Hanibal
»Diesmal bürge ich persönlich für den Sold und die Einhaltung der Abmachungen. Qart Hadasht ist mächtig und wird sich nicht vor Matho, Spendius, Zarzas und Audarido beugen. Ihr könnt wählen – für oder gegen Qart Hadasht, Karchedon, Neapolis, Karthago; für oder gegen Hamilkar Barkas; für oder gegen euer Leben. Wer nicht will, der kann gehen, denn ich habe keine Verwendung für Gefangene und bin kein Schlächter, der Gefangene tötet. Geht heim – aber kommt nie zurück. Wer will, kann mit mir ziehen, Gold und Ruhm und Ehre und den Sieg haben. Aber wer jetzt geht und sich wieder den Aufrührern anschließt, der hat nichts mehr vom Leben zu erwarten. Ein zweites Mal gibt es keinen freien Abzug. Beim nächsten Kampf werden alle, die heute freikommen und sich wieder den Aufrührern anschließen, verstümmelt, gekreuzigt, von Elefanten zertrampelt. Dafür habt ihr mein Wort.«
Im Lauf des Tages meldeten sich fast viertausend Gefangene, die in punische Dienste treten oder zu Hamilkar zurückkehren wollten. Die übrigen, nicht ganz tausend, vor allem Libyer, wurden am Nachmittag freigelassen und waffenlos, aber mit ein wenig Mundvorrat fortgeschickt.
Antigonos suchte vergeblich nach einem bekannten Gesicht in den Reihen der punischen Reiter. Schließlich, abends, wandte er sich doch an Hamilkar.
»Weißt du irgendwas über Tsuniro und Memnon?«
Hamilkar stutzte; dann lächelte er. »Ah – du kannst ja nichts von ihnen wissen. Stimmt. Sie sind gut in Qart Hadasht angekommen. Und inzwischen – der Sommer geht zu Ende; wahrscheinlich bist du bereits wieder Vater.«
ANTIGONOS KARCHEDONIOS, HERR DER SANDBANK, KARCHEDON, AN ATTALOS KARCHEDONIOS, DURCH DIE GILDE DER WEINBAUERN , MASSALIA
Gruß, Gesundheit und Wachstum, den Genuß deiner Gemahlin und Freude ob der Kinder – o mein Bruder: Die durch den Tod unserer Mutter gerissene Lücke hat sich geschlossen. Dein Neffe Ariston zählt nun fünfzehn Monde. Er ist schwarz wie seine Mutter Zouneirõ, die du nicht kennst, und munter wie tausend Bilchmäuse im Sommer. Dieser Munterkeit bedürfen wir dringlichst, denn an Fröhlichem herrscht Mangel, dieser jedoch im Überfluß.
Sei zunächst gewiß: Karchedon wankt, aber Karchedon wird nicht stürzen – noch nicht. Die Nachrichten, auf die du dich berufst, entstellen die Dinge; daher hier das, was wirklich geschah.
Nach dem großen Sieg des Barkas in der Ebene sprach sich in den Reihen der Söldner seine Milde herum, und viele gedachten, ihren alten Lehrmeister und Strategen wieder aufzusuchen. Die Anführer – es sind die Libyer Mathõs und Zarzas, der Italier Spendios und der Kelte Autaritos – erwogen, jegliche Aussöhnung auf immer zu vereiteln, und verfielen auf den ärgsten Frevel. Die Heiligkeit der Gesandten, die Würde der Gefangenen mißachtend nahmen sie den Ratsherren Giskon und siebenhundert weitere Karchedonier, die im Gefängnis zu Tynes wider alles Recht festgehalten wurden, hackten ihnen die Hände ab, schnitten Nasen und Ohren der Unglücklichen ab, zerbrachen ihnen die Beine und warfen sie in einen Graben, wo sie elend umkamen. Ein punischer Herold, der die Leichen erbat, wurde abgewiesen; hinfort, sagten die Ruchlosen, werde man jeden Herold oder Gesandten töten. Dies war der schwarze Tag, der alle Aussöhnung verhindert.
Vermittlung und Aussöhnung war der Auftrag einer römischen Gesandtschaft, aber die Beauftragten des Senats schauderten und brachen alle Gespräche mit den Söldnern ab, als sie Zeugen des Frevels wurden. Nicht, als ob Rom niemals Frevel begangen hätte – der Bruch der alten Freundschaft mit Karchedon und die Auslöschung friedlicher Bürger in Akragas sind nur einige. Aber selbst für Rom scheint es Grenzen zu geben. Mathõs hatte Boten an die Söldner der punischen Festungen in Sardo und Kyrnos geschickt und sie aufgefordert, sich der Erhebung anzuschließen. Sie taten dies, töteten im sardischen Sulkoi ihren Strategen Bostar und baten Rom um Beistand, boten dem Senat gar beide Inseln an. Rom lehnte ab.
Nicht nur dies. Nachdem die Mißverständnisse wegen einiger Kaufleute bereinigt, diese freigelassen und sogar die letzten punischen Kriegsgefangenen aus Sizilien heimgeschickt waren, setzte Rom gewisse Teile des zwischen Gaios Loutatios und Hamilkar geschlossenen Vertrags aus und ließ Karchedon sikeliotische Söldner werben. Gleichzeitig gewährte Roms alter Bundesgenosse des Kriegs, Hieron von Syrakosai, Karchedon eine große Anleihe und lieferte
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