Handyman Jack 08 - Der schwarze Prophet
fühlte, um längere Zeit vor der Staffelei zu stehen. Sicherlich eine Folge des hohen Blutverlustes, vermutete sie.
Aber selbst wenn sie vollständig bei Kräften gewesen wäre, hätte sie wahrscheinlich nicht allzu viel tun können. Sie fühlte sich einfach zu schwach, um zu malen, und nicht nur wegen des Blutverlustes.
Sie hätte beinahe ihr Baby verloren. Dr. Eagleton hatte ihr zwar versichert, dass alles in Ordnung sei, aber dies hieß noch lange nicht, dass so etwas nicht noch einmal passieren konnte. Sie hatte bereits eine Fehlgeburt hinter sich, vor Vicky. Wer sagte ihr, dass diese Schwangerschaft nicht genauso enden könnte?
Das Baby war zwar nicht geplant, aber der Kleine war da – sie wusste nicht, ob es ein »er« war, konnte aber nicht anders, als so an das Kind zu denken –, und sie konnte es kaum erwarten, das winzige Lebewesen im Arm zu halten und sein kleines Gesicht zu betrachten. Sie hatte seine ersten Bewegungen vor etwa zwei Wochen gespürt, und seitdem schien er keine Ruhe mehr geben zu wollen – vor allem seit der Blutung nicht. Was sie mit Zuversicht erfüllte.
Aber trotzdem konnte sie sich nicht gegen das Gefühl wehren, dass ein Damoklesschwert über ihr hing.
»Wie geht es dir?«, wollte Jack wissen.
»Gut. Bestens.«
In Wahrheit fühlte sie sich ein wenig benommen, aber davon würde sie Jack kein Sterbenswörtchen verraten. Er würde ihr dann keine Ruhe mehr lassen, würde eine Haushälterin engagieren, darauf bestehen, dass sie im Bett blieb … Dazu hatte sie absolut keine Lust.
»Du siehst aus wie ein Gespenst.«
»Es wird noch eine Weile dauern, bis mein Körper den Blutverlust ausgeglichen hat. Dr. Eagleton hat mir außerdem ein Eisenpräparat verschrieben.« Das ihr Magen offensichtlich nicht allzu gut vertrug.
Jacks Miene signalisierte große Sorge. »Warum setzen wir uns nicht?«
Ich dachte schon, du wolltest ewig stehen bleiben.
»Klar. Wenn du möchtest.«
Sie ging ins gemütliche Wohnzimmer, das englisch antik möbliert war, da als Eigentümerinnen des Hauses noch immer Vickys Tanten Grace und Nellie in den amtlichen Unterlagen geführt wurden. Diese beiden alten Damen weilten nicht mehr unter den Lebenden, aber das wussten nur Gia und Jack.
»Vielen Dank, dass du dich um Vicky gekümmert hast«, sagte Gia, während sie sich niederließ.
»Zuerst einmal brauchst du dich für nichts zu bedanken, das ich für Vicky tue. Egal was es ist.«
»Ich weiß. Ich wollte nur …«
»Und zweitens hat genau genommen sie für mich gesorgt. Sie ist ein ganz erstaunliches Kind.«
»Das ist sie wirklich.«
Sie machten es sich zwar Arm in Arm auf der Couch gemütlich, doch Gia spürte die innere Anspannung, unter der Jack stand.
»Du musst gleich wieder aufbrechen, nicht wahr?«
Er nickte. »Leider ja. Ich muss jemanden wegen einer Diskette sprechen.«
Sie schmiegte sich an ihn. »Okay, sei aber vorsichtig.«
»Ich bin immer vorsichtig.«
»Nein, das bist du nicht. Deshalb mache ich mir Sorgen.«
Und das tat sie. Ständig.
11
»Du willst eine CD zerstören?«, fragte Russ. Er trug dasselbe T-Shirt und dieselbe Jeans wie bei Jacks letzten beiden Besuchen. »Das ist einfach. Steck sie in einen Mikrowellenherd und grille sie, bis sie zerspringt wie ein alter Spiegel.«
Jack war gleich nach seiner Ankunft auf sein Anliegen zu sprechen gekommen – ehe Russ beginnen konnte, über seine letzten Literaturvorlesungen zu schimpfen. Der Sechserpack Sam Adams, den Jack mitgebracht hatte, tat ein Übriges, um ihn von akademischen Fragen abzulenken.
»Aber Russ, es geht doch darum, die Diskette unlesbar zu machen, ohne dass der Eigentümer auf die Idee kommt, dass sie von jemandem manipuliert wurde.«
»Na ja, das ist etwas anderes.« Er trank einen Schluck Bier. »Ich nehme an, wir haben es hier mit einer CD-ROM zu tun, und das ist gut, denn die lassen sich wesentlich einfacher beschädigen als bereits bespielte Kauf-CDs.«
»Ich dachte immer, eine CD sei eine CD.«
»In gewisser Weise stimmt das auch. Beide werden von einem Laserstrahl abgetastet, der Einser und Nullen von der Scheibe liest, aber …«
»Was ist mit Musik?«
»Das Gleiche: Einsen und Nullen. Ein binärer Code, mein Freund.«
»Moment mal. Du meinst, wenn ich, sagen wir mal, Jack Bruce zuhöre, wie er seine Bassläufe auf ›Crossroads‹ spielt, dann ist das alles nur eine Serie von Einsen und Nullen?«
»Genau. Die Musik wurde in einen binären Code übertragen, der auf die Diskette gebrannt wurde,
Weitere Kostenlose Bücher