Handyman Jack 07 - Todessumpf
etwas wie Liebe.
Bilde dir bloß nichts ein und mach dir lieber keine falschen Hoffnungen, dachte sie.
Denn dies hatte nichts mit Luke zu tun. Sie vermittelte ihm nur diesen Eindruck. Er war zu weit entfernt und zu sehr mit seinem blutenden Schädel beschäftigt gewesen, um darauf zu achten, was sich zwischen ihr und Jack am Rand des ausgetrockneten Kanalstücks abgespielt hatte. Es täte sicherlich niemandem weh, ihn in dem Glauben zu wiegen, dass er der Grund war, weshalb sie jetzt Jack ans Leder wollte.
Aber dies alles geschähe letztlich nur für sie.
Sie hätte während des ganzen Rückwegs vom Kanal weinen können. Ihr Herz fühlte sich noch immer an, als wäre es ihr aus der Brust gerissen worden. Er hatte sie abgewiesen, hatte kehrtgemacht und war einfach weggegangen. Als Begründung hatte er angeführt, er sei bereits vergeben, aber das war eine Lüge. Semelee hatte solche und ähnliche Reaktionen während ihres ganzen bisherigen Lebens ertragen müssen. Und sie kannte den wahren Grund: Jack glaubte, er sei zu gut für sie.
Aber während sie zur Lagune zurückkehrte, begriff sie, dass es genau andersherum war.
Jack … wie konnte sie jemals angenommen haben, dass er etwas Besonderes und für sie ausersehen war? Was dachte sie sich eigentlich? So außergewöhnlich war er offenbar gar nicht – und ganz gewiss nicht für sie bestimmt. Ihr Kontakt mit den Lichtern im Schlundloch hatte alle verändert. Sie kannte jetzt ihren Wahren Namen und wusste, dass sie zu einem ganz bestimmten Zweck an diesen Ort geführt worden war. Was das genau war, konnte sie noch nicht genau erkennen, aber sie würde es beizeiten erfahren. Dessen war sie sich ganz sicher.
Sie war schon früher aus der Norm gefallen und auserwählt gewesen – ihre besonderen Kräfte und Fähigkeiten waren der Beweis. Aber jetzt war sie über alle und alles erhaben. Auch über Jack. Er war ihrer nicht mehr würdig. Sie war ihm überlegen.
Schön, aber wenn es sich tatsächlich so verhielt, weshalb dieser tiefe Schmerz in ihrem Innern? Warum dieser kalte harte Klumpen in ihrer Magengrube?
Sie kannte nur eine Möglichkeit, diese Qual lindern zu können.
»Lass mich jetzt allein«, bat sie Luke. »Ich muss über alles nachdenken und einige Vorbereitungen treffen. Und am Ende erwartet unseren Freund Jack eine Riesenüberraschung.«
Er stand auf und zog sich zurück. »Okay, Semelee. Wie du willst. Ich glaube, ich gehe mal zu Devil und sehe nach, wie es ihm geht.«
So schlecht sie sich in diesem Augenblick auch fühlte, so musste Semelee doch lächeln. Luke war ihr schon immer nachgelaufen wie ein kleines Hündchen, aber jetzt benahm er sich wie ein Sklave.
Doch das störte sie überhaupt nicht. Wenn es nach ihr ginge, sollte jede Frau einen Sklaven haben.
10
»Ich glaube, auf diesen Erfolg sollten wir anstoßen«, sagte Dad, während sie sein Haus betraten.
Sie hatten Carl – mitsamt seinen tausend Dollars – am Wohnwagenpark abgesetzt. Während der gesamten Heimfahrt hatte er sich derart überschwänglich bei ihnen für seine Rettung vor dem Clan und den Lichtern bedankt, dass Jack ihn schließlich zum Schweigen bringen musste, indem er ihn aufforderte zu beschreiben, was er in der vorangegangenen Nacht beobachtet hatte. Als Carl endlich zu dem Punkt kam, wie Semelee in das Erdloch hinuntergelassen wurde, war er zutiefst beunruhigt. Wenn die Lichter, gedämpft durch Sand und Wasser, die Missbildungen bei den Angehörigen des Clans ausgelöst hatten, wie würde es sich dann auswirken, wenn man ihnen direkt ausgesetzt war? Verlöre man den Verstand? Würde man verrückt? Die Cenote musste der Ort sein, wo sie erfahren hatte – wie hatte sie es ausgedrückt? Wer ich hin. Wer aber war sie, wenn sie nicht Semelee war?
»Das war ein wahrer Meisterschuss, Dad. Ein gottverdammter Meisterschuss.«
Jack erlebte das Wechselbad der Gefühle, das er in diesem Augenblick durchgemacht hatte, ein zweites Mal.
»Das kann man wohl sagen, nicht wahr? Das war er wirklich.«
Dad hatte sich mittlerweile in die Küche begeben und kramte in dem Flaschenschrank über der Spüle herum. Er stieß seine Worte staccatohaft hervor, und seine Bewegungen waren hektisch und so fahrig, als hätte er sich eine Ladung Koffein direkt in die Blutbahnen gespritzt.
Er ist regelrecht high, dachte Jack.
»Ich hatte nicht die Absicht, ihn zu töten, weißt du, und ich wünschte mir inständig, dass es nicht dazu käme, doch ich dachte auch, wenn es entweder um
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