Handyman Jack 04 - Tollwütig
Lebens –, um seine Honorare zu verdienen, manchmal unter Einsatz seines Lebens, und was war das Leben im Grunde anderes, als ein ständiger Kampf gegen die tickende Uhr und das Bemühen, aus der Zeit, die einem zur Verfügung stand, den größtmöglichen Nutzen zu ziehen? Dann irgendeiner Regierungsbehörde zu gestatten, sich von dem zu bedienen, was er aus seiner Zeit herausholte… es war genauso, als würde er Teile seines Lebens weggeben. So wie er es betrachtete, hatte man in dem Augenblick, in dem man die alleinige Verfügungsgewalt über einen Teil seines Lebens, so klein er auch sein mochte, aus der Hand gab, den Krieg verloren. Danach ginge es nicht mehr darum, ob man ein Bestimmungsrecht über sein eigenes Leben hatte, sondern wie viel von seinem Leben man weggeben würde. Und das Schlimme war, dass nicht der Geber den Anteil bestimmte, sondern ausschließlich der Nehmer.
Aber dennoch… wenn nun die einzige Möglichkeit, Gia und Vicky eine sichere Zukunft zu garantieren, darin bestand, in ihre Welt überzuwechseln? Dass sie in seine Welt herüberkamen, konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen. Wenn er sich wieder in die Gesellschaft eingliedern wollte, wie würde er das anfangen? Er konnte nicht einfach wie aus dem Nichts auftauchen, ohne eine verdammt plausible Erklärung parat zu haben, wo er all die Jahre gewesen war.
Wenn es dazu käme, würde er sich etwas Passendes ausdenken. Schließlich hatte er bis dahin noch eine Menge Zeit…
»Fändest du es schlimm, wenn ich mich zur Ruhe setzen und eine Farm kaufen würde? Ich meine: du als Vegetarierin und so weiter.«
»Warum sollte ich es schlimm finden?«
»Nun ja, ich würde… zum Beispiel Steaks anbauen.«
Sie lachte. Er liebte diesen Klang. »Man kann keine Steaks anbauen.«
»Okay, dann jage ich sie – wildes Filet Mignon, umherziehende T-Bone-Steaks.«
»Du meinst Vieh«, sagte sie und spielte mit. »Du züchtest Rinder, dann schlachtest du sie und zerlegst ihre toten Kadaver in Steaks.«
»Du meinst, ich töte sie? Was wäre denn, wenn ich eine Beziehung zu den Tieren aufbauen würde und es nicht könnte?«
»Dann hättest du einen Haufen sehr großer Haustiere, die den ganzen Tag ›Muh‹ machen.«
Vicky tauchte plötzlich zwischen ihnen auf und deutete durch die Windschutzscheibe, als sie wieder durch eine Stadt fuhren.
»Seht mal! Eine Windmühle! Das ist schon die Zweite, an der wir vorbeifahren. Sind wir in Holland?«
»Nein«, sagte Jack. »Das ist immer noch New York. Eine Stadt namens East Hampton. Und da wir gerade davon reden…«
Er faltete eine Landkarte auseinander und informierte sich, wo sie sich gerade befanden. Sofort erkannte er, dass er lieber schon früher hätte nachsehen sollen.
»Versuch zu wenden, wenn es geht. Wir haben unsere Ausfahrt verfehlt. Wir müssen zurück zur Ocean Avenue und dann weiter zur Lily Pond Lane.«
»Vielen Dank, großer Kundschafter«, sagte Gia, während sie den Wagen wendete und in die Richtung zurückfuhr, aus der sie gekommen waren. »Lily Pond Lane… kommt die nicht in einem Bob Dylan-Song vor?«
»Ich glaube ja.«
»Ich habe irgendwo gelesen, dass Mary Stewart in der Lily Pond Lane wohnt.«
»Ich hoffe, sie hat für uns was Anständiges zum Mittagessen vorbereitet.«
Während sie nach Süden in Richtung Ozean fuhren, wurden die Häuser zunehmend größer, eins imposanter als das vorherige, und die Mauern und Hecken und Zäune wurden höher und höher. Alle waren mit Schildern ausgestattet, auf denen der jeweilige Sicherheitsdienst genannt wurde, der das Gelände hinter den Absperrungen bewachte.
»Wem gehören diese Villen?«, wollte Gia wissen.
»Den Calvin Kleins und Steven Spielbergs dieser Welt.«
»Und den Milos Dragovics.«
»Jawohl. Denen auch. Er soll am Ende der Faro Lane seine Hütte haben – da ist es schon. Halte dich links.«
Die Faro Lane war kurz und verlief schnurgerade. Das dreistöckige Haus an ihrem Ende versperrte die Sicht auf das Meer. Ein Ziegeldach im Mittelmeerstil, aber königsblau anstatt ziegelrot, dazu blaue Außenwände.
»Ich glaube, er ist ein Blaufanatiker«, stellte Jack fest.
Er begutachtete den Grenzverlauf, als sie an dem Grundstück vorbeifuhren. Eine hohe Mauer, auf deren Krone Glasscherben einzementiert waren – sicherlich ästhetischer als Stacheldraht, dachte er. Videokameras waren an den Hauswänden befestigt und überwachten das Gelände. Am schmiedeeisernen Tor fehlte das Schild mit den Angaben über den
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