Handyman Jack 08 - Der schwarze Prophet
und stopfte sich einen Donut nach dem anderen in den Mund.
Bei Hurley’s wurden jeden Sonntag Kaffee, Donuts und Bagels serviert: Natürlich war auch die Bar geöffnet für den Fall, dass es einem Gast nach einer Bloody Mary oder etwas Ähnlichem gelüstete. Aber Richie hatte sich so gut gefühlt, dass er keinen Drink brauchte. Nicht mehr.
Scheiße, dachte er wieder, während er den Donut mit schwarzem Kaffee hinunterspülte. Das verkomplizierte alles. Dieser Jack, von dem sie ihm erzählt hatte, konnte für sich den Vorteil verbuchen zu wissen, wie Richie aussah, während Richie ihn nicht kannte und auch nicht wusste, woran er ihn erkennen könnte. Richies einziger Vorteil war das Überraschungsmoment gewesen – Jacko hätte sicherlich nicht die geringste Ahnung gehabt, dass ihn jemand suchte. Jetzt hingegen wäre er auf der Hut. Das heißt, wenn er den Tod der Nonne mit Richie in Verbindung brächte. Wenn nicht, nun, das wäre toll, aber Richie musste vom schlimmstmöglichen Fall ausgehen.
Als er an diesem Morgen aufgewacht war, hatte er sich um einiges besser gefühlt als am Vortag – das Zittern war vergangen, und es ging ihm tatsächlich gut. Fast so wie nach einer Nacht voller Sex. Mit innerem Frieden erfüllt. Locker. So als könnte er tatsächlich einen Sonntagsausflug machen, ohne sich über die anderen Verkehrsteilnehmer aufzuregen.
Aber all das war jetzt Vergangenheit. Der Gestank von verschüttetem schalem Bier durchdrang den Kaffeeduft, und Richie verlor jeglichen Appetit. Hurley’s kam ihm plötzlich überhaupt nicht mehr so einladend vor.
Richie bezahlte und trat hinaus in den sonnigen Vormittag. Was nun?
Er überlegte, ob er zur Upper West Side fahren und dieses Etablissement namens Julio’s suchen sollte. Die Nonne hatte berichtet, sie hätte sich dort zweimal mit diesem Jack getroffen, und zwar beide Male tagsüber, und dass der Typ allein an einem Tisch nicht weit von der Rückwand der Bar gesessen hatte.
Warum sollte er nicht mal bei Julio’s nachschauen? Er könnte draußen auf der Straße herumhängen und das Kommen und Gehen beobachten, vielleicht sogar in Deckung hinterm Fenster sitzen und nachprüfen, wer seinen Tisch an der Rückwand ergattert hatte.
Richie gefiel diese Idee. Es wäre eine Art prophylaktische Aufklärung. Auf diese Art und Weise lernte er das Kampfgebiet seines Gegners kennen.
Er machte kehrt und schlug den Weg zur U-Bahn ein.
3
Ron Clarkson zuckte wie eine Ameise, die Koks in einer Zuckerdose gefunden hatte. Hätte er Antennen besessen, wäre er sicherlich einen halben Meter über dem Boden geschwebt.
»Ich muss völlig verrückt sein, Sie hier reinzulassen«, sagte er, während er Jack einen Korridor hinunterführte, der mit Leuchtstoffröhren erhellt wurde.
Die Wände waren gefliest und im Betonboden befanden sich Abflussgitter. »Ich verlier meinen Job, das ist so gut wie sicher.«
Ron war spindeldürr, hatte hellblondes schulterlanges Haar und einen Kinnbart. Er verdiente sich seinen Lebensunterhalt als Helfer in der städtischen Leichenhalle im Keller des Bellevue Hospitals. Er war Jack keinerlei Gefallen schuldig, vielmehr hatte er ein Faible für unter dem Tisch überreichtes Bargeld. Ab und zu – selten, aber es kam durchaus vor – brauchte Jack irgendein Leichenteil. Er gab bei Ron seine Bestellung auf, und sie einigten sich auf einen Preis. Gewöhnlich trafen sie sich außerhalb des Campus, zum Beispiel in einem McDonald’s Restaurant oder in einer Imbissbude, und führten die Übergabe durch.
Heute war es das erste Mal, dass Jack um eine Besichtigung gebeten hatte. Und dafür hatte er einen stolzen Preis entrichtet.
Eigentlich wollte er gar nicht hier sein. Er wusste nur, dass er herkommen musste. Er hatte das Gefühl, es Schwester Maggie schuldig zu sein.
»Sie machen doch wohl keinen Rückzieher, oder?« Jack verlieh seiner Stimme einen drohenden Unterton. »Sie haben die Kohle eingesackt, also läuft die Show.«
»Ich hätte niemals ja sagen sollen. Mann, das ist völlig irre.«
»Ron …«
»Schon gut, schon gut. Es ist nur …«
»Nur was?«
»Es ist nur, dass dieser Fall so heiß ist – ich meine, er schlägt hohe Wellen. Kardinal Ryan heizt dem Rathaus ein, der Bürgermeister macht dem Commissioner die Hölle heiß, der Commissioner hält sich an den ärztlichen Leichenbeschauer und das CSI-Team.
Wir haben höchstens eine halbe Stunde Zeit, ehe sie mit der Autopsie anfangen – an einem Sonntag, ist das zu fassen? –, und
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