Handyman Jack 08 - Der schwarze Prophet
ich bringe Sie für eine kurze Besichtigung zu ihr runter. Ich muss ja völlig bescheuert sein.«
»Wenn Sie endlich anfingen, anstatt sich das Maul zu zerreißen, wäre ich schon längst wieder auf dem Weg nach draußen.«
»Ja, aber …«
»Nur einen Blick. Ganz kurz. Das ist alles, was ich will.«
»Ich hätte niemals gedacht, dass Sie auf so was abfahren.«
Sie gingen an einigen leeren Bahren vorbei und kamen dann zu einer, die nicht leer war. Ein grünes Laken bedeckte eine reglose Gestalt. Jack wollte schon fragen, ob dies die Betreffende sei, aber Ron machte keine Anstalten, an der Bahre stehen zu bleiben. Vermutlich war sie es nicht.
»Ich kannte sie.«
»O Scheiße. Dann ist es vielleicht besser, wenn Sie sie nicht zu sehen bekommen. Ich hatte Gelegenheit, sie kurz …« Er schüttelte den Kopf. »Es ist nicht sehr schön.«
»Umso dringender ist mein Wunsch.«
Aber eigentlich wollte er sie gar nicht sehen. Er hatte das Gefühl, als würden seine Beine allmählich zu Stein und weigerten sich, ihn weiter durch den Korridor zu tragen. Er zwang sie mit aller Willenskraft vorwärts, Schritt für Schritt, einen Schritt nach dem anderen …
»Das begreife ich nicht. Warum?«
Weil ich sie sehen muss, um zu garantieren, dass ich nicht zögere, wenn ich tue, was getan werden muss.
»Das geht Sie nichts an, Ron.«
»Okay. Aber es wird Ihnen Leid tun.«
Ich weiß, dachte Jack. Aber nicht so Leid wie jemand anderem.
Ron ging durch eine stählerne Doppeltür und kam in einen grün gefliesten Raum, wo ein Schwarzer, der aussah wie Malcolm X, konzentriert in einem Chemiebuch las.
»Kriminaltechnisches Labor«, sagte Ron und deutete mit dem Daumen auf Jack. »Sie muss noch einmal in Augenschein genommen werden. Liegt sie immer noch in 12-C?«
Der Schwarze nickte und widmete seine ganze Aufmerksamkeit wieder seinem Chemiebuch.
Es ging durch eine weitere stählerne Doppeltür und einen großen, weiß gefliesten Raum, in dem man sich vorkommen konnte wie in einem Kühlschrank.
Verriegelte Schubladen erstreckten sich an den Wänden. Ron bückte sich zu einer Schublade dicht über dem Fußboden. Die Rollen quietschten, während er die Bahre herauszog.
»Die muss wohl mal geölt werden«, stellte er mit einem matten, müden Lächeln fest.
Ein schwarzer Leichensack lag auf einer stählernen Liege. Ron rührte sich nicht. Jack blickte auf und stellte fest, wie ihn der andere Mann anstarrte.
»Nun?«
»Sind Sie sicher?«
Nein. Überhaupt nicht sicher. Aber er nickte.
»Tun Sie’s.«
Ron griff nach dem Reißverschluss, zog den Schlitten halb nach unten und schlug die Stoffhälften auseinander.
Jack erhaschte einen kurzen Blick auf ein rotes Mosaik aus zerfetztem Fleisch, dann wandte er sich ab.
»Herrgott im Himmel!«
Wahrscheinlich hätte er sie ewig anstarren können, wenn er sie nicht gekannt hätte. Aber er kannte sie.
Eine reizende Frau. Und jemand hatte sie in ein …Ding verwandelt.
»Ich habe Sie gewarnt, Mann.«
Jack spürte, wie sich die Galle in seiner Kehle sammelte. »Schließen Sie den Sack.«
»Was? Das war’s schon? Ich riskiere meinen Hals und bringe Sie hierher und …«
»Schließen. Sie. Den. Sack.«
Nachdem er den Schlitten des Reißverschlusses gehört hatte, drehte sich Jack um und betrachtete die glänzende Außenhaut des Leichensacks.
Du arme Frau …
Er versuchte sich vorzustellen, wie sie gelitten hatte, ehe sie starb, aber es überstieg seine Phantasie. Er spürte, wie sich die Schwärze, die er in einem fernen Winkel seines Seins eingesperrt hatte, aus ihrem Gefängnis befreite und durch seinen Körper raste.
Er sah hoch, und Ron wich instinktiv zurück.
»Hey, Mann! Geben Sie nicht mir die Schuld! Ich hab es nicht getan!«
Jacks Stimme war ein metallisches Klirren. »Ich weiß.«
»Dann sehen Sie mich nicht so an! Scheiße, für einen kurzen Moment habe ich glatt geglaubt, Sie würden mich umbringen!«
»Nein … nicht Sie.«
4
»Hast du die Tür abgeschlossen?«, fragte Abe, während Jack auf die hintere Theke zukam.
Jack nickte.
Der Isher Sports Shop war gerade leer, aber es hätte jeder beliebige Wochentag sein können. Der Betrieb in Abes Laden war niemals sonderlich lebhaft.
Die Dunkelheit füllte ihn noch immer aus, aber jetzt hatte Jack sie einigermaßen unter Kontrolle.
Zumindest für den Augenblick.
Abe lehnte an der Theke. An Kleidung trug er das, was er jeden Tag trug.
»Ich brauche Hardware.«
»Das hast du schon gesagt. Und Hardware habe
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