Hanibal
bekriegen.
In Iberien war es das Jahr der großen Katastrophe. Sie lief etwa so ab, wie Antigonos und Hasdrubal befürchtet hatten.
Publius Cornelius Scipio, der seit Beginn des Kriegs Hannibals Bewegungen und Listen in Italien beobachtet hatte, stieß an der Küste nach Mastia-Qart Hadasht vor. Es war ein Gewaltmarsch, den keiner der punischen Strategen abschneiden konnte; durch die Weisheit der Ältesten standen sie alle zu weit im Süden oder Westen. Die römische Flotte unter Laelius lief in den Hafen ein. Am vierten Tag der Belagerung kamen starker Nordwind und eine ungewöhnliche Ebbe zusammen: Cornelius ließ Fußkämpfer vom Kap durch den Schlick zur Insel waten, wo sie einen unbewachten Mauerabschnitt erstürmten. Dann gab der römische Feldherr, ehrwürdigen Gepflogenheiten seiner Vaterstadt folgend, in der besetzten Stadt das Plündern und Morden frei. Als der punische Befehlshaber der Burg, der nur tausend Kämpfer befehligte, daraufhin die Tore öffnete und sich ergab, lebten von vierzigtausend Menschen nicht mehr ganz zehntausend. Publius Cornelius Scipio hatte das Herz des punischen Iberien getroffen. Neben mehr als sechshundert Talenten aus dem Staatsschatz eroberten die Römer weitere fünfhundert Talente an Gold und Silber, Tausende goldene und silberne Gefäße, achtzehn Schlachtschiffe, dreiundsechzig Lastschiffe, vierhunderttausend Scheffel Weizen, zweihundertsiebzigtausend Scheffel Gerste, Zehntausende Schwerter, Rüstungen, Lanzen, Pferde; sie versklavten die besten Handwerker der Oikumene, nahmen zwei Mitglieder des Rats der Ältesten und fünfzehn weitere hochrangige Punier gefangen. Und sie erbeuteten oder befreiten über dreihundert Geiseln iberischer Stämme. Cornelius sicherte Stadt, Festung und Häfen und zog sich nach Tarrakon zurück, wo er die Verhandlungen mit den iberischen Völkern eröffnete, indem er die befreiten Geiseln mit Geschenken entließ – wie Hannibal es in Italien mit römischen Bundesgenossen getan hatte. Und Hasdrubal Giskon, Hasdrubal Barkas und Mago, die sofort ihre Heere vereinigen und losschlagen wollten, wurden durch Befehle des Rats der Ältesten daran gehindert – die Hauptstadt sei ohnehin verloren, nun solle man für Ruhe im Hinterland sorgen und keine Schlacht gegen Cornelius wagen. So konnte Cornelius für Ruhe im Hinterland sorgen, Bündnisse mit Iberern schließen und seine Stellung ausbauen.
Wegen der guten alten Handelsbeziehungen zwischen Massalia und Antigonos samt seinen Vorfahren wurde schrittweise der Bannkreis, den der Gefangene nicht überschreiten durfte, auf die ganze Stadt ausgedehnt. Es war eine große Erleichterung, bisweilen mit Bomilkar und drei oder vier Wächtern zum Hafen zu gehen, in Kaschemmen essen und trinken zu können, in den Buchläden zu stöbern oder auf den Plätzen Schauspiele, musikalische Darbietungen und Gaukler zu betrachten.
Manchmal kam es dabei zu Begegnungen mit den hohen Herren Massalias. An einem kalten Herbsttag, als die Bäume der Tempelbereiche sich meerwärts bogen und der schroffe Fallwind aus dem Norden, der das Hafenbecken geißelte, die Menschen in die Häuser trieb, teilte Antigonos in einer Schänke nahe dem Ratsgebäude heißen Würzwein mit dem Reeder Oreibasios. Der Massaliote, seit zwanzig Jahren im Geschäft mit der halben Oikumene, mochte fünfzig Jahre alt sein; mit dem fleckenlos schwarzen Bart und der glatten Haut glich er eher einem Jüngling. Unter seinem linken Auge zuckte ständig eine winzige Faser; Antigonos mußte sich zwingen , nicht immer dorthin zu starren.
»Wir verdienen gut und müssen nicht viel wagen. Aber dieser Krieg ist nichts als eine lange quälende Agonie. Besser, er ginge morgen zu Ende.«
»Er wird noch Jahre dauern.«
Oreibasios nickte mit harten Kopfbewegungen. »Du sagst es, Herr der Sandbank. Ich fürchte, du wirst sehr lange unser Gast sein müssen. Laß mich wissen, wenn es dir an etwas mangelt.« Antigonos schwenkte seinen Becher und verfolgte die Kreisbahnen der Würzkräuter im Wein. »Schiff und Ladung wurden in Beschlag genommen. Die Münzen gehen zur Neige.«
Oreibasios räusperte sich. »Der Herr der Sandbank hätte unbegrenzte Mittel zur Verfügung…«
Antigonos blickte auf. »Hätte?«
»Wenn einer von uns genau wüßte, daß am Ende des Kriegs die Sandbank noch besteht.«
»Solange Karchedon besteht, wird auch die Sandbank bestehen.«
»Eben.«
»Du scheinst in dieser Frage keine großen Hoffnungen zu haben, Reeder.«
Oreibasios hob die
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