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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Massyler. »Die ganze Nacht. Bei diesem Wind scheint die Mündung des Flusses zu versanden – der Wind treibt das Meer zurück, und die Mündung ist breit und flach. Während alles auf die Feuer in der Ebene geachtet hat, und die Elefanten, die manchmal brüllen, ist Hamilkar in der Nacht mit allen anderen durch die Mündung gewatet und dann flußaufwärts, an der Brückenfestung vorbei.«
    Naravas strahlte. »Ah, er ist ein Daimon! Wer außer ihm… Weiter! Was ist dort drüben?« Er deutete auf die Staubwolken.
    Das Ufer unterhalb des Kamms füllte sich; ein paar Reiter galoppierten dem punischen Heer entgegen, hielten dann an. Hinter ihnen, die meisten im Laufschritt, kamen die Fußkämpfer aus dem oberen Lager, schwerbewaffnete Sikelioten und Libyer. Signaltrompeten schrillten, zerschnitten das Gebrüll der Männer.
    »Wir stehen hier gut«, sagte Antigonos spöttisch. Er berührte den Arm des jungen Fürsten. »Denk an meine Worte.«
    Naravas kratzte sich den Bart. »Wir werden sehen. – Was ist da in der Ebene?«
    Ein weiterer Reiter kam heran, sprang ab und taumelte zu seinem Herrn. »Die Krieger aus der Brückenstadt«, keuchte er.
    »Und Spendius mit vielen tausend vom Ring um Ityke.«
    »Wieviel hat Hamilkar?«
    »Vielleicht zehn Tausendschaften«, sagte einer der Kundschafter. Er spuckte aus. »Zu wenig.«
    Naravas kniff die Augen zusammen und starrte Antigonos an.
    »Das kann nicht einmal er schaffen«, sagte er leise. »Sie haben viermal so viele.«
    Die Libyer und Sikelioten unter dem Befehl von Audarido hatten angehalten. Sie bildeten eine Phalanx – dort, wo das Ufertal zwischen Bagradas und Waldkamm sich verbreiterte. Antigonos hatte bisher, wenn er »Söldner« hörte, an wirre Horden gedacht. Mit wachsendem Entsetzen verfolgte er die übersichtliche, schnelle Gliederung der Truppen. Die wenigen Reiter schienen eher Melder als Kämpfer zu sein; sie hielten sich an den Flanken auf. Immer wieder kam einer von ihnen zurück zu der kleinen Gruppe Berittener, die vielleicht fünfhundert Schritt von Naravas und Antigonos entfernt am Hang warteten. Einer von ihnen mußte Audarido sein. Signalbläser waren dabei.
    Zwei große Truppenkörper, einer näher zum Waldrand, der andere unmittelbar am Flußufer. Jeweils etwa hundertfünfzig Mann im Glied, vierzig Reihen tief – Zwölftausend schwerbewaffnete und keineswegs unordentliche Kämpfer. Zwischen den beiden Blöcken war ein Freiraum von etwa fünfzig Schritt Breite gelassen – für Meldereiter, für neue Entfaltungen, vielleicht auch als Gasse für die Elefanten. Zwischen der Spitze von Hamilkars Marschsäule und der Doppelphalanx der Söldner mochten noch zweihundert Schritt liegen.
    Einer der Reiter am Hang hob den Arm – Audarido. Ein grelles Trompetensignal. Die Phalanx rückte vor, im Schritt, im Schnellschritt, im Lauf. Die Elefanten schienen zu zögern; plötzlich brach die Reihe auf, die großen Tiere machten kehrt und stürzten sich auf die hinter ihnen in loser Formation folgenden Reiter.
    Naravas krampfte die Finger in Antigonos’ Schulter. »Nein , nein, nein«, sagte er immer wieder. »So schlecht können sie doch nicht gezähmt sein!«
    Die punische Reiterei, von den eigenen Elefanten zersprengt, löste sich auf, machte kehrt und prallte auf die Schleuderer und Speerwerfer. Staub, Geschrei, Durcheinander – viel mehr war vom Kamm aus nun nicht zu sehen. Naravas zerrte an seinem Bart, riß das Hauptgewand herunter und raufte sich die Haare. Eine dünne Reihe – wahrscheinlich die Leichtbewaffneten des in Auflösung begriffenen punischen Heers – entfernte sich schnell vom Fluß, floh in die Ebene, »Das war dies«, sagte Naravas dumpf. Er zog sein Obergewand wieder zurecht , bedeckte das Haupt, wand das bestickte Tuch um die Schläfen und legte eine Hand auf Antigonos’ Schulter. »O deine klugen Worte, Freund – aber nicht einmal Hamilkar kann mit schlechten Truppen gegen große Übermacht siegen. Das ist der Untergang von Qart Hadasht.« Er wies dorthin, wo flußabwärts die beiden großen Staubwolken sich vereinigt hatten – Söldner aus dem Belagerungsring um Ityke und die Besatzung der Stadt an der Brücke. »Das Ende, Metöke.«
    Antigonos beschirmte die Augen mit der Rechten und blickte auf die Ebene, das Getümmel, den Fluß. Am Südufer standen immer noch die vier Elefanten mit ihren Turmbesatzungen. Ruhig. Konnten sie so gelassen zusehen, wie Hamilkars fast vierfach unterlegene Truppen aufgerieben wurden? Warum flohen

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