Handyman Jack 04 - Tollwütig
durch den Imager geschickt hatte, war sie wie benebelt. Dieses Molekül als Hologramm vor sich in der Luft schweben zu sehen, hatte sie jeglichen Willens beraubt, es zu stabilisieren.
O mein Gott, dachte sie und erstarrte innerlich. Ich habe die Probe im Imager gelassen!
Sie war so geschockt gewesen, als sie das Molekül erkannte…
Sie beruhigte sich. Niemand würde bis zum Dienstag das Computerlabor betreten. Sie würde gleich morgen hinfahren und aufräumen.
Was sie jetzt brauchte, war die Möglichkeit, über ihre Beobachtung zu reden. Ihre Mutter mochte für jedes andere Thema ein geeigneter Gesprächspartner sein, aber nicht für dieses. Nadia brauchte Doug.
»Nun komm schon, Nadje«, rief ihre Mutter. »Iss. Dann geht es dir gleich besser.«
Warum nicht, dachte sie und zuckte im Geiste die Achseln. Ich wüsste nicht, was ich sonst tun sollte.
Aber als sie sich an den Tisch setzte, stellte sie fest, dass sie keinen Hunger hatte. Während sie in ihrem Essen herumstocherte, bemerkte sie das Bier und das kleine Glas Fleischmann neben dem Teller ihrer Mutter.
»Mom«, sagte sie, »wärest du vielleicht so freundlich, auch mir deine Spezialmischung einzuschenken?«
6
Milos Dragovic blickte hinaus auf sein ausgedehntes Grundstück und war zufrieden. In weniger als achtundvierzig Stunden hatte das Heer von Arbeitern und Handwerkern ein Wunder vollbracht. Und gerade noch rechtzeitig. Die letzten Korrekturen waren nur wenige Minuten vor dem Eintreffen der ersten Gäste vorgenommen worden.
Er sah sie am Pool umherschlendern und gruppenweise in Gespräche vertieft auf den Veranden stehen – die Damen vorwiegend in Schwarz, die Herren teilweise farbig herausgeputzt wie Pfauenmännchen. Das war eine ganz andere Gästekategorie als die am Freitag. Verstreut unter den VIPs und Szenestars, die er aus der Stadt hierher hatte bringen lassen, befand sich eine ansehnliche Anzahl Mitglieder der besseren Gesellschaft der Hamptons. Nicht alle Vertreter der Creme de la creme waren seiner Einladung gefolgt, aber immerhin noch mehr als genug, um die Party als rauschenden Erfolg verbuchen zu können.
Er lächelte. Dem Uninformierten mochte die Anzahl der Zusagen für eine Teilnahme an einer Party, die von einem hochkarätigen Gangster veranstaltet wurde, überraschend hoch vorkommen. Doch eine so große Überraschung war es eigentlich nicht, wenn man Milos’ Einladungsstrategie betrachtete. Er hatte sich eingehend über die Highsociety der Hamptons informiert und sie in drei Gruppen eingeteilt. Dann hatte er seine Einladungen in drei Partien abgeschickt, und zwar jeweils im Abstand von zwei Tagen. Als die erste Partie eintraf, wurde, wie er genau wusste, in den gehobenen Kreisen darüber gesprochen. Er konnte sie geradezu hören:
Wusstet ihr, dass dieser entsetzlich ungehobelte Dragovic-Typ eine Party veranstalten will und möchte, dass ausgerechnet ich dort aufkreuze? Könnt ihr euch das vorstellen?
Natürlich dachten diejenigen, die zur zweiten und dritten Partie gehörten: Warum wurde ich nicht eingeladen? Nicht dass ich auch nur auf die Idee käme, dorthin zu gehen, aber warum wurde ich ausgelassen?
Dann träfe die zweite Welle Einladungen ein, und Erleichterung würde sich breitmachen – dankbare Erleichterung, dass man doch nicht übergangen worden war. Sicherlich hatte die Post geschlafen. Das Gleiche würde auch bei der dritten Welle passieren.
Auf diese Weise würden die Einladungen nicht automatisch weggeworfen. Und dann würde man darüber reden, dass es sicherlich recht interessant wäre, doch teilzunehmen – die Hamptons würden sich informieren können, wie Proleten feierten – man hätte anschließend bestimmt ausreichend Stoff zum Tratschen und könnte sich noch tagelang amüsieren…
Aber da alles auf der Party von Kim organisiert und arrangiert würde, der darauf achtete, dass jeweils nur das Beste und Edelste aufgeboten und serviert wurde, und das auf geschmackvollste Art und Weise, wäre das Hauptthema des Geredes anschließend, dass die Party die allgemeinen Erwartungen in angenehmster Weise übertroffen hätte.
Die Folge wäre, dass niemand seine Einladungen im darauf folgenden Jahr ausschlüge.
Und irgendwann sah Milos sich schon in der Rolle dessen, der die Gästeliste durchforstete und diejenigen davon strich, die ihm nicht den gebührenden Respekt erwiesen hatten. Eine Einladung zur alljährlichen Milos-Dragovic-Soiree würde schon bald als Auszeichnung verstanden werden, auf
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