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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Libyer und Sikelioten des Galliers Audarido. Und nun machten die in die Ebene am Fluß gestürmten Elefanten kehrt und fielen mit gellenden Trompetenstößen über Spendius’ Nachhut her.
    Antigonos ließ den Zügel sinken und entspannte sich. Naravas’ Schwertspitze berührte seine Kehle. Der Massyler mußte geahnt haben, was Antigonos plante.
    »Ts ts ts! Du willst uns doch jetzt nicht verlassen, Metöke?«
    Naravas grinste. »Bleib noch ein wenig. Es gibt hier nichts mehr zu sehen – nur noch das Ende.«
    Antigonos seufzte. Hamilkar war vermutlich dort vorn, so nah und doch unerreichbar. Die Gefangenschaft war nicht so schnell zu beenden.
    »Und nun, Fürst der Numider?«
    Naravas zuckte mit den Schultern. »Wir warten noch ein wenig. Es wird kein Wunder geben – für die Söldner.«
    Noch bevor die Sonne im Mittag stand, war die Schlacht beendet. Punische Reiter und Elefanten jagten Flüchtende über die Ebene. Größere Trupps zogen sich in einer Art halber Ordnung zurück – nach Ityke, wo die Belagerer Wälle aufgeworfen hatten, hinter denen sie sich gegen Verfolger wehren konnten; zur Brückenfestung; und zum Libyerlager flußaufwärts.
     
    Die nächsten Nächte verbrachten die Massyler in einem abgelegenen Waldstück. Antigonos war immer unter Bewachung. Naravas hatte offenbar die Absicht, vor seiner großen Entscheidung das Land, die Wege, Städte, Brücken, Wasserstellen und möglichen Lagerplätze für ein Reiterheer gründlich und umsichtig zu erkunden. Hamilkars Sieg am Bagradas reichte noch nicht, den Fürsten zu einem endgültigen Beschluß zubewegen.
    »Es sind immer noch zu viele, und so einen Fehler machen sie kein zweites Mal – nehme ich an«, sagte er am dritten Abend nach der Schlacht. Seine Reiter hatten Versprengte aufgegriffen und befragt, waren auch mehrmals nahe am Bagradas gewesen. Naravas hatte sich mittags noch einmal mit Spendius und Audando getroffen.
    »Die beiden wollten mir erzählen, es wäre alles gar nicht so schlimm gewesen«, sagte er. »Aber es war ziemlich böse für die Söldner und die Libyer. Sechstausend Tote, an die dreitausend dürfte Hamilkar gefangen haben – und er hat nachgesetzt. Noch am selben Nachmittag hat er die Festung an der Brücke genommen. Die Punier können sich jetzt wieder halbwegs frei bewegen.«
    Antigonos forschte im Gesicht des jungen Massylers nach Antworten auf ungestellte Fragen. Schließlich sagte er: »Was hindert dich denn nun noch daran, zu Hamilkar zu gehen?«
    Naravas lächelte, aber es war ein Lächeln ohne Freude. »Die Libyer haben neue Verstärkungen zusammengezogen, die bald zu Spendius und Audarido stoßen werden. Auch nach dieser Schlacht sind sie immer noch weit überlegen – die Libyer nicht einmal eingerechnet. Hipu und Ityke werden weiter belagert; Hamilkar hat nicht genug Truppen, um dagegen wirklich vorzugehen. Und bei Tynes sitzt noch immer Hanno mit der Hälfte des punischen Heers und rührt sich nicht. Verlaß dich darauf, Herr der Sandbank – das Spiel ist noch nicht zu Ende.«
    »Außerdem«, sagte er eine Weile später, »kommt es ein wenig auf Zeit und Gelegenheit an.«
     
    Eine seltsam stumme Freundschaft entwickelte sich. Der Herr der Sandbank war natürlich kein gewöhnlicher Gefangener; und Naravas war offenbar der geborene Kriegerführer. Seine Männer schienen ihm blind zu vertrauen und ihn zu lieben. Aber er trug schwer an der Bürde, die sein Bruder und König ihm mitgegeben hatte. Antigonos begriff den Zwiespalt und versuchte nicht, weitere – ihn selbst kaum überzeugende – Reden über die Unverletzlichkeit von Qart Hadasht zu halten.
    Sie teilten das Zelt und die Dienste des wortkargen Kleomenes, und sie ritten zusammen. Antigonos konnte nur hoffen, daß der junge Massylerfürst beim Abwägen der für ihn und sein Volk bedeutenden Entscheidungen die Einwände und Prophezeiungen gewichtig finden würde.
    Als die Sommermitte vorüber war, begann Antigonos zu verzweifeln. Er hatte heilige Eide schwören müssen, nicht zu fliehen, und konnte sich im Rahmen des jeweiligen Lagers oder der Reitergruppe ziemlich frei bewegen. Es gab aber keine Möglichkeit festzustellen, ob Tsuniro und Memnon heil nach Qart Hadasht gekommen waren, und auch nicht die geringste Aussicht, ihnen oder sonst jemandem mitzuteilen, daß er noch lebte. Aus der Lage, soweit er sie sah, ließen sich Rückschlüsse ziehen, die ihm aber nicht allzu sehr halfen.
    Offenbar hatte sich der kleine Zwischenfall mit römischen Händlern

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