Hanibal
angelegt und Zisternen gebaut worden waren. Aber die fruchtbaren Schichtungen der Hänge verfielen, seit vor acht Jahren die Römer einen Teil der Insel besetzt und die punischen Bauern und Grundherren getötet hatten. Mehrmals in diesen Winterwochen versuchten Antigonos und Hasdrubal, Ktusha zu überreden, umzustimmen, zu überzeugen, aber die Balliarin wollte nichts von den Vorschlägen hören, nicht mit den vier Kindern an Bord der Schwinge gehen und nicht nach Qart Hadasht in Libyen reisen.
»Und im Frühjahr? Was geschieht im Frühjahr?«
Sie lächelte. »Was auch immer im Frühjahr geschieht, Tiggo – ich habe einen Mann, wir haben zwei Söhne und zwei Töchter, und die haben wir, weil wir oft zusammen waren. So soll es bleiben. Hasdrubal wird mit dem Heer ziehen, und wir werden hier auf ihn warten.«
»Ist die Stadt sicher?«
Hasdrubal zuckte mit den Schultern. »Was ist sicher?« Er klang müde. »Mauern, Schiffe, Kämpfer und vierzigtausend Menschen. Aber Mörder können überall eindringen. Immerhin« – er fletschte die Zähne – »hat Ktusha in einem Punkt recht. Hier ist sie nicht so nah bei Hanno.«
»Aber die Römer…«
»Die Römer sind bei Tarrakon, zehn Tagesmärsche im Norden. Wenn es nach mir ginge…« Er schwieg.
Antigonos nickte nur. Hasdrubal, der Sohn des Giskon, hatte in den Lagern bei Gadir weit im Südwesten fast dreißigtausend Kämpfer; Mago lag bei Kastulo mit etwa der gleichen Truppenstärke, und die Lager in und um Mastia und Qart Hadasht bargen fast dreißigtausend Fußkämpfer aus Libyen, Mauretanien, Gätulien und Iberien, dazu an die siebentausend numidische und iberische Reiter und fünfzig Elefanten. Hasdrubal wollte während des Winters alle verfügbaren Truppen in kleinen Marschgruppen zum Iberos schicken, verstreut und unauffällig, und bei Frühlingsbeginn den großen Schlag gegen die Legionen führen. Aber die Ältesten hatten bereits alle Pläne für das Jahr gemacht. Hasdrubal Giskon mit seinen Kämpfern und fast vierzig Schiffen sollte die Tartessier und Lusitaner heimsuchen, Mago die Schwarzen Berge und die Gruben sichern, Hasdrubal nordwestlich ins Binnenland ziehen und die mit Rom liebäugelnden Karpesier bestrafen.
Antigonos hegte die gleichen Befürchtungen wie Hasdrubal. Sie sprachen sie nicht laut aus, aber im Schweigen waren sie fast greifbar. Als der Winter endete und Hasdrubal gegen die Karpesier aufbrach, ging Antigonos an Bord der Schwinge des Westwinds. Er hoffte, Hasdrubal in wenigen Monden wieder besuchen zu können; es sollten jedoch fast zweieinhalb Jahre vergehen, bis er etwas von Hasdrubal sah.
Ungünstige Winde trieben die Schwinge nach Norden, ein jäher Frühjahrssturm zerzauste das Schiff. Als er abflaute, befanden sie sich in den Gewässern, die Römer und Massalioten befuhren. Einer römischen Nachschubflotte konnten sie durch gnädiges Herabsinken der Nacht entgehen; am Morgen wurden sie von drei massaliotischen Trieren gesichtet, aufgebracht und nach Massalia geschleppt. Antigonos kannte das alte rechteckige Hafenbecken, die Lagerhäuser, die Tempel, die Säulenreihen und die Kaschemmen aus Friedenszeiten; eine seltsame Mischung aus Gefühlen der Heimkehr und des Verlustes hüllte ihn ein, als sie am Kai festmachten. Es stank wie in allen Häfen; das Licht der Frühlingssonne wurde von der düsteren brackigen Brühe verschluckt. Die Massalioten waren höflich; sie ließen Bomilkar, Antigonos und die Besatzung zunächst an Bord der Schwinge warten, statt sie in Ketten zu wickeln und über den belebten Kai zu treiben.
»Was jetzt, Herr und Freund meines Vaters?« sagte Bomilkar leise, als einer der Flottenoffiziere verschwand. Die Obsthändler und Fischweiber des Hafenmarkts kümmerten sich nach ein paar Blicken nicht weiter um die Wachtposten und das Schiff.
»Wir haben vielleicht Glück – trotz allem.« Antigonos deutete auf die massaliotischen Posten, die massaliotischen Zeichen an den Kriegsschiffen, die massaliotischen Wachen am Hafenausgang. »Diese alte reiche Stadt ist mächtig. Sie kann hundert Kampfschiffe ausrüsten und zwanzigtausend Krieger ins Feld schicken. Und sie ist Roms beste Freundin.«
Bomilkar grunzte und kratzte seinen schwarzen Bart. »Was ist daran Glück?«
»Glück daran ist, daß Massalia so stark und so treu ist, daß Rom keine Besatzungstruppen schicken muß, vielleicht auch nicht zu schicken wagt. Das heißt: Was immer mit uns geschieht, hängt nur von den Massalioten ab. Wir werden keinem
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