Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
Barbaren in die Hände fallen.«
    Die massaliotischen Behörden beschlagnahmten Schiff und Ladung und verteilten die Besatzung auf die eigenen Kampfschiffe. Antigonos, berühmter und reicher Händler, Nachkomme großer Männer, die Massalias Handel seit hundert Jahren mitbestimmt hatten, und sein Kapitän Bomilkar, Sohn eines reichen punischen Ratsherren, wurden in der Burg untergebracht, und da sie genug Silbermünzen – Schekel , Drachmen, Denare – besaßen, beschafften ihre Bewacher ihnen alles, was sie haben wollten: Wein, besseres Essen, Decken und Felle statt der Strohmatten, Buchrollen, Dirnen. Alles außer der Freiheit.
    Antigonos erfuhr, daß sein Bruder Attalos vor vier Jahren gestorben war und einen einzigen Sohn und Erben hinterlassen hatte. Arkesilaos, Weinhändler und Schiffseigner, dreißig Jahre alt und teils bestürzt, teils peinlich berührt, teils zuvorkommend, besuchte seinen fremden Onkel und bot an, die Zustimmung des Rats von Massalia vorausgesetzt, Antigonos und Bomilkar in sein Haus aufzunehmen – unter Bewachung. Der Hellene erwog das Angebot, verzichtete dann jedoch mit Dank, um die Familie seines Neffen nicht zu belasten. Arkesilaos sorgte immerhin dafür, daß Bomilkar und Antigonos in hellere und größere Räume kamen; er versprach, auf Umwegen die Sandbank in Qart Hadasht zu verständigen, Nachrichten – auch über den großen Krieg – zu vermitteln und die Handelsherrin Tomyris aus Kition suchen zu lassen. Antigonos hatte Tomyris noch zweimal in anderen Häfen getroffen, und jedesmal war es gewesen wie damals in Qart Hadasht. Tomyris kam aus einem Hafen, der keiner der kriegführenden Parteien nahestand; ihre Häuser lagen auf Inseln, die teils den Seleukiden, teils Ägypten gehörten. Vielleicht, wenn es überhaupt möglich war, sie zu finden, konnte sie Wege öffnen – Antigonos befürchtete, ohne derartige Hilfe entweder bis zum Ende des Kriegs in Massalia bleiben zu müssen oder als Freund und Bankherr der Barkiden an Rom ausgeliefert zu werden. Bostar würde zweifellos über Dritte alles versuchen, aber eine Hand mehr im Gemenge mochte nützen.
    Das enge Zusammenleben mit Bomilkar war leicht – und weit weniger eng als bei langen Reisen an Bord des Schiffs.
    Nachdem sich gewisse Gewöhnungen eingestellt hatten, rangen sie jeden Tag miteinander, liefen stundenlang durch den Burghof, fochten mit Stöcken; Antigonos stellte befriedigt fest, daß der Unterschied hinsichtlich Kraft und Geschicklichkeit zwischen ihnen geringer war als der Altersabstand von zweiundzwanzig Jahren.
    Frühsommer, Sommer und Herbst verstrichen. Als der Winter begann, kam eine kurze Nachricht aus Qart Hadasht , daß Bostar alles versuche.
    Das zehnte Jahr des Kriegs verging. Gerüchten und Berichten aus Italien zufolge erlitt Hannibal Niederlage um Niederlage und verlor fünfmal so viele Krieger, wie er überhaupt je befehligt hatte. Antigonos mißtraute den Einzelheiten und zog nur diesen Schluß: Der Stratege hielt noch immer fast ganz Süditalien; angesichts der mangelnden Unterstützung mehr als ein Wunder. Die große Siegesmeldung, Rom habe Taras / Tarentum zurückgewonnen, mochte richtig sein; richtig klang aber auch, was Arkesilaos von anderen Händlern gehört hatte: Es gab große Risse im unerschütterlichen latinischen Bündnis; etwa die Hälfte der latinischen Städte stellte keine Truppen mehr für Rom und zahlte keine Abgaben. Ähnliche Abfallbewegungen schien es in Etrurien zu geben, wo Rom – ohne dort von Puniern bedroht zu sein – zwei Legionen stehen ließ. Antigonos raufte sich die Haare und dachte daran, wie schnell Rom zerbrechen müßte, wenn Hannibal nur ein Drittel der in Iberien verfügbaren Truppen zusätzlich erhielte.
    Iberien und der Osten waren die beiden anderen Schauplätze in diesem Jahr, und die Vorführungen auf diesen Bühnen übertrafen alles, was dort in den vergangenen Jahren geschehen war. Philippos hatte endlich seine Truppen auf einen besseren Stand gebracht und verteidigte Makedonien, das mittlere Hellas, den nördlichen Peloponnesos und Euboia durch Siege gegen Aitoler, Pergamener und sogar ein römisches Heer; nach all den Jahren der Untätigkeit schickte Qart Hadasht eine Hilfsflotte von fünfzig Penteren, die gegen die Römer alle wichtigen Häfen freihielt. Und der Makedone begann endlich mit dem Bau einer eigenen Flotte. Aber im Herbst ließ Philippos alles fahren und begab sich an die makedonische Nordgrenze, um ein paar aufmüpfige Stämme zu

Weitere Kostenlose Bücher