Handyman Jack 02 - Der Spezialist
wolle, und zwar mit Zins und Zinseszins. Und weil er aus Ecuador kommt und auch ein Bauer ist, sozusagen ein Bruder« – er spuckte das Wort regelrecht aus –, »glaube ich ihm und komme mit meiner Truppe Abend für Abend, Woche für Woche in seinen Laden.« Ein weiterer Schluck. Und wieder krachte die Flasche auf den Tisch. »Noch mehr Bullenscheiße! Er hat niemals vorgehabt, mich zu bezahlen. Niemals.«
»An dieser Stelle hapert es ein wenig mit meinem Verständnis«, meinte Jack. »Sie müssen doch so etwas wie einen Vertrag mit ihm haben.«
Jorge nickte. »Natürlich. Ich schließe immer Verträge.«
»Aber Sie erzählten doch, Sie hätten jede rechtliche Möglichkeit ausgeschöpft, um an Ihr Geld zu kommen. Wenn Sie doch einen ordnungsgemäßen Vertrag haben, dann könnten Sie …«
»Geht nicht«, sagte Jorge kopfschüttelnd.
»Warum nicht?«
»Die Mannschaft. Zwei meiner Leute sind Cousins meiner Frau.« Sein Blick wurde unstet und schweifte ab. »Sie sind nicht, hm, legal ins Land gekommen.«
»Und dieser Ramirez weiß das?«
»Er wußte es von Anfang an.«
»Ah-ha.« Jack lehnte sich zurück und nahm einen Schluck aus seiner Snapple-Flasche. »Wir kommen dem üblen Kern der Sache näher.«
»Hm?«
»Schon gut. Wie stehen denn jetzt die Dinge zwischen Ihnen?«
»Ich erklärte ihm schließlich, ich könnte für ihn ohne Bezahlung nicht mehr arbeiten. Er erzählte mir wieder die gleiche Geschichte von dem dicken Vertrag, der jeden Tag kommen müßte, und als ich ihm sagte, er müßte doch schon längst da sein, wird er wütend. Wir reden und reden immer wieder dasselbe, aber diesmal gebe ich nicht nach. Ich erkläre ihm, diesmal würde ich nicht mit leeren Händen von dannen ziehen wie vorher.«
»Und was tat er?«
»Er feuerte mich.«
Jack mußte lächeln. »Er hat Sie gefeuert? Das nenne ich dreist.«
Jorge fletschte die Zähne. »Es kommt noch schlimmer. Er erklärte, ich würde meine Arbeit schlecht machen. Ich! Ich kann Ihnen versichern, Mr. Jack, meine Arbeit ist deprimera!«
Jack glaubte ihm. Er konnte den Stolz in seinen Augen funkeln sehen. Er war ein Mann, der versuchte, sich etwas aufzubauen, und zwar mehr als nur ein Geschäft – einen Ruf … ein Leben. Jack konnte seinen Zorn verstehen, und noch etwas anderes: seine tiefe Gekränktheit. Er war von jemandem betrogen worden, dem er vertraut hatte.
»Jorge«, sagte er. »Ich glaube, Sie haben recht. Ich glaube, Ihr Freund Ramirez hat von Anfang an vorgehabt, Sie auszunehmen. Und ich wette, daß er in diesem Moment, während wir uns unterhalten, auf der Suche nach einem neuen Reinigungsdienst ist.«
»Ja. Das würde mich gar nicht überraschen. Er würde auch noch einen Sterbenden bestehlen. Aber was soll ich jetzt tun?«
»Nun«, meinte Jack, »Sie und Ihre Cousins können hingehen und ihm die Beine brechen.«
Jorge lächelte. »Ja. Daran habe ich auch schon gedacht. Wir haben sogar darüber gesprochen, ihn umzubringen, aber solche Leute sind wir nicht.«
»Eine andere Möglichkeit wäre, seinem Betrieb einen Schaden in Höhe von 6.000 Dollar zuzufügen.«
»Ja, aber ich hätte lieber das Geld. Mit dem süßen Duft der Rache kann ich meine Rechnungen nicht bezahlen. Und ich versuche außerdem, jeglichen Arger mit der Polizei zu vermeiden. Die Wahrheit ist, Mr. Jack, daß ich eher Geld brauche als Rache. Ich will nur das, was mir gehört. Werden Sie mir helfen?«
Jack lehnte sich zurück und dachte, daß Jorge jener Kundentyp war, der ihn im Geschäft hielt. Jemand mit Mumm in den Knochen, der sich jedoch keinen Rat mehr wußte, wie er zu seinem Recht kommen sollte. Aber im Augenblick hatte Jack noch keine Idee, was er für ihn tun konnte.
»Ich werde etwas tun, wenn ich kann. Aber ich muß mehr über Ramirez wissen. Erzählen Sie mir alles, was Sie über ihn wissen. Alles, was Sie in den Monaten, in denen Sie für ihn gearbeitet haben, über ihn erfahren haben.«
Langsam, während Jorge berichtete, begann sich ein Plan abzuzeichnen …
6
Alicia hatte keinen Hunger, daher verzichtete sie auf das Mittagessen. Sie liebte diese stille Phase, wenn keine IV-Therapien in der Ambulanz angesetzt waren und die Kinder in der Tagesstätte ihr Mittagessen einnahmen. Das Personal und die freiwilligen Helfer, die nicht bei den Kindern waren, hatten das Haus verlassen, um in einem der Schnellrestaurants in der Nachbarschaft eine Kleinigkeit zu essen. Gewöhnlich blieb sie im Büro und versuchte, den dringendsten Papierkram zu
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