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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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gewissermaßen guter Punier darf ich wohl von meinem Erstaunen sprechen. Erstaunen darüber, daß Hanno der Große in dieser Weise um die Sicherheit der Stadt und des Landes besorgt ist.« Antigonos wandte sich den »Alten« zu. »Nachdem er diese Sicherheit im Römischen Krieg untergraben hat, indem er Geld für das Heer und die Flotte blockierte und fähige Befehlshaber wie den Nauarchen Adherbal durch hirnlose Trottel wie seinen Namensvetter Hanno ersetzte. Nachdem er« – Antigonos’ Stimme wurde schneidend und war durch den beginnenden Aufruhr zu vernehmen – »im Libyschen Krieg als Stratege lächerlich versagt hat. Nachdem er uns seit Jahren erklärt, die Männer um Hamilkar Barkas und Hasdrubal, die den Untergang der Stadt verhindert haben, seien unsere Totengräber, die römischen Räuber unsere Freunde. Immerhin, er scheint der Besserung fähig.«
    Einer der Suffeten betätigte den Gong. »Solche Worte, Metöke, sind hier unüblich. Mäßige deine Zunge.«
    Antigonos lächelte kalt und hob Hasdrubals Briefrolle. »Ich spreche jetzt nicht als Metöke«, sagte er, »sondern als Mund und Stimme des Strategen von Libyen und Iberien, Hasdrubal.« Er ging zu den Suffeten und hielt ihnen das Schreiben hin, so daß sie die entsprechende Stelle lesen konnten. Dann rollte er es wieder ein; der Rest war zu wichtig für die falschen Augen.
    Hanno beschwichtigte seine Leute. »Das Gerede eines Metöken sollte uns nicht aus der Fassung bringen, Freunde. – Was will Hasdrubal?«
    »Zunächst einmal will er, daß zumindest in dieser einen Ratssitzung liemand deine Füße ablutscht, Hanno; und daß ein einziges Mal anziemliche und grobe Worte der Wahrheit gesagt werden.« Hanno verschränkte die Arme vor der Brust und reckte das Kinn vor.
    Mit einem Blick gab er den Suffeten zu verstehen, daß er mit dem Metöken allein fertigzuwerden gedachte. Und wer tatsächlich die Ratssitzung leitete.
    Antigonos betrachtete seinen Gegenspieler, der darauf wartete, daß es wieder ruhig wurde. Hanno trug eine knielange Seidentunika mit asymmetrischen Purpurstreifen. Um die Schultern hatte er die schwarze Wollschärpe gelegt, deren Bestickung ihn als Hohen Priester des Baal auswies. Der Schädel, der sich zu lichten begann, war von einer runden Filzkappe mit Goldborten bedeckt. Der gestutzte Bart war fast weiß. Antigonos bedachte mit Trauer und einer Art Empörung, daß Hamilkar, im gleichen Jahr geboren wie Hanno, schon fast vier Jahre der Welt fehlte, während der fünfundfünfzigjährige Führer der »Alten« immer noch den Erdboden belastete. Aber er spürte auch die düstere Magie des Mannes, die Kraft und Macht, die er ausstrahlte.
    Hanno streckte einen beringten Zeigefinger aus. Der grüne Stein schleuderte einen matten Blitz. »Sprich, Metöke. Worum bittet Hasdrubal?«
    Antigonos blickte zu den Barkiden, dann zu den Suffeten.
    »Keine Bitte, Hanno – ein Befehl des Strategen von Libyen und Iberien. Der vor zwölfeinhalb Jahren ausgehandelte Vertrag ist einzuhalten. Zu deiner Erinnerung: Qart Hadasht billigt die Wahl des Strategen durch das Heer; Qart Hadasht unterhält eine ausreichend abschreckende Flotte; Qart Hadasht bezahlt ein stehendes Heer zum Schutz der Stadt und des Landes. Für diese beiden Aufgaben hat der Rat in den vergangenen zehn Jahren keinen einzigen shiqlu punischen Geldes ausgeben müssen – alles konnte mühelos mit den Silberströmen bezahlt werden, die die Barkiden aus Iberien fließen ließen.«
    »Zutreffend, Metöke.« Hanno musterte ihn mit seinen Schlangenaugen. Eine Art Lächeln lag um seinen Mund. »Aber die Zeiten haben sich geändert, die Voraussetzungen ebenfalls. Hasdrubal unterhält in Iberien bereits mehr Truppen, als für Iberien und Libyen zusammen vorgesehen waren. Und seine Flotte ist erheblich.«
    »Unwichtig, Pumer. Zeiten und Voraussetzungen haben sich nur insofern geändert, als heute das Reich in Iberien viel größer ist und mehr Schutz braucht. Libyen und das Meer haben sich nicht verändert. Wenn also Hasdrubal mehr Krieger und mehr Schiffe braucht und selbst bezahlt, um euch einen größeren Markt und mehr Silber zu schenken, ist das eine Sache, die mit dem damaligen Vertrag nichts zu tun hat. Aber ich will nicht mit dir streiten – ich stehe hier für den Strategen und befehle.«
    »Dafür«, sagte Hanno scharf, »werde ich dich zermalmen, Metöke, sobald du den Rat verlassen hast.«
    Im Saal herrschte gespenstische Stille. Antigonos hob eine Braue. »Versuch es, Hanno.«

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