Handyman Jack 08 - Der schwarze Prophet
lächelnde junge Frau in Uniform stand an einem breiten Tisch zwischen den beiden Eingängen.
Jack entschied sich für das Drehkreuz, doch die junge Frau machte sich bemerkbar.
»Sir?«, rief sie. »Würden Sie bitte zu mir kommen?«
Während er sich umwandte und auf sie zuging, setzte Jack eine unsichere Miene auf, die nur zum Teil gespielt war.
»Ich, äh, ich bin zum ersten Mal hier und …«
Sie strahlte ihn an. »Das habe ich sofort bemerkt.
Ich heiße Christy. Willkommen im New Yorker Tempel der Dormentalist Church.«
Jack glaubte, so etwas wie unbändigen Stolz darauf heraushören zu können, dass sie zu diesem Verein gehörte.
Christy trug ihr dunkles Haar lang auf die Schultern herabfallend und konnte nicht viel älter als zwanzig sein. Eine Studentin vielleicht? Die Vorderseite ihres Jacketts wies drei aufgenähte Litzen auf.
Außerdem hatte sie tiefe Ränder unter den Augen.
Und sie sah müde aus. Wahrscheinlich eine von den Freiwilligen, von denen ihm Jamie Grant erzählt hatte.
»Wie kann ich Ihnen behilflich sein?«, erkundigte sie sich.
»Nun, ich interessiere mich dafür, der Kirche beizutreten oder sie mir zumindest einmal anzusehen, und …«
»Waren Sie gestern bei der Versammlung?«
»Bei welcher Versammlung?«
»Im Central Park. Wir waren dort, um die Botschaft zu verbreiten.«
Jack erinnerte sich, auf seinem Weg zu Maria Roselli an einer applaudierenden Zuschauermenge vorbeigekommen zu sein.
»O ja. Ich habe einige Dinge gehört, die ich sehr interessant fand, und ich …« Er deutete auf den Metalldetektor. »Warum steht dieses Ding dort?«
Nichts konnte ihr Lächeln trüben. »Nur eine notwendige Vorsichtsmaßnahme in dieser Welt der Terroristen und Fanatiker anderer Religionen, die sich durch die wunderbare Verbreitung der Lehre des Dormentalismus bedroht fühlen.«
Jack hätte zu gerne gewusst, wie lange sie gebraucht hatte, um diese Antwort auswendig zu lernen.
»So, so. Ich verstehe.«
»Wenn Sie Ihre Schlüssel und Ihr Kleingeld in diese kleine Schüssel legen würden – genauso wie im Flughafen –, lasse ich Sie durchgehen.«
Genauso wie im Flughafen … bei Jacks letzter Flughafenepisode hatte es ein paar heikle Momente gegeben. Hier jedoch erwartete er nichts dergleichen.
Während er seine Taschen leerte, blickte er an ihr vorbei und sah zahlreiche andere grau uniformierte Leute aller Altersstufen durch das zwei Stockwerke hohe Foyer eilen …
Foyer … richtig. Genau das war es. Dieses Haus war nicht gebaut wie eine Kirche oder ein Tempel, es sah aus wie ein Hotel. An der hinteren Wand befand sich ein Balkon. Wenn man genauer hinsah, konnte man sogar noch einige alte Artdeco-Verzierungen entdecken. Ihr Anblick weckte bei Jack die verrückte Erwartung, George Raft oder William Powell am Empfangspult stehen zu sehen.
Angesichts dieser grauen Uniformen hatte er jedoch eher das Gefühl, in ein Treffen von Raumschiff Enterprise-Fans geraten zu sein.
»Tragen Sie diese Uniformen ständig?«
»O nein, Sir. Nur im Tempel – und, natürlich auch, wenn wir von Tempel zu Tempel reisen.«
»Natürlich.«
Er sah eine uniformierte Frau hereinkommen und zum Drehkreuz gehen. Sie zog eine Karte durch einen Schlitz, wartete zwei Sekunden, dann ging sie durch die Sperre.
Jack lächelte. »Arbeiten Sie hier mit MetroCard?«
Christy kicherte. »O nein. Sobald Sie eine bestimmte Stufe erreicht haben, erhalten Sie eine Schlüsselkarte, die in unseren Computern registriert wird. Sehen Sie den Tempel-Paladin da drüben?«
Jack entdeckte einen untersetzten Mann, der ein paar Schritte entfernt in einer schalterähnlichen Kabine saß. Sein Jackett hatte den gleichen Schnitt wie Christys, allerdings war es dunkelrot, fast violett.
»Wenn Sie die Karte benutzen, erscheint Ihr Gesicht auf seinem Bildschirm, und er lässt Sie durch.«
Sie lächelte Jack entschuldigend an. »Ich fürchte, Besucher wie Sie müssen hier durchgehen.«
Zum zweiten Mal in zwei Stunden schob sich Jack durch einen Metalldetektor. Während er sein Kleingeld und seine Uhr wieder an sich nahm, hob Christy einen Telefonhörer ab und murmelte etwas in die Sprechmuschel. Dann legte sie auf und lächelte.
»Gleich wird jemand kommen und Sie in einen der Gesprächsräume begleiten.«
»Wer?«
»Atoor.«
Sie sprach es genauso aus, wie viele Frauen immer noch »Bill Clinton« sagten.
6
Ein paar Minuten später erschien ein gut aussehender Mann um die dreißig und kam mit ausgestreckter Hand auf ihn
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