Handyman Jack 05 - Todesfrequenz
der späten Vormittagssonne. Das Schlechte war, dass der Mann, nach dem er suchte, nirgendwo zu sehen war.
Er war von der Eleanor-Roosevelt-Statue bis zum Soldiers and Sailors Memorial und zurück gewandert. Das milde Wetter lockte mehr und mehr Menschen ins Freie. Er schaute auf den Basketballplätzen nach, nahm sich die Sonnenanbeter, die Buchleser, die Nickerchenhalter, die Frisbeewerfer, die Hundeausführer, sogar die Kinderwagenschieber vor und zeigte seinen Computerausdruck jedem, den er erwischen konnte.
Er hatte kein Glück. Fehlanzeige. Null.
Ein wunderschöner Tag, doch er war nicht in der Stimmung, ihn angemessen zu würdigen, während er nicht weit von der Bronzestatue von einer sehr jung aussehenden Eleanor stehen blieb und sich fragte, ob man ihn zum Narren gehalten hatte.
War es möglich, dass dieser Julio ihn auf eine falsche Fährte gesetzt hatte, damit er ihn schnellstens loswurde, um sich selbst auf die Suche zu machen?
Sandy schaute sich prüfend um. Sollte er von dort verschwinden oder noch ein wenig abwarten? Er hatte seinen Ausdruck praktisch jedem gezeigt, der ihm über den Weg gelaufen war…
… außer dem Mann auf der Bank am Ende des Abhangs unter ihm. Wann hatte der sich dorthin gesetzt? Er lümmelte, das Kinn auf der Brust und die Arme verschränkt.
Eine Baseballmütze bedeckte seine Augen, während er offenbar ein Schläfchen hielt.
Sandy ging zu ihm hinunter. Etwas in ihm wehrte sich dagegen, einen Schlafenden zu wecken, aber er war entschlossen, keine Möglichkeit ungenutzt zu lassen.
»Entschuldigen Sie, Sir«, sagte er, als er die Bank erreichte, »darf ich Sie etwas fragen?«
Was dann geschah, nahm er nur verschwommen wahr. Der Mann schaute nicht hoch, aber seine Hand schoss nach oben, um Sandys T-Shirt vor der Brust zusammenzuraffen, es ganz eng um seinen Hals zusammenzuziehen, während er ihn von den Füßen riss und neben sich auf die Bank herunterzog.
Nun erst drehte sich der Kopf, und Sandy erkannte das Gesicht, das Gesicht, das er seit zwei Tagen allen möglichen Leuten zeigte. Die Augen waren ihm allerdings fremd, denn das sanfte Braun erschien jetzt viel dunkler und funkelte zornig. Er öffnete den Mund, um einen Schrei auszustoßen, doch der Zeigefinger des Mannes zielte drohend auf sein Gesicht, kaum einen Zentimeter von seinem linken Auge entfernt, und er sprach mit zusammengebissenen Zähnen.
»Kein Wort! Keinen Laut!«
Sandy nickte, vier-, fünf-, sechsmal. Klar, klar, er würde nichts sagen. Das war einfach. So wie seine Zunge an seinem völlig trockenen Gaumen festklebte, hätte er ohnehin nicht reden können, auch wenn er es gewollt hätte.
Sandys Gehirn war in Panik: Was habe ich falsch gemacht? Warum ist er so wütend? Er wird mir doch nichts antun, oder?
Der Mann, der Erlöser, ließ die Vorderfront von Sandys T-Shirt los und packte es jetzt in Sandys Nacken und zog ihn auf der Bank in eine sitzende Position hoch. Er riss Sandy die Zeichnung aus der Hand und betrachtete sie.
Vielleicht ist er ein wenig durcheinander, dachte Sandy, und spürte, wie sein Körper unkontrolliert zitterte. Seine Gedanken führten einen wilden Tanz auf. Vielleicht ist er genauso verrückt wie der Killer aus dem Zug. Vielleicht hatte er ebenfalls die Fahrgäste erschießen wollen, nur war ihm der andere Irre zuvorgekommen, und deshalb hatte er ihn ausgeschaltet, weil eigentlich er die Absicht gehabt hatte, den Massenmörder zu spielen.
Sandy versuchte mühsam, sich zu beruhigen. Rede nicht so einen Quatsch. Der Erlöser hatte nur diese winzige Pistole gehabt, wohl kaum die richtige Ausrüstung für einen Massenmord.
Aber eins war sicher. Jetzt funkelte in seinen Augen blanke Mordlust.
Sandy sah sich um. Er befand sich an einem öffentlichen Ort, überall waren Menschen. Hier würde ihm nichts zustoßen.
Aber genau das hatte wahrscheinlich auch jeder Insasse des letzten Wagens der Linie Neun gedacht.
»Woher haben Sie das?«, wollte der Erlöser wissen.
Sandys Versuch einer Antwort kam nur als unverständliches Krächzen aus seinem Mund.
Der Erlöser schüttelte ihn grob. »Los! Reden Sie!«
»Ich habe es angefertigt.«
»Gezeichnet?«
»Mit dem Computer.«
»Wer weiß sonst noch davon?«
»Nur ich. Sehen Sie, ich verstehe gar nicht, warum Sie so wütend ...«
»Wie viele Kopien?«
Sandy entschied, lieber die Wahrheit zu sagen. »Ich habe noch zwei bei mir. Und ein paar weitere zu Hause.«
»Und wo ist das?«
Er erkannte, worauf das Ganze hinauslief, und
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