Handyman Jack 03 - Im Kreis der Verschwörer
Finger am Stoff seines Hosenbeins ab. Warum wollten sie sich partout nicht trocken anfühlen?
7
Er wird von einem Gefühl der Nässe geweckt. Er knipst das Licht an und sieht, dass seine Laken rot sind. Mit einem entsetzten Schrei springt er aus dem Bett. Die Laken, sowohl das obere als auch der Matratzenbezug, sind rot getränkt, desgleichen seine Shorts und sein T-Shirt.
Blut. Aber wessen?
Dann bemerkt er, dass seine rechte Handfläche von einer dicken roten Flüssigkeit trieft… sie sickert aus den Spitzen seines Zeige- und seines Mittelfingers. Es sind genau die Finger, mit denen er einige Zeit vorher das Gemälde von Melanie Ehler berührt hat. Während er die Fingerspitzen gegeneinander presst, um den Blutfluss zu stoppen, rennt er ins Badezimmer, bleibt jedoch auf halbem Weg abrupt stehen, als er die Staffelei mit der Leinwand gewahrt, die mitten in seinem Wohnzimmer steht.
Ein eisiger Schock durchfährt ihn. Wo zum Teufel kommen die Gegenstände her? Das ist sein Zuhause, seine Burg. Wer könnte –?
Während Jack wachsam das Wohnzimmer betritt, erkennt er das Gemälde. Er hat es in Lew Ehlers Haus gesehen. Es ist das düstere, beunruhigende Bild aus Melanies Arbeitszimmer, nur dass die feucht glänzenden Farbwirbel auf der Leinwand lebendig sind, dass sie sich zu einem Gordischen Knoten schwarzer und violetter Farbschlieren verschlingen. Und aus der Tiefe dieses pulsierenden Wahnsinns rotierender Pigmentwirbel tauchen wie glühende Meteoriten blitzartig hellgelbe Sicheln auf, um grell aufzuleuchten und dann sofort wieder zu verschwinden.
Jack dreht sich langsam um die eigene Achse und hält Ausschau nach dem Eindringling. Und als er die Drehung vollendet, sieht er, dass die Leinwand sich verändert hat – nein, sie
verändert
sich vor seinen Augen. Die Farbe sickert davon, fließt ab wie die farbige Transfusionsflüssigkeit aus einer intravenösen Tropfflasche und sammelt sich vor der Staffelei zu einer Pfütze. Der Fleck breitet sich schnell aus, viel zu schnell für Jack, um zurückzuweichen und damit einen Kontakt zu vermeiden. Doch anstatt zu spüren, wie die Farbe seine nackten Zehen benetzt, spürt er nichts – nichts auf seiner Haut, nichts als Luft unter seinen Fußsohlen.
Jack rudert wild mit den Armen, greift nach einem Halt, nach irgendetwas, um seinen Sturz zu verhindern. Irgendwie hat die Farbe es geschafft, sich durch seinen Fußboden zu fressen, und er stürzt ab in die Wohnung unter ihm. Er wirft sich herum, krallt die Finger um den Rand des Lochs, doch sie rutschen auf der glitschigen Farbe ab, und er taucht ein in die gierige Dunkelheit.
Er landet wie eine Katze auf allen vieren und in Kauerstellung und weiß auf Anhieb, dass er sich nicht in der Wohnung im zweiten Stock befindet. Neil, der Anarchist, sein Nachbar, mag sicherlich nicht gerade ein Paradebeispiel für sorgfältige Hygiene sein, aber so
schlimm
hat noch nicht einmal er gestunken. Mein Gott, was ist das? Ausgewählte Stücke drei Tage alter auf einem Highway überfahrener Tierkadaver, vermischt mit faulen Eiern und einen Tag lang zum Reifen in die Sonne gelegt, wäre eine durchaus denkbare Möglichkeit.
Oder etwas noch Schlimmeres… Jack erkennt es jetzt.
Aber das kann nicht sein.
Und dann wird ihm klar, dass er nicht auf einem Holzfußboden oder einem Teppich kauert, sondern auf einem Stahlgitter – kalt und glitschig, überzogen mit einem Film aus Maschinenöl. Eine Art Laufsteg. Er schaut hoch – ein Gewirr von Rohren und Kabeln, aber keine Spur von der Öffnung, durch die er abgestürzt ist. Und von tief unten… lichtschwach, das sich an den Stahlplatten der Innenwand eines Schiffsrumpfs bricht…
»Scheiße!«, flüstert Jack.
Er weiß, wo er ist – in der
Ajit-Ruprobati.
Aber das kann nicht sein. Das ist nicht möglich. Er hat diesen Rosteimer mit allem, was sich an Bord befand – Menschen und Nichtmenschen – im vergangenen Sommer versenkt. Dieser alte Frachter ruht und rostet nun im Schlick des unteren New York Harbor. Unmöglich, dass er sich in diesem Schiff befindet…
Was bedeutet, dass dies ein Traum sein muss. Aber es fühlt sich verdammt noch mal nicht so an. In den Monaten, nachdem er beinahe dabei umgekommen wäre, als er das Schiff versenkte, war er ständig von Albträumen über das Schiff und seine Insassen heimgesucht worden, aber die Empfindungen waren niemals derart real gewesen.
Die Wesen… die Rakoshi… Jack spürt, wie sich jeder Muskel in seinem Körper bei dem
Weitere Kostenlose Bücher