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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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den Handflächen des jungen Massylers lagen der ägyptische Dolch und das punische Schwert.
    »Ohne Nahrung im Magen kämpft es sich besser.« Naravas lächelte. »Wasser und ein wenig Wein – mehr nicht. Wir wollen ja nicht im Getümmel absteigen und das Gesäß entblößen.«
    Kleomenes reichte Antigonos einen Becher. Das Gemisch war warm. Naravas kniete noch immer.
    Antigonos betrachtete seine Waffen, die Augen des Massylers, das Gesicht. »Du weißt, gegen wen ich die Waffe hebe«, sagte er heiser. Naravas nickte.
    Antigonos ließ das kurze Schwert auf den Händen des Fürsten liegen, nahm die Dolchscheide, zog die ägyptische Waffe heraus und führte die scharfe Klinge leicht über seinen linken Unterarm. Aus dem Schnitt quoll ein wenig Blut. Darin legte er den blanken Dolch in die Rechte des Massylers und nahm das Schwert.
    Naravas strahlte. Er schob den Ärmel hoch, schnitt sich mit Antigonos’ Dolch, nahm den linken Arm des Hellenen in die Rechte und streckte seinen linken Arm aus. Nachdem jeder vom Blut des anderen getrunken hatte, umarmten sie einander.
     
    Die Sonne stand noch nicht sehr hoch. Im Lager der Punier war es ruhig: Bewegung, aber kaum Lärm. Die Libyer hatten ihr unbefestigtes Lager bereits verlassen und formierten sich zur Schlacht. Ihre rechte Flanke berührte tief gestaffelt den Fluß. Ein Teil der erfahrenen Kämpfer von Spendius und Audarido befanden sich schon in der Ebene, die übrigen am Hang.
    Naravas besprach sich mit seinen Unterführern; es gab keine Widerworte. Dann ritt er langsam vor, gefolgt von hundert weißgekleideten Reitern. Antigonos fühlte sich sehr seltsam an diesem Morgen seiner ersten wirklichen Schlacht, in einem fremden Gewand.
    Etwa zweihundert Schritt vor dem mit Holz verstärkten Erdwall des punischen Lagers hielt Naravas an. Er winkte Antigonos und einen graubärtigen Massyler zu sich.
    »Bruder meines Vaters«, sagte er. »Bitte um eine Unterredung.«
    Der Graubärtige legte knapp die Hand an die Lippen und trieb sein Pferd vorwärts. Der Morgen war windstill. Hundert Schritt vor dem Wall legte der Numider die Hände an den Mund. Antigonos glaubte zu hören: »Naravas, jüngerer Fürst der Massyler, begehrt ein Gespräch mit Hamilkar dem Blitz«, aber Naravas’ Vaterbruder war zu weit fort, und in den Ohren des Hellenen rauschte es.
    Ein Teil des Verhaus wurde geöffnet. Zwanzig Schwerbewaffnete kamen aus dem Lager, blieben stehen; in den von ihnen gebildeten Halbkreis trat Hamilkar Barkas. Er trug einen schlichten Kesselhelm, zu stumpf, als daß die Sonne sich in ihm hätte spiegeln können. Um die Schultern lag das Fell eines Leoparden; über dem Chiton saß der metallbesetzte Lederpanzer. Der riesige, breitschultrige Mann trat ein paar Schritte vor, zog das Schwert aus der Scheide und reichte es einem seiner Fußkämpfer.
    Der alte Numider beruhigte sein tänzelndes Pferd und gab Naravas ein Zeichen. Der junge Fürst winkte Antigonos und ritt vor. Als sie den alten Massyler erreichten, stieg Naravas ab, warf dem Vaterbruder die Zügel zu, reichte ihm seinen Speer und ging zum punischen Lager. Über die Schulter sagte er:
    »Mitkommen, Blutsbruder – aber verbirg dein Gesicht und bleib ein wenig zurück.«
    Fünf Schritte vor Hamilkar hielt er an. Antigonos, etwa zehn Schritte hinter ihm, hatte einen Zipfel des langen Kopftuchs über Mund und Nase gezogen. Nun, aus der Nähe, sah er, daß der Blitz das graue Fell des yama unter dem Panzer trug.
    Hamilkar musterte den jungen Mann. »Du hast Mut, Naravas Sohn des Masyas und Bruder des Gya«, sagte er. Die tiefe volle Stimme klang gelassen. »Neuerdings sind ja Gesandte nicht mehr besonders heilig. Warum willst du mit mir reden?«
    Naravas richtete sich noch ein wenig höher auf. »Als ich nach Sizilien wollte«, sagte er laut, »um unter deinem Befehl zu kämpfen, ging der Krieg zu Ende. In diesem neuen Krieg will ich nicht zu spät kommen – aber auch nicht zu früh.«
    »Ich höre deine Worte. Wenn du jetzt kommst, kommst du im allerbesten Augenblick. Was forderst du – was bringst du?« Naravas wies über seine Schulter zurück. »Zweitausend Speere der Massyler.« Er zögerte. »Für deine Freundschaft.« Hamilkar schüttelte langsam den Kopf. Unendliches Mißtrauen schwang in seiner Stimme mit. »Nichts sonst , Numider? Spendius wird dir halb Qart Hadasht versprechen.«
    »Er hat mir halb Qart Hadasht versprochen«, sagte Naravas scharf. Er wandte sich um und winkte Antigonos zu sich.
    »Vielleicht

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