Handyman Jack 07 - Todessumpf
dich praktisch großgezogen. Du hast in ihr die Ernährerin geweckt. Wenn deine Windeln gewechselt oder du in den Schlaf gesungen werden musstest, dann hat sie das übernommen, dann hat sie sich sofort dazu bereit erklärt. Sie hat geradezu darum gekämpft, für dich sorgen zu dürfen.«
»Ich weiß«, flüsterte Jack kaum hörbar mit zugeschnürter Kehle. »Glaubst du nicht, dass ich dabei gewesen wäre, wenn ich es hätte möglich machen können – irgendwie, egal wie schwierig es gewesen wäre?«
»Warum bist du dann nicht gekommen?«
Wie hätte er ihm erklären sollen, dass der Grund für sein Fernbleiben die Tatsache war, dass Leute vom Bureau for Alcohol, Tobacco and Firearms, kurz BATF, und vom FBI sich ebenfalls dort herumgetrieben hatten? Und alle möglichen Fotos schossen. Aufgrund der Art und Weise, wie Kate gestorben war, und auch wegen der Ereignisse, die zu ihrem Tod geführt hatten, hatten sie in der Nähe der Leichenhalle und des Friedhofs mit ihren Teleobjektiven Posten bezogen. Jack hatte sie entdeckt, als er gerade im Begriff war, seinen Wagen auf den Parkplatz vor der Leichenhalle zu lenken. Daraufhin war er weitergefahren. Er durfte es nicht dazu kommen lassen, dass sie ihn fotografierten und sein Bild am Ende an irgendeine Pinnwand geheftet und mit einem großen Fragezeichen versehen wurde. Wer er war, war eine Frage, die sie möglichst nicht stellen, geschweige denn beantwortet erhalten sollten.
»Es war … es war einfach nicht möglich.«
»Warum nicht? Hast du im Gefängnis gesessen? Oder im Koma gelegen, in einem Krankenhaus? Diese Gründe würde ich akzeptieren. Alles andere …«
»Ich war dort. An der Feier selbst konnte ich nicht teilnehmen, aber ich war kurz nach der Beerdigung an ihrem Grab.«
»Wenn du dann hinkommen konntest, weshalb nicht schon früher?«
Jack erinnerte sich an seine wütende Reaktion, als er die FBI-Agenten vor der Leichenhalle entdeckte. Aber in diese Wut mischte sich auch ein Gefühl schuldbewusster Erleichterung. Ihre Anwesenheit bedeutete für ihn, dass er nicht mit Kates Kindern, ihrem Ex-Ehemann und seinem Vater zusammentreffen musste. Es gab nämlich zu viele offene Fragen über Kates letzte Tage, und er konnte ihnen nichts darüber erzählen, denn es gab so unendlich viel, das sie gemäß ihrem Wunsch niemals erfahren durften. Der wesentlichste Grund für seine Erleichterung war jedoch die Tatsache, dass er sich in gewisser Hinsicht für ihren Tod verantwortlich fühlte. In ihren letzten Minuten hatte er sie getröstet, während sie verblutete, und er hatte noch lange, nachdem sie bereits tot war, ihre erkaltende Hand festgehalten.
»Während der gesamten traurigen Zeremonie«, sagte sein Vater, »haben alle immer wieder gefragt, ob der so lange verschollene Jack wohl erscheinen würde, und ich meinte, natürlich würdest du kommen, vor allem weil sie es gewesen war, die sich um dich gekümmert hatte, als du so krank warst.«
»Du wusstest davon?«
»Sie hat noch an dem Tag, als sie starb, Ron angerufen … und es ihm erzählt. Sie hat sich offenbar noch immer um dich gekümmert, sogar als du schon erwachsen warst.« Seine Augen füllten sich mit Tränen. »Sie brachte im vergangenen Frühjahr Kevin und Lizzie für die Osterwoche zu mir. Ich ahnte nicht, dass es das letzte Mal war, dass ich sie lebend sah. Ich hatte eigentlich im Juli für ein paar Tage zu ihr kommen sollen. Stattdessen machte ich die Reise, um sie zur letzten Ruhe zu betten.« Seine Stimme zitterte, er unterdrückte mühsam ein Schluchzen. »Ich vermisse sie, Jack. Obwohl ich hierher umzog, haben wir regelmäßig miteinander gesprochen. Wir haben zwei- bis dreimal in der Woche telefoniert.«
Jack machte einen Schritt auf ihn zu. Er streckte eine Hand aus, um sie auf die Schulter des alten Mannes zu legen, und zögerte auf halbem Weg – würde er sie abschütteln? Dann schob er seine Zweifel beiseite. Er drückte sanft die knochige Schulter seines Vaters.
»Kate war ein wunderbarer Mensch, Dad. Du kannst wirklich stolz auf sie sein. Du und Mom, ihr verdient dafür das allerhöchste Lob.«
Der alte Mann schaute zu Jack hoch. »Irgendwie stehe ich vor einem Rätsel. Kate hat sich so gut entwickelt, hat so viel erreicht, aber du und Tom … wo ist er überhaupt?«
Das brachte ihn auf einen Gedanken. Er sollte Tom anrufen und ihm mitteilen, dass Dad nicht mehr im Koma lag. Nicht dass er bei ihrem letzten Gespräch einen allzu besorgten Eindruck gemacht hatte. Doch er wollte
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