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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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hinauf.
    »Herrin«, sagte er, »mein Herz hüpft wie ein Zicklein.«
    Sie umarmte ihn lächelnd. »Wenn du früher gekommen wärst, hätten wir nicht das andere Zicklein schlachten müssen.« Sie nahm seine Hand und zog ihn die letzten Stufen hoch.
    Kshyqti war die Tochter eines balliarischen Stammesfürsten.
    Antigonos wußte, daß sie der allgemeinen Sitte gemäß bei ihrer Vermählung mit Hamilkar einen punischen Namen angenommen hatte, kannte diesen jedoch nicht, da er nie verwendet wurde.
    Die beiden Töchter nahmen am Abendmahl teil. Die jüngere , Sapanibal, war vor wenigen Monden acht Jahre alt geworden und sprach die ersten Brocken Hellenisch; Antigonos redete sie als »Fürstentochter Sophonisba« an und gab der fröhlichen Kleinen einen Kuß auf die Nase, als es Zeit zum Schlafengehen war. Salambua, inzwischen zehn Jahre alt, litt offensichtlich unter Erziehungsmaßnahmen ihrer Lehrerin, einer jungen Tanit-Priesterin, bewegte sich wie eine punische Matrone und blickte aus großen dunklen Anderwelt-Augen weniger ins Diesseits als an diesem vorbei.
    »Salambua braucht hellenischen Unterricht«, sagte Hamilkar , als die Mädchen verschwunden waren.
    »Soll ich mich umhören?«
    »Ja, Tiggo; wir haben zwar ein paar Namen von Leuten, die in Frage kämen, aber wir wissen nichts über sie.«
    Während des Essens hatte Antigonos von seiner Reise berichtet und vor allem in den Mädchen gefesselte Zuhörer gefunden. Salambua bemühte sich allerdings immer wieder um gelangweilte Distanz, wenn ihr auffiel, wie sehr sie sich von der Erzählung hinreißen ließ.
    Sie saßen auf der Dachterrasse, tranken gewürzten Wein und blickten nach Nordosten aufs Meer hinaus, das im späten Abenddämmer glomm und tanzte.
    »So. Nun erzähl mal von der Pause, die du beim Essen übersprungen hast. Und von dem Fell.«
    Antigonos zögerte. »Es ist ein bißchen… schwierig.«
    Kshyqti lachte leise. Als sie aufstehen wollte, legte Hamilkar eine Hand auf ihren linken Arm.
    »Bleib zwischen uns und mit uns. Tiggo, was ich wissen darf , darf auch Kshyqti wissen.«
    Antigonos räusperte sich. »Die Glücklichen Inseln«, sagte er. Hamilkar setzte sich aufrecht. »Ah. Wer ist dort – noch immer Gulussa?«
    »Du kennst ihn? Ja. War er immer schon so mürrisch?«
    Hamilkar hob die Schultern. »Das täuscht. Er ist ganz umgänglich.«
    Antigonos suchte nach den richtigen Worten. »Es ist… ich müßte… ich habe. Ah. Ich darf nichts Genaues über diesen Teil meiner Reise sagen. Ich habe einen Eid geleistet. Nur allgemeine Umrisse. Versteht ihr?«
    Kshyqti nickte. Hamilkar kniff ein Auge zu. »Hat es etwas mit den warmen Strömungen zu tun – und mit einer anderen Strömung, die die Rückkehr nach Gadir erlaubt?« Seine Stimme klang fast gelangweilt.
    »Dann weißt du also…«
    »Ich weiß, daß es eine gute Strömung und gute Winde nach Westen gibt, wenn man von den Glücklichen Inseln aufbricht.
    Daß man einen Bogen von grünen Inseln erreicht, nach vielen Tagen, und daß dahinter, wieder viele Tage weiter, ein unermeßliches Festland liegt.«
    »Aber es ist geheim, dieses Wissen, nicht wahr?«
    »Ja. Dort drüben gibt es zuviel Gold und schlimmen Zauber.
    Nur ein Teil der Ratsmitglieder – vielleicht ein Drittel – weiß davon. Der Schatzkämmerer und die Suffeten erfahren es bei ihrer Wahl. Es ist eine Strecke, die nicht von Handelsschiffen befahren wird; nur vier Schiffe des Rats, mit ausgewählten Mannschaften. Ich weiß es, denn ich bin einmal dorthin gefahren. Aber wieso du?«
    Antigonos beugte sich vor. Im flackernden Halblicht der Öllampe, die auf dem Tischchen stand, waren die Löcher im rechten Ohr eher zu ahnen als zu sehen. »Ich habe beschlossen, ein vornehmer junger Punier zu sein. Im Westen, am Weltmeer, erschien es mir sinnvoll. Als die punischen Kaufleute in der großen Stadt am Gyr mißtrauisch waren, weil ich keine Ringe in den Ohren trug wie ihr, habe ich mir von einem schwarzen Arzt Löcher machen lassen und Ringe hineingesteckt. Scheußlich, aber es hat gewirkt. Ich war ein Neffe von dir, Hamilkar – Sohn deiner Schwester, die in Sikka lebt. Ich konnte nur hoffen, daß niemand sie und ihre Familie kennt. Von dir konnte ich ja genug erzählen.«
    »Kleiner Schuft«, sagte Hamilkar. Es klang beinahe liebevoll.
    »Ich erflehe deine Vergebung, Diener des Melqart.«
    »Geschenkt. Weiter.«
    »Ich, der ich nicht an Götter glaube, habe tausend Eide auf unsere, das heißt eure, und auf fremde Götter abgelegt. Zuerst

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