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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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wurde, seine Fußkämpfer, Reiter und ein Dutzend Elefanten aus dem Kessel. Als er die Verhandlungen abbrach und die Römer zuschlagen wollten, war niemand mehr da. Nun jedoch hatte der junge Cornelius mit weiteren zwei Legionen Tarrakon erreicht.
    »Er bildet sie aus, schleift sie, läßt sie in kleinen Gruppen üben. Mehr als dreißigtausend Fußkämpfer und dreieinhalbtausend Reiter. Tiggo, ich fürchte, er hat in Italien meinem Bruder zu genau zugeschaut.«
    »Und was sagen deine Ältesten?«
    »Die Trottel. Denken an die Silbergruben und massieren ihre Wänste. Und verteilen uns überall dort, wo wir nicht gebraucht werden. Mago sitzt irgendwo zwischen Karduba und Kastulo, der Sohn Giskons hockt in Gadir. Was, bei Melqarts Auge, soll er in Gadir?«
    »Schiffe zählen.« Antigonos schob das Schwert beiseite, das ihm zwischen die Beine gerutscht war, und beugte sich über die Mauer des riesigen bunten Parks. Irgendwo trompetete ein Elefant. Von den Stallungen stieg schwere Süße in die Luft, Dunst warmen Dungs an einem warmen Wintertag. Die Dächer der Stadt glitzerten. Östlich der Insel steckte ein überladener Frachtsegler fest; Ruderboote pendelten zwischen dem Landhafen und dem Schiff und brachten Lasten zur Mole unter dem Kap.
    »Was ist da los?«
    Hasdrubal, der in einem Mauerwinkel gelehnt hatte, kam zu dem Hellenen. »Das da? Ein dummes Stück Sand. Bei bestimmten Windstärken und Nordwind wird das Wasser aus der Bucht getrieben; man kann dann fast herüberwaten.«
    An der Nordseite der Bucht verließ ein anderer Segler die Hafenanlagen des alten Mastia. Der Bauweise nach mußte es sich um einen Händler aus einer italiotischen Stadt handeln, Lokroi oder Taras. Das Schiff glitt nahe an der neuen Pentere vorbei, die eben ein stümperhaftes Wenden betrieb.
    Von den Bäumen des Parks flogen Vögel auf. Die Flamingos in ihrem Gehege – man hatte ihnen die Flügel gestutzt – waren unruhig, klapperten und schnatterten und staksten durcheinander.
    Hasdrubal blinzelte, verschränkte die Arme und lehnte sich an die Mauer. »Es ist gut, daß du dein Schwert trägst, Tiggo.«
    Der Hellene lachte leise und ohne Freude. »Und den alten Dolch. Wir leben in würdelosen Zeiten, Freund, Sohn und Bruder meiner Freunde. Ein friedliebender Händler, der im Frühjahr neunundfünfzig Jahre alt wird, sollte keine Waffen tragen müssen. Aber ich habe mich daran gewöhnt.« Er legte die Hand auf den Knauf des Schwerts. »Hamilkar hat es mir gegeben, vor… fast dreißig Jahren. Es hat einem seiner alten Söldner gehört; vorher.«
    »Du wirst es verwenden müssen«, murmelte Hasdrubal. Er wirkte entspannt und trotzdem sprungbereit wie eine große Raubkatze.
    »Das steht zu befürchten.« Antigonos hob die Schultern.
    »Wir sind kleine Männlein, die sich auf die riesige Erztafel verirrt haben, auf der die Muse der Geschichte mit Hammer und Meißel herumkrakelt. Man muß sich wehren.«
    Hasdrubal seufzte. »Mir wäre es lieber, ich könnte außer Reichweite dieser Muse gelangen, Tiggo. Die Kinder wachsen sehen, die Frau lieben, gut essen und trinken, Friede mit Rom. Und keine Mordanschläge. Zieh.«
    Er sprach scharf, aber nicht laut. Vier Männer mit verhüllten Gesichtern drangen aus dem Park auf sie ein. Der Punier, seit Jahren mit ständiger Lebensgefahr vertraut, hatte sie offenbar gesehen – oder geahnt.
    Noch ehe Antigonos das Schwert ziehen konnte, hielt der zweite Sohn des Blitzes seine Waffe in der Hand, tauchte unter einem weit ausholenden Hieb durch, rammte dem ersten Angreifer den Schwertgriff in die Kehle, wirbelte herum. Die Klinge zuckte auf und kippte zur Seite. Aus dem Handgelenk des zweiten Meuchlers schoß dunkles Blut; die Faust mit dem Schwert klirrte auf die Steine. Der dritte Mann stieß mit seiner kurzen Waffe nach Hasdrubals Bauch, der vierte stürzte sich mit Schwert und Dolch auf Antigonos. Der Hellene ließ sich auf die Knie fallen, spürte den Luftzug, als das Schwert über seinem Schädel hinwegstrich, setzte langsam wie im Traum die Spitze seiner Waffe an den Nabel des Angreifers und stieß die Klinge ins Weiche. Dann sprang er auf, riß den ägyptischen Dolch aus der Scheide, stand hinter Hasdrubals Gegner und zog die krumme Schneide über den Hals des Mörders. Gleichzeitig vollendete Hasdrubal den wuchtigen Hieb, der dem Gegner die Waffe aus der Hand schmetterte und dann das Brustbein spaltete.
    Nur der zweite Angreifer lebte noch. Mit verschleierten Augen starrte er auf sein Handgelenk, aus

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