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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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unendlich überlegen war, der aus jeder Lage das Beste und fast aus jeder Notlage einen Triumph machen konnte. Und einen Mann, dem im Feld die Truppen bedingungslos ergeben waren; nach dem weichen Winterlager in Capua hatte es beim ersten unglücklichen Treffen mit Claudius Marcellus vor Nola kriegsmüde Überläufer gegeben – genau zweihundertzwölf Iberer und Numider. Die Römer hatten sie geehrt, mit Gold überhäuft und in Sicherheit gebracht, aber alle anderen – Kelten, Iberer, Balharen, Ligurer, Mauretanier, Gätulier, Libyer, Numider, Punier – zogen Hannibal und die Entbehrungen des grausamen Kriegs einer Erlösung durch Übergang zum Feind vor.
    Und die Ältesten bedachten, was wohl geschähe, wenn Hannibal die Mittel erhielte, den Krieg siegreich zu beenden. Die Mittel waren da, alle wußten es – aber wer sollte den siegreichen Hannibal, von den Truppen vergöttert und vom Volk bejubelt, in die Schranken weisen? Nach dem Libyschen Krieg hatte Hamilkar geschwankt und sich dann gegen eine gewaltsame Machtübernahme entschieden. Aber der große Hamilkar war in der Stadt aufgewachsen, sein Sohn in der Fremde, in Iberien, im Feld. Hamilkar hatte im Rat gesessen und sich der viele hundert Jahre alten Einrichtungen bedient, hatte sie geachtet, wenn auch oft im Zorn – aber Hannibal kannte sie nicht oder kaum, hatte keinerlei Grund, sie zu achten, und würde nach dem Sieg keinen Anlaß haben, sich zu mäßigen. Und er hatte zwei Brüder, fast ebenso groß und für den Rat furchtbar wie er.
    Antigonos wußte zu gut, daß keiner der Barkas-Söhne mit Gewalt nach der Macht greifen würde; bisweilen bedauerte er, vor zweiundzwanzig Jahren in der entscheidenden Beratung Hamilkar und Hasdrubal den Schönen zur Achtung der Einrichtungen und zum Verzicht auf Gewalt gedrängt zu haben. Er begriff aber auch die Furcht der Ratsherren – der »Alten« wie der Barkiden – vor der siegreichen Heimkehr des Strategen an der Spitze von Truppen, die nicht der Stadt, sondern dem Strategen ergeben waren.
    Was er begriff, aber nicht hinzunehmen vermochte, und was ihn immer wieder in ohnmächtige bebende Wut versetzte, war das Verdursten des punischen Esels zwischen zwei gleich nahen Brunnen. Der Rat wollte alles und nichts, möglichst gleichzeitig und sofort. Iberien behalten, Sardonien zurückgewinnen, die alte Epikratie auf Sizilien wieder errichten, aber Rom nicht durch einen zu starken Hannibal besiegen lassen. Sie begriffen nicht, daß Rom erst dann keine Truppen mehr nach Iberien, Sardonien und Sizilien schicken würde, wenn die Stadt am Tiberus am Boden lag; und daß keiner außer Hannibal sie niederwerfen konnte. Der gleiche verhängnisvolle Irrtum, die gleiche Fehleinschätzung wie im ersten Krieg – die Annahme, Rom werde sich früher oder später auf einen Ausgleichsfrieden einlassen, wie Qart Hadasht es oft getan hatte. Der Bruch des Friedensvertrags, die Erpressung nach dem Libyschen Krieg, das Unterlaufen des Iberos-Vertrags durch das nachträgliche Bündnis mit Zakantha konnten die punischen Ratsherren nicht belehren. Rom schloß keinen Ausgleichsfrieden; Rom unterwarf oder wurde unterworfen. Die Möglichkeiten waren da – der Senat lieh Geld von den reichsten Bürgern Roms, um den Krieg fortsetzen zu können; Qart Hadasht besaß auch nach den Flottenbauten und Anwerbungen des vergangenen Jahres noch immer genug verfügbares Silber.
    Wieder und wieder hatte der Hellene zusammen mit Bostar versucht, die ehrbaren alten Herrn der barkidischen Partei zu überzeugen – vergebens. Es wäre leicht gewesen, neben den fünfzigtausend Kämpfern, die in den letzten fünfzehn Monden angeworben worden waren, weitere zwanzigtausend aufzubieten, die Flotte noch einmal zu verstärken und dann alles gezielt einzusetzen. Syphax mochte seinen Krieg gegen die übrigen Numider führen; die Masaesyler konnten nicht innerhalb von zwei Jahren die Massyler zermalmen, und vor Ablauf der beiden Jahre würde Qart Hadasht Masinissa helfen können. Freie Hand für Hasdrubal in Iberien, und vielleicht dreißigtausend zusätzliche Kämpfer; zusammen mit Himilko und Qarthalo und den Hasdrubal ergebenen iberischen Stämmen mußte es ihm möglich sein, die beiden Cornelier wenn nicht zu schlagen, so doch einzudämmen und den Weg für ein iberisch-libysches Heer unter Magos Führung freizumachen, das über die Pyrenäen und Alpen nach Italien ziehen und Rom von Norden angreifen konnte. Von den in der Rechnung übriggebliebenen vierzigtausend

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