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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Er lachte halblaut. »Versuch es. Aber sieh zu, daß dein Körper und deine Geschäfte in Sicherheit sind. Du redest nicht mit einem kleinen punischen Händler, der sich vor deinen Drohungen fürchten muß.«
    »Ich rede mit einem armseligen Metöken«, sagte Hanno heftig.
    »Soll ich dir wieder ein wertloses Dorf verkaufen, Punier?
    Oder hättest du lieber fünfzig halbgezähmte Kampfelefanten, die deinen Palast durchstöbern?«
    Bei den Barkiden breitete sich Kichern aus; einige »Alte« verbargen ihre Münder. Hanno schwieg; er bemühte sich, Antigonos in den Boden zu starren, aber offenbar war ihm klar, daß er einen schlimmen Fehler gemacht hatte. Die Schlangenaugen überzeugten den Hellenen nicht.
    »Du solltest dir überlegen, Punier, mit wem du redest, bevor du den Mund öffnest.« Antigonos legte Milde, herablassende Überraschung und einen Klang von brüderlicher Sorge in seine Stimme. »Aber dieser kleine Fehler mindert natürlich keineswegs deine Größe. Von der übrigens im Moment die ganze Stadt spricht.« Er hob eines der Papyrosstückchen. »Drei feine Zeilen über die Größe an sich, Hanno. Vom größten Dichter der Stadt. Hör zu.
    Groß die Zypressen des Hains der Tanit: die Priester im Schatten. Größer der westliche Wall: Sein Schatten verbirgt alle Kämpfer. Größter ist Hanno, denn er verfinstert Libyen völlig.
     
    Wie lange wollen sich eigentlich«, rief Antigonos durch das allgemeine Johlen, »die Priester der Tanit von dir vorschreiben lassen, in welcher Stadt und in welchem Tempel sie die Göttin preisen? Wie lange, o ihr edlen Herren des Rats von Qart Hadasht, soll dieser beschränkte Geist bestimmen, ob und wie viele Kämpfer in der Isthmos-Mauer leben und die Stadt schützen?«
    Er wartete, bis auch der letzte barkidische Ratsherr wieder still war. Dann hob er den Papyros erneut. »Auch über die Herrlichkeit hat der Dichter nachgedacht. Lauschet, edle Herren, denn es ist wahrlich erhebend und beglückend.
     
    Herrlich der Metzger, der mit dem Messer den Bullen verschneidet.
    Herrlicher Rom – mit dem Schwert entmannt es die Italioten. Herrlichst ist Hanno, denn er kastriert sein Volk mit dem Schreibhalm.
     
    Und ihr besudelt eure Finger, indem ihr ihm das Schreibried führt bei seinen Erlassen und gesetzlosen Gesetzen!«
    Hanno hatte die Augen geschlossen; er saß reglos im Trubel.
    Die meisten seiner Parteigenossen lachten, schlugen sich die Schenkel, tauschten halberstickt Bemerkungen aus. Die Barkiden feierten ein Fest. Antigonos blickte sich zu den Suffeten um; einer der beiden hatte Lachtränen in den Augen, der andere bemühte sich, den Schlegel für den Gong zu ergreifen, wobei er sich wand und zuckte.
    Seit mehr als zehn Jahren hatte Hanno keinen halbwegs ernstzunehmenden Gegner im Rat gehabt, überlegte Antigonos; für diese Sitzung und vielleicht für zwei oder drei weitere war der Punier erledigt. Aber so konnte es nicht immer gehen. Hasdrubal war fern. Selbst bei dauernder Anwesenheit des barkidischen Führers wäre Hanno auf diese Weise nur einmal zu Fall zu bringen. Er würde wieder aufstehen und beim nächsten Mal andere Pfeile im Köcher haben. Aber es konnte kein nächstes Mal geben – was Antigonos betraf. Er wußte, daß er nie wieder in den Rat gebeten werden würde. Und selbst wenn – so würde Hanno sich nicht noch einmal zerfetzen lassen.
    Der Punier schien Antigonos’ Blick gespürt zu haben; er öffnete die Augen und wandte ihm das Gesicht zu. In den kalten Augen war fast eine Art Wärme – beherrschter Haß. Und Anerkennung. Antigonos seufzte. Ohne jeden Zweifel war Hanno ein großer und furchtbarer Gegner. Diese Größe, diese Fähigkeiten, dieser Kopf, eingesetzt für Karchedons Größe, an Hasdrubals Seite!
    Nach und nach wurden die Gongschläge vernehmbar; Ruhe kehrte ein. Nicht weit von Antigonos, der immer noch bei den »Alten« stand, erhob sich der Ratsherr Boshmun.
    »Zur Sache, Metöke. Nachdem wir nun ausreichend über die schlechten Verse gelacht haben – was willst du wirklich?«
    »Zweierlei. Flotte und Heer bleiben. Und: Es gibt keinen Aufsichtsrat.«
    »Du kennst die Stimmenzahlen. Was, wenn wir anders abstimmen als du willst?«
    Antigonos nickte. »Damit muß ich rechnen. Nun denn – dies geschieht, wenn Hannos Herrschaft weiter um sich greift.« Er blickte die »Alten« an, Gesicht um Gesicht. »Im letzten Jahr sind die Unternehmungen der Sandbank und der zugehörigen Geschäfte gut gewesen. Der Umsatz über punische Häfen und

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