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Handyman Jack 07 - Todessumpf

Handyman Jack 07 - Todessumpf

Titel: Handyman Jack 07 - Todessumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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ihre Zuflucht, der einzige sichere Ort. Und ihre Mami war ihre einzige Freundin.
    Semelee erinnerte sich, wie sehr sie ihre Haare verflucht hatte. Wären diese Haare nicht gewesen, hätte niemand sie gehänselt, hätte sie an den Spielen der anderen Kinder teilnehmen dürfen, hätte sie Freunde und Freundinnen gehabt – mehr als alles in der Welt wünschte sich die kleine Semelee eine Freundin, eine einzige lausige Freundin. War das zu viel verlangt? Wären diese Haare nicht gewesen, hätte sie dazugehört. Und die kleine Semelee wollte unbedingt dazugehören.
    Da eine Mütze keine Hilfe war, entschloss sie sich eines Tages, als sie sieben war, ihr Haar einfach abzuschneiden. Sie holte sich die Schneiderschere ihrer Mami und fing an, damit herumzusäbeln. Semelee lächelte jetzt, als sie daran dachte, wie schrecklich es ausgesehen hatte, aber damals war es für sie ganz und gar nicht spaßig gewesen. Ihre Mami hatte ein wildes Geschrei veranstaltet, als sie es sah. Sie hatte eine Stinkwut im Bauch, und das machte Semelee Angst, schreckliche Angst. Ihre einzige Freundin war wütend auf sie.
    Mami nahm die Schere und versuchte, von der Frisur zu retten, was zu retten war, aber viel konnte sie nicht mehr ausrichten.
    Und die Kinder in der Schule lachten nur noch heftiger, als sie sie zu Gesicht bekamen.
    Aber jetzt würden sie nicht mehr lachen, dachte Semelee mit einem Gefühl grimmiger Genugtuung, während sie die Lederschnur durch die Löcher in den Augenmuscheln fädelte, an denen sie sie um den Hals trug. Zumindest einige würden nicht mehr lachen. Einige würden sogar nie mehr lachen.
    Sie betrachtete die Wellen und Kreise im Wasser, die Dora zurückgelassen hatte. Etwas in ihrem Zickzackmuster erinnerte sie an den Traum der vergangenen Nacht – von jemandem, der im Begriff war, von irgendwo weit entfernt hierher zu kommen. Und während sie ins Wasser sah, hatte sie einen Augenblick der Klarheit. Plötzlich wusste sie Bescheid.
    »Er ist da.«
     
     

10
     
    Miami International war ein einziges Gewimmel, viel hektischer und bevölkerter als LaGuardia. Jack suchte sich durch die Horden von ankommenden und abfliegenden Reisenden seinen Weg ins Parterre, wo es die Taxistände und Bushaltestellen gab. Dort nahm er einen Pendelbus zum Rent-a-Car-Bereich. Um dazu beizutragen, dass die Firma in der Rangliste der erfolgreichsten Autovermietungen nicht für ewig auf dem zweiten Platz darben musste, entschied sich Jack für Avis. Er gab sich mit einem Mittelklassewagen zufrieden und suchte sich das unauffälligste Fahrzeug aus, das zur Verfügung stand: einen beigen Buick Century.
    Das Krankenhaus hatte ihm eine Wegbeschreibung vom Florida Turnpike aus durchgegeben, aber Jack entschied sich stattdessen für den US 1. Er rechnete sich aus, dass diese Fahrt länger dauern würde. Der mit einer roten Weste bekleidete Angestellte am Avis-Schalter gab ihm eine Straßenkarte und zeichnete darauf den Weg zur Route 1 ein.
    Er war unterwegs.
    Süd-Florida lag flach wie eine Tischplatte unter einer unbarmherzigen Sonne, die – grell an einem mit kleinen Wölkchen gesprenkelten Himmel stehend – durch eine feuchte Dunstschicht brannte, die das Land bedeckte. Jemand hatte Florida irgendwann einmal als überdimensionale Sandbank bezeichnet, die wie ein rudimentärer Wurmfortsatz am Kontinent hing. Diesem Eindruck konnte Jack nicht widersprechen.
    Er hatte mehr üppiges Grün erwartet, aber die Wedel der Palmen am Straßenrand hingen schlaff und farblos an ihren Stämmen, die Spitzen von einem schmutzigen Graubraun. Gras und Buschwerk ringsum wirkten wie ausgebrannt. Zweifellos eine Folge der Dürre, von der Abe gesprochen hatte.
    Er erreichte die Route 1 – laut der Hinweisschilder auch als Dixie Highway bekannt – und traf auf einigen Verkehr in südlicher Richtung. Gaffer, die sich in Höhe eines Unfalls auf der nördlichen Strecke die Hälse verrenkten, hielten ihn für eine Weile auf. Er sah die Streifen- und Krankenwagen mit ihrem zuckenden Blaulicht und empfand plötzlich einen heftigen Groll, als er sich unwillkürlich fragte, ob die Leute beim Unfall seines Vaters ihre Sensationsgier auf gleiche Weise gestillt hatten.
    Sobald die Unfallstelle überwunden war, floss der Verkehr wieder zügiger.
    Eine Zeit lang drohte das Panorama rechts und links der Straße von provinzieller amerikanischer Eintönigkeit geprägt zu sein – einer Eintönigkeit immerhin, die warm genug für exotische Fauna wie Palmen war –, die aus

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