemanden, der die Hälfte ihrer Gene hatte, auch wenn es die schlechte Hälfte war?
Weg. Ebenso wie Thomas. Und was bedeuteten Gene überhaupt? Weshalb sollte man am Schicksal von jemandem Anteil nehmen, der nicht mehr ist als die schlechte Karikatur eines menschlichen Wesens, nur weil man das gleiche genetische Material besitzt?
Aber sogar Thomas hatte etwas Besseres verdient, als niedergeschossen zu werden wie ein toller Hund.
»Drahtlose Elektrizität«, sagte Baker und massierte sein Kinn. »Mein Gott, der Wert einer solchen Erfindung muß …«
Ein Stöhnen ließ Alicia erschrocken nach unten blicken. Der Araber, den Thomas kurz vorher Kernel genannt hatte, bewegte sich und krümmte sich, während er die Hände gegen seinen blutenden Bauch preßte.
»Bitte«, stöhnte Kernel mit einer Stimme, die kaum mehr war als ein mattes Flüstern, »ich brauche einen Arzt.«
Baker winkte Alicia mit der Pistole heran und deutete dann mit der Waffe auf den Araber. »Sie sind Ärztin, nicht wahr? Kümmern Sie sich um ihn.«
»Womit? Er muß ins Krankenhaus.«
»Untersuchen Sie ihn, verdammt noch mal!«
»Schon gut.«
Alicia ging hinüber zu Kernel und kniete sich neben ihn. Aus dieser Position konnte sie Thomas Waffe auf dem Fußboden dicht neben dem Körper des Verwundeten sehen. Für Baker war sie jedoch von seinem Standort aus unsichtbar. Aber sie befand sich weit außerhalb von Alicias Reichweite. Trotzdem war es gut zu wissen, wo sie sich befand.
Sie erstarrte, als sie sah, wie sich eine von Thomas’ Händen öffnete und schloß. Sie schaute in sein Gesicht, sah, wie er die Augen aufschlug, für einen kurzen Moment blind ins Leere starrte und sie dann wieder schloß.
Er lebt noch, dachte sie, aber lange hält er nicht mehr durch.
Der Araber ächzte gequält, als Alicia versuchte, ihn auf den Rücken zu drehen, daher war sie dazu gezwungen, ihn von der Seite zu untersuchen. Behutsam – wobei all ihre Erfahrung mit Infektionskrankheiten angesichts der Gefahr, mit Blut in Berührung zu kommen, Alarmsignale in ihr Bewußtsein schickte – zog sie seine Hände von der Wunde weg. Sie sah das feucht glänzende hellrote Loch in seinem Oberhemd, sah gleichzeitig das Blut heraussickern und nahm einen fäkalen Geruch wahr.
Im Geiste ging sie sämtliche Möglichkeiten durch: perforierter Darm, innere Blutungen, aber Haupt- und Nierenschlagader wahrscheinlich unversehrt, sonst wäre er längst gestorben. Und es gab absolut nichts, was sie hätte tun können, um ihm zu helfen.
Kernel stöhnte erneut schmerzerfüllt auf.
»Er ist in Lebensgefahr«, stellte sie fest.
»Das
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