Handyman Jack 10 - Der Erbe
stellte.
»Wir tun, was wir tun müssen. Das ist alles für ein höheres Ziel, für eine Sache, die größer ist als eine einzelne Person – oder auch drei Personen, nicht wahr?«
Der Oculus spürte, das war das Seelen rettende Mantra, das Davis sich wieder und wieder vorbeten musste, um diese Sache durchzustehen.
»Wir müssen dem Verbündeten vertrauen.«
Davis’ Miene blieb ausdruckslos: »Ja, dem Verbündeten vertrauen.«
»Ihr habt die Fahrzeuge?«
Davis nickte. »Wir haben sie vom Langzeitparkplatz am La-Guardia-Flughafen geholt. Es ist unwahrscheinlich, dass sie da in nächster Zeit vermisst werden.«
»Sehr schön. Wenn Sie zurückkommen, kommen Sie in mein Büro – kommen Sie allein –, dann können wir reden.«
Er hatte das Gefühl, Davis würde ein mitfühlendes Ohr brauchen, wenn all das vorbei war.
Der Oculus sah zu, wie sie aufbrachen, dann stieg er die Treppe hoch in sein Büro. Dabei wusste er gar nicht, was er da sollte. Er wollte nicht dasitzen und brüten. Er sollte die Zeit besser mit Diana verbringen und ihr bei ihren Schulaufgaben helfen. Wenigstens würde ihn das von dem ablenken, was geschehen würde.
12.
»Ich muss das hier haben, Mom, sieh dir das Cover an, ist das nicht niedlich? Kann ich es haben? Bitte bitte bitte!«
Gia wandte sich um und sah Vicky mit einer Ausgabe von Science Verse .
Sie hatte etwas Ärger bekommen, weil sie sie von der Schule geholt hatte. Offenbar war sie nicht die einzige Mutter gewesen, die ihr Kind heute in ihrer Nähe haben wollte. Aber nach einer sorgfältigen Personalfeststellung und nachdem Vicky bestätigt hatte, dass diese Frau wirklich ihre Mutter war, hatten sie sie gehen lassen.
Stellte sich nur die Frage, was sie tun sollten? Sie wollte sie nicht aus der Schule holen, nur um sie im Haus einzusperren. Da Vicky aus den meisten Sommersachen herausgewachsen war, bot es sich an, einkaufen zu gehen. Aber auch das stellte sie vor mögliche Probleme.
Gia entschied, solange sie sich von den Markengeschäften – sie konnte sich Saks, Gucci oder Bergdorf’s sowieso nicht leisten – und der 5th Avenue fernhielten, wären sie sicher.
Eigentlich ging sie auch nicht davon aus, dass etwas passieren würde, aber sie fühlte sich besser mit Vicky an ihrer Seite. Sie gingen zur Madison Avenue. Es gab viele gute Geschäfte für Kinder an der Madison Avenue. Sie kamen an einem Buchladen vorbei, der sich The Tattered Page nannte. Vicky liebte Bücher und hier bekam man sie neu und gebraucht. Wer könnte da widerstehen?
»Du willst ein Buch über Wissenschaft?«
Vickys Geschmack waren für gewöhnlich eher Geschichten und Spielereien mit Worten. Sie liebte Wortspiele über alles.
»Das ist von dem, der auch ›Kwatsch‹ geschrieben hat.«
»Na gut, in dem Fall nehmen wir es.«
»Toooollllll!«
Gia sah zu, wie sie das Buch aufschlug und zu lesen begann, sah zu, wie sie lächelte, wie ihre Augen über die Seiten tanzten. Sie hatte das Haar ihres Vaters …
Der Gedanke brachte die Erinnerung an Richard Westphalen zurück. Ein reicher, gut aussehender, aalglatter Engländer, dessen Schlagfertigkeit sie umgehauen hatte, als er nach New York gekommen war. Wenn sie doch den echten Mann dahinter gekannt hätte. Sie hatten geheiratet und sie hatte sich auf eine glückliche Zukunft gefreut. Sie war hin und weg, als sie von ihrer Schwangerschaft erfahren hatte, nicht so Richard. Da offenbarte er seine wahre Natur – ein Flegel und ein Grobian, wie es seine Tante Nellie formuliert hatte –, indem er sie einfach sitzen ließ. Er hatte nicht vor, Vater zu sein, und er hatte ihr geradeheraus gesagt, dass er sie nur wegen der Steuerersparnis geheiratet hatte, die ihm einen Pass der Vereinigten Staaten einbrachte.
Er war mit einer seiner Schlampen aus, als bei Gia die Wehen einsetzten. Ihre Familie war weit weg in Iowa, sie hatte keine engen Freunde und sie erinnerte sich immer noch an die Taxifahrt zum Krankenhaus als den einsamsten, traurigsten Moment ihres ganzen Lebens.
Aber als der Schmerz vorbei war und sie ihre Tochter im Arm hielt, verging die Einsamkeit und die Welt wurde zu einem wundervollen Ort.
Gott, wie sehr hatte sie das kleine Mädchen geliebt und um wie viel mehr liebte sie es jetzt. Tatsächlich war es einfach so, dass sie es liebte, Mutter zu sein. Sie fand es sogar toll, schwanger zu sein.
Sie versuchte sich vorzustellen, wie es sein würde, zwei Kinder zu haben, und sie fragte sich zum unzähligsten Mal, wie das neue Baby wohl sein
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