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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Qart Hadasht. Memnon hatte ein wenig Geld zurücklassen können, und zunächst erhielt Qalaby wie die anderen in Iberien verbliebenen Frauen von Kriegern und Offizieren regelmäßig die Hälfte des Solds. Aber mit der wachsenden Unruhe, den Rückschlägen, dem Vordringen der Römer geriet auch die Zahlmeisterei in Iberiens Hauptstadt in Unordnung. Zuletzt waren Qalaby und die Kinder nur noch von der Sippe abhängig gewesen, in der einige für Rom zu sprechen begannen. Memnon mochte Hellene sein, aber Qalaby wurde zum Punierliebchen. Im Kern war die Stimmung nicht für die Römer, sondern lediglich für die eigene Freiheit. Besonnene Leute, von denen einige weiter gereist waren, versuchten den anderen begreiflich zu machen, daß es diese Möglichkeit gar nicht gab, daß sie nur die Wahl hatten zwischen den Puniern , die an wirtschaftlicher Erschließung und Gewinn interessiert waren und Gebräuche, Einrichtungen, Gepflogenheiten der Stämme nicht antasteten, und den Römern, die alles niederwalzen und ihren Vorstellungen angleichen würden. Als Antigonos Qalaby dann aufforderte, zu ihm nach Libyen zu kommen, war sie ohne langes Zögern an Bord der Schwinge des Westwinds gegangen.
    Es gab noch ein Problem, ein für beide schmerzliches Thema, das aber irgendwann beredet werden mußte. Nicht, um sofort eine Lösung zu erreichen, sondern zur Klärung der Ansichten. Über den Rand seines Bechers betrachtete der Hellene die Ibererin, soweit dies im Halbdunkel möglich war. Aus einem Kohlebecken klang ein Zischen wie von einer unwirschen Schlange. Ein Lufthauch ließ die drei kleinen Öllampen flackern.
    »Wir müssen noch über etwas anderes reden, Qalaby.«
    »Sprich, Vater.«
    Antigonos lehnte sich in seinem Ledersessel zurück und legte die Füße auf den niedrigen Tisch aus Holz und balliarischem Schilf.
    »Du bist eine junge Frau, Qalaby. Memnon ist seit einem Jahr tot, und vor seinem Tod hattest du ihn schon zweieinhalb Jahre nicht mehr gesehen. Du bist im Haus seines und deines Vaters, und ich will nicht, daß du um ihn trauerst, bis du eine alte Frau wirst.«
    Er sah sie nicht aufstehen, aber plötzlich kniete sie neben ihm und küßte seine Hände, stumm. Ihre Wangen waren naß. Er entzog ihr seine Rechte und streichelte ihren kurzen krausen Schöpf.
    Salambua war mehr als bereit; sie war begeistert, Witwe und Kinder des »kleinen Memnon« eine Weile im Barkas-Palast in der Megara aufnehmen zu können. Und darüber, daß der ältere der beiden Söhne Hamilkar hieß. Es war alles wie früher; die Kinder konnten mit Kindern von Dienern und Sklaven spielen, durch die Ställe, Gärten und Baumanlagen toben, reiten; und sie hatten weit bessere Luft als in der überfüllten Riesenstadt. Antigonos ritt jeden zweiten oder dritten Tag hinaus, spielte mit den Enkeln, übernachtete häufig draußen und spürte reitend, spielend und redend, daß mit dem Frühling auch seine alte Kraft wiederkehrte, daß der Körper kein morscher Palmstrunk war. Im Rückblick begriff er, daß die tiefe Niedergeschlagenheit sich aus tausend Dingen zusammengesetzt und gespeist hatte, und daß neben dem Tod des Sohns vor allem seine eigene seltsame Antipathie gegenüber der Stadt und ihrer Stimmung wesentlich gewesen war.
    In diesem Jahr, dem vierten des Kriegs, hatte sich vieles ereignet, und in fast allen wichtigen Belangen war es so gekommen, wie Hannibal befürchtet und Antigonos angenommen hatte. Qart Hadasht jubelte über das Bündnis mit Makedonien – aber Philippos unternahm nichts; er hätte durch raschen Zugriff Häfen an der illyrischen Küste besetzen können, um im Frühjahr Truppen nach Italien bringen zu lassen. Nun lagen zwei römische Legionen in und bei Apollonia, und die von Hannibal erbetene schlagkräftige Flotte, die die Makedonen hätte übersetzen können, war nicht gebaut worden.
    Mago, von Hannibal in die Heimat gesandt, hatte seine Aufgabe geschickt erledigt; Bostars Schilderung war eindeutig. Der Barkide hatte von den Siegen berichtet, dem Zustand in Italien, den eroberten oder übergelaufenen Städten und Gebieten, und dann hatte er Geld und Truppen verlangt. Hanno der Große war aufgestanden, um ihn mit Spott zu begießen – die Maske war gefallen. Er höre, sagte der alte Barkidenhasser, immer von Siegen und Gewinnen, und gleich danach von dringend notwendigen Verstärkungen und benötigtem Geld; so großartig könnten die Siege dann doch wohl nicht sein. Erst dann, nicht früher, ließ Mago zwei Scheffel – fast

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