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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Zufall einen fünften Schauplatz hinzu: das westliche Numidien.
    In Iberien standen nun, dank der weisen Beschlüsse des Rats , fünf Feldherren: Hasdrubal, Mago, der im Vorjahr zu Hasdrubal gesandte Himilko, der mit Mago eingetroffene Qarthalo, schließlich auch noch der jüngere Sohn des ehemaligen barkidischen Suffeten Bomilkar, Hannibal, Bruder jenes Hanno, der in Italien weilte. Alle fünf waren von je zwei Mitgliedern des Rats der dreißig Altesten begleitet; vorübergehend gelang es Hasdrubal und Mago, die Gerusiasten gegeneinander auszuspielen. Während Mago den Süden Iberiens zu beruhigen begann, zog Hasdrubal ausgewählte Truppen zusammen und rückte gegen die Römer vor. Es kam zu mehreren kleinen Gefechten; Publius und Gnaeus Cornelius Scipio stellten sich erst dann zu einer Schlacht, als die Ältesten wieder bei Hasdrubal waren und in Einzelheiten der Aufstellung hineinredeten. Die Schlacht ging verloren. Und römische Gesandte zogen den Fürsten Syphax, Herrscher der Masaesyler im westlichen Numidien, auf ihre Seite.
    Als damit plötzlich die Landverbindung zwischen Qart Hadasht und den Säulen des Melqart in Gefahr geriet, übertraf der Rat sich selbst noch einmal. Statt, wie von Hasdrubal vorgeschlagen, in Libyen und bei den Massylern neue Truppen zu werben, Mago zu unterstellen und ihn gegen Syphax zu schicken, beriefen die Altesten Hasdrubal aus Iberien ab – Hasdrubal, der als einziger hohes persönliches Ansehen bei vielen iberischen Stämmen genoß. Er erhielt auch weder freie Hand noch neue Truppen, sondern sollte mit den in Iberien dringend benötigten Einheiten übersetzen.
    Der Baum des Wahnsinns trug bald Früchte. Die nach Sardonien entsandten Krieger unter Hasdrubal dem Kahlen, der alle Warnungen mißachtete und sich zur offenen Schlacht stellte, wurden von römischen Truppen vernichtet. Kämpfer, die unter Hannibal in Italien ausgereicht hätten, den Krieg zu entscheiden, starben sinnlos auf einem Nebenschauplatz.
    Die einzigen Lichtblicke, abgesehen von dem zunächst folgenlosen Übertritt des Königs von Syrakosai, lieferten Hannibal, Hasdrubal und Mago. Hannibal baute trotz aller Widerstände und seiner Truppenknappheit die punische Stellung in Süditalien aus; Mago gelang es, Anweisungen der Gerusiasten mißzuverstehen und die iberischen Verhältnisse zu ordnen – so gut, daß die Cornelier in Rom Verstärkung erbaten, die Rom nicht schicken konnte; Hasdrubal schließlich brachte das Kunststück fertig, in einem Sturm vor den Säulen des Melqart vier von sechzig Lastschiffen zu verlieren, zufällig auch die beiden, auf denen sich die ihn behindernden Ältesten befanden. Darauf sandte er drei Viertel der zum Übersetzen vorbereiteten Truppen zurück zu Mago, hob in Gätulien, Mauretanien und den metagonischen Küstenstädten neue Kämpfer aus, besiegte Syphax in einem ersten Treffen und schloß einen persönlichen Freundschaftsbund mit Masinissa, dem Fürsten der Massyler.
    Insgesamt war es ein verlorenes Jahr, ein Jahr sinnloser Unternehmungen und vermeidbarer Rückschläge. Rom litt furchtbar unter dem Krieg, führte ihn aber mit aller Entschiedenheit und Härte; Qart Hadasht schwamm in Üppigkeit und Überfluß, war großzügig bei nutzlosen Unterfangen und geizig bei allem, was Hannibal und den eigentlichen Krieg betraf.
    Die Methode, die hinter diesem Wahnsinn steckte, war nicht schwer zu entdecken, aber es dauerte einige Zeit, bis alle Feinheiten sichtbar wurden – sichtbar für wenige.
    Selbst Antigonos, der die verdeckten Abläufe durchschaute, sah gewisse Dinge zunächst nicht. Sie waren auch nicht so offensichtlich; zudem war es das Jahr nach Cannae und nach Memnons Tod, das Jahr seiner tiefsten Niedergeschlagenheit. Je wirrer die Beschlüsse des Rats wurden, je lauter der Jubel der Bevölkerung über vermeintlich mutige Maßnahmen, desto deutlicher sah der Hellene den Sieg der Römer. Der Rat der dreißig Ältesten – für die Mitglieder, die bei den verschiedenen Feldherren weilten, rückten nun andere nach – steuerte ganz offenbar zwischen mehreren Wünschen und Befürchtungen hindurch. Die Mehrheit der Ältesten wußte sehr wohl, daß die Stadt mit Hannibal einen neuen und größeren Alexandras besaß: einen Mann, der den Stellungskrieg ebenso beherrschte wie die überraschenden Bewegungen, der das gesamte Meer und die ganze Oikumene überblickte, Bündnisse mit alten Feinden der Punier wie Syrakosai und Makedonien zustandebrachte, der jedem römischen Strategen

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