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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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daran gewöhnt waren, mit den kleineren Elefanten in die Schlacht zu ziehen. Die Verwirrung, die sie in den eigenen Reihen auslösten, war fast größer als die Wirkung auf iberische Feinde. Hannibal hatte sie nach Qart Hadasht in Libyen geschickt. Mit leichtem Bedauern zweifellos; wie die indischen Elefanten, die fast zehn Fuß hoch wurden, hätten die libyschen Großtiere Sitzkörbe mit Bogenschützen in den Kampf tragen können. Allerdings war Antigonos eher skeptisch, was den Einsatz von Elefanten gegen römische Legionen betraf. Die einzige Aufgabe, die ihnen gegenüber den harten, ausdauernden, gut ausgebildeten Bürgerkriegern Italiens sinnvollerweise zukam, war die Bildung von Stoßkeilen zum Aufbrechen starrer Linien. Und der Versuch, mit ihnen römische Pferde zu erschrecken und die feindliche Reiterei auszuschalten. Aber beides konnten die von einem »Inder« und einem Speer – oder Pfeilwerfer gerittenen kleinen Elefanten ebensogut. Nicht einmal acht Fuß hoch – aber für italische Pferde würden sie grauenhafte Ungeheuer sein, und mit den scharfen Messern auf den Stoßzähnen mochten sie auch die Legionen erschrecken.
    »Wie geht es Hannibals besonderem Freund?«
    Der Ägypter lächelte. »Syros? Gut, gut. Ah, ich vergaß – du hast ihn dem Strategen geschenkt, nicht wahr? Wenn es zwei oder mehr wären, gäbe es sicher Schwierigkeiten. Aber mit dem einen indischen Tier kommen die libyschen gut zurecht. Sogar die Pferde.« Er kicherte. »Er hat ja so kleine Ohren. Neulich hat ein numidischer Hengst versucht, daran zu knabbern. Mich erstaunt immer wieder, daß er mit dem einen Finger am Rüssel genauso geschickt ist wie die libyschen Elefanten mit ihren zweien.«
    Als der Pfleger sie verlassen hatte, beugte Memnon sich plötzlich vor. »Vater.« Er flüsterte. »Wie lange willst du mitreiten?«
    Antigonos blickte in die Augen seines Sohns. »Ich weiß nicht. Eigentlich bis zum Rhodanos; aber Hannibal scheint es für fraglich zu halten, ob Bomilkar wirklich auf mich warten kann. Wegen der Römer und der Massalioten. Warum?«
    Memnon legte seine Wange an die von Antigonos. »Darum.
    Es ist gut, dich oft zu sehen.«
     
    Hannibal handelte den friedlichen Durchzug aus; wie eine unermeßliche Raupe fraß sich das Heer durch die fruchtbare Landschaft Galliens. Entscheidend war gewesen, daß der Punier den Fürsten hatte glaubhaft machen können, daß er keineswegs beabsichtigte, gallisches Land zu erobern, sondern daß der Gegner Rom war. Und Rom war nicht nur mit dem ungeliebten Massalia verbündet; Rom hatte die norditalischen Verwandten der gallischen Kelten geknechtet, entrechtet, niedergemetzelt. Die Verbindungen zwischen den Völkern waren gut und fast innig; mehrere gallische Fürsten waren in Italien gewesen, viele hatten Besucher von dort empfangen. Es gab Verwandtschaften durch Heirat – und da die Küste von den hellenischen Städten Massalia, Athenopolis, Antipolis und Nikaia verseucht und weiter östlich von den nichtkeltischen Ligurern besiedelt war, führten die Verbindungswege über die Alpen; man hatte viele wichtige Gedanken erörtert – wie Hannibal sagte.
    Dreiundzwanzig Tage nach Überschreiten der Pyrenäen erreichte der lange Zug den Rhodanos – etwa einen Mond vor der herbstlichen Tag-und-Nacht-Gleiche. Fast einen Mond mehr als vorgesehen hatten zwischen Iberos und Pyrenäen die Kämpfe und Befestigungen verschlungen, mindestens drei Tage der Umweg vom Pyrenäenpaß nach Illiberis – ostwärts zum Meer und dann nach Norden, statt gleich nordnordöstlich.
    Am Rhodanos kam es zur nächsten Verzögerung. Hannibal schien alles ruhig hinzunehmen; die Offiziere, die das Ziel des langen Marschs kannten und ungefähr wußten, wieviel Zeit noch blieb, rangen mit sich und diesem Wissen. Solange die Truppen nicht eingeweiht waren, konnte man sie nicht zur Eile antreiben. Es war ohnehin schwierig genug. Nicht für die Reiter; sie konnten das, was sie für sich und ihre Tiere brauchten, in zwei zusammengebundenen Säcken oder Schläuchen über die Pferderücken hängen. Karren hätten die Marschgeschwindigkeit unerträglich verringert; die nicht sehr zahlreichen Packtiere trugen vor allem das Werkzeug der Waffenschmiede, Kriegsbaumeister und Handwerker, Arzneien und Verbandszeug, schließlich kleine Mengen an Dauernahrungsmitteln – getrocknete Weinbeeren, Salzfleisch, Dörrfisch. Alles andere schleppten die Fußkämpfer, neben ihren Rüstungen, Kleidern und Warfen: Dolch, Schwert, Schild und

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